DARK ISLAND. Matt James

DARK ISLAND - Matt James


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Sie fühlte sich sicher.

      Ian hatte bewiesen, dass er sich im Kampf behaupten konnte – nicht, dass sie daran auch nur für eine Sekunde gezweifelt hatte. Abgesehen von dem grässlichen Angriff auf sich und seine Frau und seiner fälschlichen Inhaftierung war Ian Hunt offenkundig auch in jeder anderen Hinsicht tough genug, um in der primitiven Wildnis zu überleben. Und auch, als ihnen draußen vor Fossas Kneipe von den Einheimischen aufgelauert worden war, hatte er gezeigt, aus welchem Holz er geschnitzt war.

      Umso schwerer fiel es Mack, die Tatsache zu akzeptieren, dass Ian – bewaffnet und quasi in der Blüte seiner Jahre – von einem Raubtier niedergestreckt worden war. Was auch immer ihn in jener Nacht aus dem Hinterhalt heraus attackiert hatte, musste listig, durchtrieben und unglaublich stark gewesen sein. Nachdem sie die Furcht in Ians Augen und das Zittern in seiner Stimme gehört hatte, war Mack überzeugt, auf dem richtigen Weg zu sein. Ohne jeden Zweifel lauerte irgendetwas Gefährliches auf dem Andringitra-Bergmassiv.

      Mack hatte die Füße aufs Sofa hochgelegt und die Augen geschlossen, während sie nachdachte. Sie war noch nicht so weit, sich für die Nacht hinzulegen, und der Umstand, dass es noch früh am Abend war, würde ihr das Einschlafen nicht leichter machen. Sie war von Natur aus eine Nachteule und hasste nichts mehr, als morgens frühzeitig aufstehen zu müssen. Sie schlug die Augen auf, drehte den Kopf und stellte fest, dass Ian sie von seinem verschlissenen Sessel aus aufmerksam musterte. Seine Augen tanzten hin und her.

       Er studiert mich. Selbst nach vier Bieren ist er immer noch ein Felsen.

      »Was ist?«, fragte sie verlegen. Es war schon ziemlich lange her, seit ein Mann sie das letzte Mal mehr als nur eines flüchtigen Blickes gewürdigt hatte. Oder zumindest war es ziemlich lange her, seit es ihr das letzte Mal aufgefallen war. Ian schien vollkommen in ihren Anblick versunken zu sein.

      Gleichwohl, seine Reaktion war kühl und rundheraus und nicht im Mindesten das, was sei erwartet hatte. »Warum sind Sie hier?«

      Sie wandte ihre Aufmerksamkeit der Zimmerdecke zu und versuchte sich eine originelle Erwiderung einfallen zu lassen, doch ihr kam keine in den Sinn. Deshalb sagte sie ihm stattdessen die Wahrheit.

      »Mein Vater hat an Ihren Teufel geglaubt.«

      »Ihr Vater?« Er klang ehrlich interessiert.

      Mack wandte den Kopf und sah ihn erneut an, noch immer auf dem Rücken liegend. »Ja. Dad liebte die Vorstellung, dass irgendwo auf dieser Insel eine uralte Kreatur lebt. Dies sollte sein letzter Auftrag sein, bevor er krank wurde. Ich bin hier, um das zu Ende zu bringen, was er angefangen hat, und um sicherzustellen, dass ihm für diese Entdeckung der Ruhm zuteilwird, der ihm gebührt.«

      »Krebs?«, fragte Ian.

      »Nein, Komplikationen bei einer Lungenentzündung.« Sie schaute ihn an. »Das ist eine lange, schmerzvolle Geschichte.«

      »Kein Problem. Ich weiß, wie sich so was anfühlt.«

      Sie lächelte.

      »Wofür ist das?«

      »Wofür ist was?«

      Er deutete auf ihren Mund. »Na, das.«

      Sie versuchte, ihr Lächeln zu unterdrücken, doch es gelang ihr nicht.

      Mack errötete. »Keine Ahnung … ich schätze, es ist angenehm, endlich mal mit jemandem zu reden, der weiß, wie schwer das Leben sein kann. Dad ist vor einem Monat gestorben, und seitdem habe ich nichts anderes gehört als einen Chor von Das-tut-mir-ja-so-leid und Kann-ich-irgendetwas-für-dich-tun

      »Klingt wirklich grässlich …«

      Sie verdrehte die Augen. Sein Sarkasmus war offenkundig, aber nicht böse gemeint.

