Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte. Louise Otto

Louise Otto: Frauenbewegung Essays, Romane, Biografien & Gedichte - Louise Otto


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noch Negatives hinzufügen – will hier sagen: ich müsse mich und diese Zeitung vor Mißverständnissen schützen. – Nein! ich kann darüber keine Worte machen! ich berufe mich auf mein Leben, auf mein schriftstellerisches Wirken seit 1843 – wer etwas davon kennt, wird wissen, daß ich nicht zu den sogenannten »Emanzipierten« gehöre, zu denen, welche das Wort »Frauen-Emanzipation« in Mißkredit gebracht haben, indem sie das Weib zur Karrikatur des Mannes herabwürdigten. Für diejenigen, die noch nichts von mir wissen, möge einstweilen die Versicherung genügen, daß ich eben durch die Tendenz dieser Zeitung dem Irrtum entgegenzuarbeiten hoffe, welcher oft gerade die begabtesten Frauen veranlaßte, ihr Streben nach geistiger Freiheit in der Zügellosigkeit der Leidenschaften zu befriedigen. – Man wird also weder mich noch meine mitarbeitenden Schwestern zu diesen »Emanzipierten« werfen können, wohl aber werden wir stolz darauf sein, wenn man uns Nachfolgerinnen jener edlen Jungfrau aus Bethanien nennt, von welcher das leuchtende Vorbild aller Menschen sagte: »Maria hat das bessere Teil erwählt!« –

      So fordere ich denn hiermit alle gleichgesinnten Schriftstellerinnen und Schriftsteller, welche für die Rechte der Frauen in die Schranken traten, auf, mich bei diesem Unternehmen durch Beiträge zu unterstützen. Ich bitte auch diejenigen meiner Schwestern, die nicht Schriftstellerinnen sind, um Mitteilungen, zunächst die Bedrückten, die armen Arbeiterinnen, auch wenn sie sich nicht geschickt zum stilisierten Schreiben fühlen; ich werde ihre einfachen Äußerungen gern, wenn nötig, verdolmetschen – aber es liegt mir daran, daß gerade ihre Angelegenheiten vor die Öffentlichkeit kommen, so kann ihnen am ersten geholfen werden.

      Alle Gesinnungsgleichen lade ich zum recht zahlreichen Abonnement ein, damit das Unternehmen gedeihen könne!

       Louise Otto

      Die Freiheit ist unteilbar

       Inhaltsverzeichnis

      Die Freiheit ist unteilbar! – Dies ist ein so einfacher Lehrsatz, daß er der erste Artikel in jedem Glaubensbekenntnis sein sollte. Gleichwohl müssen wir es täglich erfahren, daß er noch nicht überall Eingang gefunden, vielmehr nur bei gar wenigen Fleisch und Blut geworden ist. Es meinen viele, sich Freiheitskämpfer nennen zu dürfen, welche doch von dem Ideal der Freiheit mit ihren Gedanken ferne sind und nur von einzelnen Freiheiten etwas wissen wollen, für deren Erringung sie sich abmühen. Wieviel z.B. ist in unserm Deutschland besonders nicht für Glaubensfreiheit gekämpft und gelitten worden, wieviel edle Männer und Frauen sind nicht dafür in den Tod gegangen. Sie nannten sich Freiheitskämpfer und wollten doch weiter nichts als die Freiheit, Gott anzubeten und ihm zu dienen je nach ihrem Bedürfnis. Weiter fragten sie nach nichts. So gibt es heute noch viele – ja selbst unter den Lichtfreunden und Deutschkatholiken – welche sich nicht scheuen, selbstgefällig zu erklären, daß ihr Streben nach religiöser Freiheit nichts gemein habe mit dem Streben nach politischer Freiheit, ja daß sie selbst ohne diese, sobald man ihnen nur eben jene garantiere, ganz zufrieden zu leben vermöchten. Höchstens bringt man diese heute mit der Frage in Verlegenheit: ob sie denn allen Ernstes einen so kindlichen Glauben haben, daß es ihnen nie einfällt zu bedenken, ob ein Staat, der nicht auf den Grundpfeilern der Freiheit ruht, in seinen engherzigen, bevormundenden Institutionen auch wirklich die religiöse Freiheit garantieren könne, davon noch gar nicht zu sprechen, ob er es wolle. Besonders aber meinen diejenigen sich Freiheitskämpfer vor allen andern nennen zu dürfen, welche nur den politischen Fortschritt im Auge haben und ihm allein dienen. Dazu gehören vor allen die Liberalen vor dem März, die nur nach einzelnen Freiheiten rangen, wie Preßfreiheit, Versammlungsfreiheit usw., und die man deshalb damals, als wir sogar dieser Güter noch entbehren mußten, für Freiheitshelden hielt. Einige von ihnen, die Beschränkten und Engherzigen, deren Blicke nie über den engen Horizont des Konstitutionalismus hinausgingen, sind auf derselben Stufe stehengeblieben, auf der sie damals standen, und wer vor dem März als Freiheitsmärtyrer dastand, erweist sich jetzt als gutgesinnter Reaktionär. – Andere hingegen von diesen Politikern setzen mit den errungenen einzelnen Freiheiten, wie Preßfreiheit usw., den Kampf um andere einzelne Freiheiten fort, sie kämpfen für die honnette Republik, nehmen sich die Freiheit, den Adel abzuschaffen und sich selbst, die Bourgeoisie, an dessen Stelle zu setzen – aber sie beweisen durch all diese Bestrebungen, daß sie nichts wissen von der einen unteilbaren Freiheit! Und die Sozialisten? und die soziale Freiheit? Die Sozialisten, welche meinen, ihre Utopien mit Hülfe einer Zwingherrschaft gründen zu können, welche über den politischen Fortschritt geringschätzend lächeln und an die Stelle religiöser Freiheit einen erzwungenen Atheismus setzen wollen – die freilich sind eben so fern von der Erkenntnis des Satzes: die Freiheit ist unteilbar! Sie kann nicht in dem einen Zustande sein und in dem andern mangeln – die wahre Freiheit ist eben die Gottheit, die man nicht auf dem oder jenem Berge nur anbeten kann, sondern die man verehren und ihr dienen muß und kann allenthalben, wo ihr auch noch kein Tempel errichtet ist.

