Gesammelte Biografien bekannter historischer Persönlichkeiten. Stefan Zweig

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der Dinge und meiner Pflicht gefolgt. Ich kann nicht nein sagen, wenn Valmore sich für etwas entschieden hat; und da er den Gedanken nicht ertragen konnte, ein zweites Mal ohne Engagement zu sein, so bin ich ihm kummervoll in seine neue Stellung gefolgt.

      An Pauline Duchambge

       Mailand, den 19. September 1838.

      Ich habe keine Worte mehr, mein liebes Herz. Das Unheil bedroht uns nicht mehr: es ist hereingebrochen! Du wirst alle sachlichen Einzelheiten von Mademoiselle Mars erfahren, die ebenfalls darunter leidet.

      Muß ich noch mehr sagen, um Dir das Herz zu zerreißen? Wir wissen kaum, wie wir nach Lyon zurückkommen sollen, und ob Valmore nicht aus Zartgefühl verpflichtet ist, noch in Italien zu bleiben und sich den unglücklichen Schauspielern anzuschließen, die nicht fort können. Der Gedanke kann mich zur Verzweiflung bringen, denn wenn schon in Frankreich der Einbruch des Winters seine Schrecken für uns hat, die wir keine Unterkunft und keine Einnahmen haben, so kannst Du Dir denken, was uns hier in der Verlassenheit erwartet: ein grauenvolles Bettlerlos. Mein Atem versagt!

       Mailand, 20. September 1838.

      Er (Valmore) hat entsetzlich gelitten, aber dennoch wird er sich nie darüber trösten, daß er uns Rom nicht gezeigt hat. Und ich, weißt Du, wem ich in diesem schönen Rom nachtrauere? Der erträumten Spur, die seine Schritte dort hinterlassen haben, dem Nachklang seiner damals so jungen Stimme, seiner immer so süßen Stimme, so ewig mächtig über mich; ich würde nur diese Vision von Rom fordern; – sie wird mir unerreichbar bleiben.

      An Minister Martin

       [Paris,] 1. Januar 1839.

      Lauschen Sie ein wenig! »Acouté m’on peo!« – Patois aus Douai. Der Minister und Marceline Desbordes hatten die gleiche Heimat. denn ich erbitte voll Kühnheit und doch auch etwas ängstlich aus Ihren großmütigen Händen mein Neujahrsgeschenk: zwei Monate Begnadigung für eine arme Mutter, die in Saint-Lazare gefangen sitzt, wo Ihr Name bereits mehr als ein süßes Echo gefunden hat, Herr Minister. Machen Sie es möglich, daß die arme Frau entlassen wird, um ihren Kindern ein frohes neues Jahr zu wünschen!

      An Valmore

       Paris, 21. April 1839.

      Nach all diesen Erschütterungen wäre das Glück, das ich genießen könnte, einzig der Besitz völliger Freiheit. Aber diese ist nirgends, mein lieber Engel!

      An Caroline Branchu

       Paris, den 29. Mai 1839.

      … Ich bin heimgekehrt, um – trotz meines brennenden Bedürfnisses nach Ruhe und Einsamkeit – tüchtig zu arbeiten. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, was es mich gekostet hat, Orleans zu verlassen, und was ich darum gäbe, dorthin zurückzukehren, bis ich wieder mit meinem Mann zusammentreffe. Ich befehle Dir, das zu glauben, ich sage es Dir vor Gott. Doch ich muß bei meinem Sohn bleiben, und ich muß fünfhundert Franken auftreiben, um den jungen Italiener, von dem ich Dir erzählte, seiner Familie zurückzugeben. Alle Welt läßt ihn im Stich, und er hat niemanden als mich, meinen machtlosen, doch unbeugsamen Willen, ihm zu helfen; und das soll geschehen! Mein Herz ist eigensinniger als mein Verstand. Gibst Du mir nicht stets ein Beispiel der Barmherzigkeit? Ich tue, was Du an meiner Stelle tätest, was ich von der Mutter unseres Heilandes für meinen Sohn erbitten würde, wäre er in Italien, ohne mich, ohne Freunde und in völliger Verlassenheit.

      An Valmore

       Paris, 21. Februar 1840, morgens.