      »Ha, ha … ich weiß, dass sie einfach bloß nett sein wollten, aber jedes Mal, wenn ich dachte, ich könnte – ich weiß nicht – neu anfangen, hat irgendwer zwangsläufig irgendetwas über meinen Dad gesagt und mich damit wieder einen Schritt zurückgeworfen.«

      »Trotzdem hatten Sie noch Glück, Mack. Alles, was ich bekommen habe, waren eine Gefängnisstrafe und das Etikett Ehefrauenkiller

      Mack wischte sich kopfschüttelnd eine Träne aus dem Auge. Ians Geschichte brach einem wirklich das Herz. »Ich kann mir nicht einmal ansatzweise vorstellen, was Sie durchgemacht haben – noch dazu ganz allein.«

      »Hören Sie auf damit.«

      Sie hielt mitten im Tränenfortwischen inne. »Womit soll ich aufhören?«

      »Na, mit diesem … diesem Geheule. Ich habe Abby schon vor sehr langer Zeit begraben. Ich vermisse sie mehr als alles andere, aber wenn unsere Rollen anders herum wären, würde ich wollen, dass sie weitermacht und ein gutes Leben führt.« Er seufzte. »Alte Wunden aufzureißen ändert nicht das Geringste.«

      Sie setzte sich ruckartig auf, plötzlich verärgert. »Für mich sind das keine alten Wunden! Ich habe gerade den einzigen Mann verloren, der mir in meinem Leben irgendwas bedeutet hat! Tut mir leid, dass ich finde, der Tod Ihrer Frau sei traurig!«

      Seine stoische Miene bekam Risse und wurde dann weicher. »Hören Sie, Mack, es tut mir leid … ich mag es nicht, mich mit Dingen zu befassen, die außerhalb meiner Kontrolle liegen. Diesen Weg möchte ich nicht noch einmal einschlagen. Was Sie dann am Ende sähen, würde Ihnen nicht gefallen.«

      Sie hob die Augenbrauen. »Ach, wirklich?«

      Er seufzte und griff nach einem Foto, das auf seinem ramponierten Beistelltischchen lag. Ein Bein des Tisches fehlte und war durch einen Stapel abgegriffener, gebundener Bücher ersetzt worden. Einige der Titel waren Nachschlagewerke, die anderen Werke von einer Vielzahl unterschiedlicher Romanautoren. »Also, dann tummelt sich der Rahonavis ostromi also frisch und munter in Madagasikara

      »Madagasikara?« Das Wort kam ihr nur schwer über die Lippen.

      Er nickte, ohne seinen Blick von dem Foto abzuwenden. »So nennen die Einheimischen die Insel in ihrer Sprache.«

      »Malagassi, richtig?«

      Er schaute auf. »Ja. Vor ein paar Jahren hat Bob mir ein bisschen was beigebracht. Dann habe ich mich etwas intensiver damit beschäftigt und den Rest auf eigene Faust gelernt. Allerdings wird hierzulande auch recht viel Französisch gesprochen, wozu auch immer das gut sein mag.«

      Mack deutete mit einem Nicken auf das Bild. »Was können Sie mir über unseren Freund hier erzählen?«

      »Worüber? Hierüber?« Er drehte das Foto um, sodass sie es betrachten konnte. »In Ordnung. Also, Rahonavis bedeutet grob übersetzt so viel wie bedrohliche Wolke und hat erstaunliche Ähnlichkeit mit einem typischen Velociraptor.« Er zwinkerte. »Jedenfalls abgesehen davon, dass dieser kleine Kerl nicht länger als siebzig Zentimeter wurde. Das erste Exemplar wurde 1998 von der Mentorin meiner Frau entdeckt, Dr. Catherine Forster. Doch da seit dem Fund erst zwanzig Jahre vergangen sind, wissen wir heute noch sehr wenig über diese bestimmte Spezies. Natürlich kommen Jahr für Jahr neue Forschungsergebnisse hinzu.«

      »Mein Dad stieß auf dieses Bild und stellte die Theorie auf, dass einst irgendwo in diesem Nationalpark ein Rudel oder eine Schar oder wie immer man es nennen mag, von diesen Kreaturen gelebt hat. Diese Möglichkeit wurde allerdings als lächerlich abgetan, weil die gefundenen Knochen frisch waren. Niemand wollte an das Offensichtliche glauben. Es ist, als würde sich die Geschichte vom Quastenflosser wiederholen.«

      Der Quastenflosser gehörte zur seltensten Fischart auf der ganzen Erde und galt angeblich als seit sechsundsechzig Millionen Jahren ausgestorben. Doch andererseits war es der Menschheit bislang lediglich möglich, einen winzigen Teil der Weltmeere zu erforschen. Sollte es da wirklich jemanden überraschen, dass man eine lebendige Tierspezies entdeckte, von der man bisher glaubte, es gebe sie schon lange nicht mehr?

       Haben wir es hier mit einem solchen Fall zu tun?

      »Da bin ich ganz seiner Meinung«, sagte Ian. Er deutete auf den Raum ringsum und lachte. »Immerhin


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