Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth. Ödön von Horváth

Die wichtigsten Dramen von Ödön von Horváth - Ödön von Horváth


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der Zukunft?

      DIE HANDLESERIN

      Nur zwanzig Pfennig.

      SLADEK

      Das geht.

      DIE HANDLESERIN

      Also zeigen Sie. Hm – die Vergangenheit – So machen Sie doch keine Faust!

      SLADEK

      Nein, ich will nur die Zukunft.

      DIE HANDLESERIN

      Ohne Vergangenheit?

      SLADEK

      Ja, ohne.

      DIE HANDLESERIN

      Wie Sie wollen.

      SLADEK

      Ich will.

      DIE HANDLESERIN

      Sie sind aus kultiviertem Hause – Techniker, dabei aber stark künstlerisch veranlagt – mehr Sinn für Architektur als für Gemälde –

      SLADEK

      Stimmt.

      DIE HANDLESERIN

      Sie leben viel an der See, eigentlich ohne Sorgen, aber Sie leiden viel in der Phantasie –

      SLADEK

      Auch das.

      DIE HANDLESERIN

      Das ist eben Ihre künstlerische Ader. – Verschlossener Charakter, Achtung vor dem Weibe, Familiensinn. Lotte lächelt.

       Sladek wird verlegen.

      Und die Zukunft –: Sie fahren bald fort, das steht ganz deutlich da. Sehr weit sogar, über das Meer – Sehr reich werden Sie zwar kaum, denn dazu sind Sie zu fein, zu wenig brutal – aber Sie werden auch fernerhin gut leben und ungefähr achtzig Jahr alt werden.

      SLADEK

      Das wär schön.

      LOTTE

      Na klar.

      DIE HANDLESERIN

      Zwanzig Pfennig, bitte.

      SLADEK

      zahlt und fixiert schüchtern Lotte: Das wär auch schön. Das wär sogar sehr schön, wenn –. Verzeihen Sie, wenn Sie mit mir – Sie fahren doch auch gern Karussell? Das wär doch schön, Fräulein.

      LOTTE

      Das wär schon schön, aber ich muß auf meine Freundinnen warten, die kommen jeden Augenblick.

      SLADEK

      Das ist nicht schön. Es wär nämlich wirklich sehr schön gewesen, wenn wir jetzt zum Beispiel Karussell gefahren wären, oder überhaupt: Es gibt hier ja so viel zum Sehen, aber so allein, da geht man nur immer an allem vorbei – ich kenn nämlich keinen Menschen.

      LOTTE

      Sie sind hier fremd?

      SLADEK

      Sehr fremd.

      LOTTE

      Sind Sie nicht Engländer?

      SLADEK

      Stimmt.

      LOTTE

      In der Zeitung steht, daß in London sieben zu eins gewettet wird, daß es ihnen gelingen wird, den Nordpol zu überfliegen.

      SLADEK

      Was? Wem?

      LOTTE

      Na den Nordpol!

      SLADEK

      Den Nordpol?

      LOTTE

      Na Sie wissen doch!

      SLADEK

      Überfliegen?

      LOTTE

      Sie sind komisch.

      SLADEK

      Sehr komisch. Ja, freilich, ich hab nur jetzt länger keine Zeitung gelesen, ich war nämlich sozusagen unwohl, aber jetzt fällt mir wieder alles ein. Also überfliegen werden sie ihn, den Nordpol.

      LOTTE

      Ich hoffe es.

      SLADEK

      Ich auch.

      LOTTE

      So Sportsleute sind doch wirklich Helden. Sie setzen für den Fortschritt einfach ihr Leben aufs Spiel. Es sind ja auch zu ihrer Unterstützung alle Funkstationen bereit, ich kann an nichts anderes mehr denken.

      SLADEK

      Wissen Sie, es gibt so Sportsleute, die haben sich auch geopfert, zwar vielleicht nicht gerade für den Fortschritt, aber für sonst was, doch die hat keine einzige Funkstation unterstützt, ja, denen hat man es hernach gar nicht geglaubt, daß – Verstehen Sie mich?

      LOTTE

      Nein.

      SLADEK

      Zum Beispiel im Krieg. Und besonders hernach –

      LOTTE

      Sie meinen den Weltkrieg?

      SLADEK

      Ja.

      LOTTE

      Da habe ich vorgestern einen fabelhaften Film gesehen vom Weltkrieg. Besonders die Regie war unerhört. Es war ein amerikanischer Film.

      SLADEK

      So. Ein amerikanischer.

      LOTTE

      Sind die besten. Durch so einen Film kann man sich den Krieg erst richtig vorstellen, besser als durch Bücher. Sehen Sie dort den Seiltänzer! Der ist auch fabelhaft!

      SLADEK

      So ein Seiltänzer ist auch ein schwieriger Beruf.

      LOTTE

      Können Sie gut tanzen?

      SLADEK

      Kaum. Schweigen. Ich kann Verschiedenes. Ich hab eine Zeitlang immer gedacht, daß ich eigentlich nichts kann, aber dann bin ich immer darauf gekommen, daß man doch vielleicht kann. Die Sonne verschwindet plötzlich.

      LOTTE

      Himmel, das wird doch nicht regnen!

      SLADEK

      Möglich. Die beiden Mädchen kommen rasch zurück.

      DAS MÄDCHEN

      ohne Mantel: Siehst du, daß es regnet! Nein, das ist entsetzlich!

      DAS ANDERE MÄDCHEN

      Das hört bald auf.

      DAS MÄDCHEN

      ohne Mantel: Nein, das regnet jetzt durch! Kleider, Schuhe – warum hab ich nur keinen Mantel mit?!

      LOTTE

      Wir könnten ins Kino.

      DAS ANDERE MÄDCHEN

      Zu dem amerikanischen Kriegsfilm?

      LOTTE

      Nein, der ist zwar fabelhaft, aber zweimal schau ich mir ihn nicht an.

      DAS ANDERE MÄDCHEN

      Freilich, das ist langweilig.

      DAS MÄDCHEN

      ohne Mantel: Jetzt regnets! Daß aber auch keine von uns einen Schirm hat! Alle drei Mädchen rasch ab.

      SLADEK

      allein:


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