      Vergebens erhoffte ich gestern den Brief zu Ende zu schreiben. Eine Dame, die mich in Belgien gesprochen hatte, ist schnurgerade hereinspaziert, ich im Hemd! Sie wollte eine Empfehlung für Fräulein Mars oder weiß Gott was… Alle diese liebenswürdigen Neugierigen versetzen mich in helle Wut, und Du wärest schon aufs Dach geklettert, bei all diesen unvorhergesehenen Vorfällen. Trauriger Ruhm das, der mich mit solchen Nadelstichen plagt!

      

       Paris, 6. März 1840.

      Ich sprach Dir nur von dem glücklichen Ereignis Bewilligung ihrer Pension… hatte nicht Zeit, das geringste Detail hinzuzufügen. Gestern, o gesegneter Tag! Nach dieser Neuigkeit, die ich mit Dir teilte, hatte ich das Glück, zugunsten des jungen Sträflings seinen Onkel, seine Tante, seine Mutter umzustimmen. Sie haben alle mit mir geweint und haben sich ergeben. Sie willigen ein, ihn, wie es die Vorschrift verlangt, von dem Direktor des grauen Hauses einzufordern… Ich erzähle Dir das alles noch… Die Hauptsache war, den Zorn dieser erbitterten Familie niederzuschlagen: das ist geschehen! Ah! ich war fast im Himmel, als ich gestern dieses Haus verließ… Ja, ich habe einen schönen Tag fern von Dir verbracht, aber durch Dich, für Dich!

      An Hippolyte

       Lyon, Mittwoch, 21. Oktober 1840.

      Gestern… hat Dein Vater Deinen Brief und Deine Zeichnung erhalten. Er dankt Dir und teilt Deine Bewunderung für Michelangelo. Wie viel Glück schließt doch die Welt ein, wenn man in sich den demütigsten und zugleich den allergrößten Sinn besitzt, den der Bewunderung! Er gibt für alle Kümmernisse Trost und gibt der Armut Schwingen, die sich auf diese Art über die verächtlichen Reichen erhebt.

      An Valmore

       20. Dezember 1840.

      Seit meiner Rückkehr habe ich mehr als vierzig Briefe geschrieben und habe Nächte bei den Versen verbracht, um die man mich anläßlich des Unglücks von Lyon gebeten hat. Man liest sie heute im Konzert des Herrn Hertz, für das ich seit acht Tagen in Regen, Schnee und Frost, dem kältesten Wetter, an das ich mich erinnern kann, umherlaufe…

      

       Paris, 24. Dezember 1840.

      Ich verbreche so gut ich kann für Herrn Campenhout eine Romanze, aber ich habe keine ruhigen Zwischenpausen; ich muß alles auf der Straße im Gehen machen.

      

       25. Dezember 1840.

      Wenn mein Brief Dich noch erreichte, so vermerke die Sache, die Du mir einzig aus Brüssel mitbringen mögest. Du erfragst bei Sophie die Adresse von Willem, von jenem oder von dessen Sohn, der uns unsere Eheringe gemacht hat, und Du wirst mir einen kleinen Ring kaufen, und läßt ihn von dem guten Pfarrer von Finistères weihen… Du weißt nämlich nicht, daß mein teurer Ring in Rouen, mit allem andern, was wir als Pfand ließen, veräußert wurde. Meine Schwester konnte schließlich nicht mehr die Kosten für den Aufschub des Verkaufes bestreiten…

      An Ondine, ihre Tochter

       12. Oktober 1841.

      Die erste Winterkälte, überanstrengende Wege und meine Lage haben mir wieder Fieber eingetragen, das mich so oft überkommt und das man mir dann häufig als Launenhaftigkeit auslegt, weil ich da ernster bin und Sprechen mich geradezu tötet. Es ist eine große Kunst, zu erreichen, daß es einem nicht verübelt wird, wenn man leidet. Mögest Du sie besitzen, lieber Engel, denn Du weißt schon, man kann recht krank sein, ohne das Bett zu hüten und sich zu schonen.

      An Caroline Branchu

       Paris, den 12. Januar 1842.

      Wie gut Du bist, Caroline, und wie wenig ahnst Du, welche unendliche Wohltat Du mir erweisest, indem Du mir zeigst, daß es dennoch auf Erden so ein Wesen gibt, wie wir es uns wohl in unsern schönsten Tagen träumen! Alles, was ich liebte, damals, als ich Dich zum erstenmal hörte und verstand, hat mich betrogen, gleichwie


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