      Und nun laßt uns einmal fragen, wie viel Männer gibt es denn, welche, wenn sie durchdrungen sind von dem Gedanken, für die Freiheit zu leben und zu sterben, diese eben für alles Volk und alle Menschen erkämpfen wollen? Sie antworten gar leicht zu Tausenden mit Ja! aber sie denken bei all ihren endlichen Bestrebungen nur an eine Hälfte des Menschengeschlechts – nur an die Männer. Wo sie das Volk meinen, da zählen die Frauen nicht mit.

      Aber die Freiheit ist unteilbar! Also freie Männer dürfen keine Sklaven neben sich dulden – also auch keine Sklavinnen. Wir müssen den redlichen Willen oder die Geisteskräfte aller Freiheitskämpfer in Frage stellen, welche nur die Rechte der Männer, aber nicht zugleich auch die der Frauen vertreten. Wir können so wenig, wie sie uns selbst zu Bundesgenossinnen haben wollen, sie die Bundesgenossen der Fahnenträger der Freiheit nennen! Sie werden ewig zu dem »Halben« gehören, und wenn sie auch noch so stolz auf ihre entschiedene Gesinnung sein sollten.

       L. O.

      Bücherschau

       Inhaltsverzeichnis

      Paris und Berlin. Roman aus der neuesten Zeit von M. Norden. Zwei Teile.

      Leipzig. Adolph Wienbrack, 1849.

      Es freut mich, die Reihe der Bücher, die ich nach und nach in diesen Blättern zu besprechen gedenke, mit einem Werke beginnen zu können, das ich allen Leserinnen aufs beste empfehlen darf.

      Ohne zu weitläufige und ermüdende Kritiken geben zu wollen, scheint es mir doch nötig, die neu erscheinende Literatur im Auge zu behalten und die Resultate dieser Überblicke in dieser Zeitschrift niederzulegen. Daß dabei auf die Werke der Schriftstellerinnen besonders Rücksicht genommen werden wird, versteht sich, aber der Einseitigkeit, nur diese etwa zu besprechen, weil diese Zeitung für Frauen bestimmt ist, soll niemals gehuldigt werden. Am meisten Berücksichtigung werden diejenigen Werke finden, die sich mit der sozialen Reform beschäftigen, welcher wir dienen, und insofern auch die Frage der weiblichen Emanzipation behandeln.

      Nach dieser notwendigen Vorbemerkung wenden wir uns zu dem vorliegenden Buche!

      M. Norden gehört zu den wenigen Schriftstellerinnen, die sich vorzugsweise der sozialen Frage zugewendet haben. Sie hat dies schon in ihren »Feldblumen« getan, die 1847 erschienen, und hier erblicken wir sie wieder auf demselben Gebiet. Das Geld, dieses unheimliche Gespenst, das besonders in den Zuständen der Gegenwart auf eine so fürchterliche Weise spuken geht, es spielt auch in ihren Romanen eine Hauptrolle, welche ein getreuer Spiegel der Gegenwart sind. Es würde zu weit führen, hier auf den sehr verwickelten Inhalt, der immer spannend und interessant ist, näher einzugehen; um aber zu zeigen, wie wahr und tief die Verfasserin die soziale Frage erfaßt, sei hier einiges aus den Geständnissen einer Verbrecherin mitgeteilt, das sie ihrer von ihr betrogenen Freundin macht:

      »Ich kämpfte den Kampf des Armen gegen den Reichen mit aller List und aller Hartnäckigkeit, welche mir die raffinierte Schlauheit meiner Geisteskräfte eingab. Die Verderbnis meines Gemütes gab mir noch schrecklichere Waffen


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