Meine Zeit im geteilten Deutschland bei voller Beleuchtung. Joachim Sdunek

Meine Zeit im geteilten Deutschland bei voller Beleuchtung - Joachim Sdunek


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warum.

      Mein Onkel Hermann arbeitete bei den Kühen. Es war nicht nur das Melken, er hütete sie auch auf der Weide. Ich ging gerne mit, weil er eine schwarze Stute namens Rösi bei sich führte.

      Ich erinnere mich an einen herrlichen Sommertag. Mein Onkel legte sich ins Gras, schob den Hut vor die Augen und kaute auf Grashalmen, bis er einschlief.

      Ich konnte mich dann an dem Pferd und den Kühen ausprobieren. Der Knoten des Pferdesattels fügte mir beim Reiten einige Schmerzen zu.

      Ich konnte als Kind unbeschwert meinem Übermut Zucker geben. Das Kutschieren von Pferdegespannen machte mir genauso viel Spaß wie das Fahren eines Herrenfahrrads. Auf Grund meiner Körpergröße musste ich mit meinen Beinen unter die Stange des Fahrrades. Es klappte wunderbar.

      Ich wuchs heran und meine Wünsche, mir das eine oder andere zu leisten auch. Der Tag, als ich 14 Jahre alt wurde, war für mich sehr wichtig. Mit 14 Jahren konnte man Ferienarbeit machen und ein gutes Taschengeld verdienen. Ich arbeitete als Zimmermädchen im Hotel »Warnow« oder auch im Straßenbau. Meine erste Ferienarbeit allerdings war in Lassan bei der Getreideernte. Ich schaufelte Getreide von Traktorenanhängern in ein Gebläse, welches das Korn auf den Kornboden förderte. Die Anzahl der Hänger nahm kein Ende, die Sonne brannte gnadenlos und ich bekam Blasen an den Händen. Mein Onkel Karl war LPG-Vorsitzender und wollte nachsehen, wie sich sein Neffe so machte. In dem Moment, als er neben dem Hänger stand und mir zuschaute, platzten die Blasen an meinen Händen. Der Staub und die Feuchtigkeit in meinen Händen verursachten große Schmerzen. Ich biss die Zähne zusammen und schaufelte weiter.

      Es war für mich unmöglich aufzugeben, denn ich war mittlerweile ein Stadtkind geworden.

      Der Weg meines Vaters führte ihn aus der Schreibstube der Bürgermeisterei von Gatzkow erst nach Greifswald und dann nach Rostock.

      Mein Vater schlug nach dem Zweiten Weltkrieg eine politische Laufbahn ein. Er wurde in Rostock politischer Mitarbeiter der Bezirksleitung der SED. Das hatte nicht zur Folge, dass es uns finanziell besser ging als anderen.

      Nachdem unsere Familie teilweise abenteuerliche Wohnbedingungen hatte, bezogen wir eine Zweieinhalbzimmerwohnung im Stadtteil Reutershagen. Meine Eltern und wir, mittlerweile drei Kinder, kamen damit gut zurecht. Ich hatte also eine große Schwester und eine kleine Schwester.

      Meine Einschulung war kurz zuvor in einer reinen Jungenschule, der Borwinschule.

      Die erste Lehrerin, Fräulein Schwaan, warf mir Kreide, einen Schwamm und auch einen Schlüsselbund hinterher. Es war gut, dass ich nach Reutershagen in die Türmchenschule umgeschult wurde. Da es zu der Zeit viele Kinder gab, waren die ersten Klassen eingeteilt in 1a, 1b und 1c. Das Lernen nahm ich zu Beginn nicht sonderlich ernst. Meine Schwester, die ein Jahr weiter war als ich, bekam eine Brille. Dieser Umstand war damit verbunden, Augentropfen zu bekommen. Die Teilnahme am Unterricht war also eingeschränkt.

      Ich wollte auch eine Brille. Um an dieses Ziel zu kommen, las ich beim Augenarzt einiges falsch, so wie meine Schwester.

      Die Augentropfen und die Brille verschafften mir ein wenig Freizeit im Unterricht. Vielleicht war es aber noch wichtiger, aus der Reihe zu tanzen.

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      Irgendwann merkt jeder Schüler, dass es ohne lernen nicht geht. Es stellte sich also ein Mindestmaß an Fleiß ein. Ich hatte Erfolge und Misserfolge, war nie ein Egoist und kam mit meinen Mitschülern sehr gut aus. Es entwickelten sich Kinder- und Jugendfreundschaften.

      Wir gingen jeden Tag zu Fuß zur Schule, egal wie lang der Weg auch war. Es gab Frühschicht und Spätschicht. Die Anzahl der Schulen reichte noch nicht für alle Kinder. Der Heimweg im Winter war dann schon mal im Dunkeln. Ich besuchte in Reutershagen die 25., die 27., die 28. und 30. Polytechnische Oberschule. Ich siedelte mich zwischen den Zensuren 3 und 2 an. Manchmal habe ich heute das Bedürfnis, mich bei den Lehrern für meine Albernheiten zu entschuldigen.

      Wichtiger als die Schule nahmen wir unsere Freizeit. Der Sportunterricht in der Schule konnte unseren Bewegungsdrang nicht befriedigen. Wir spielten und tobten, im Sommer wie im Winter bis zum Dunkelwerden.

      Auf unserem Hof war eine Schaukel, die nicht für Überschläge konstruiert und gedacht war. Wir schafften es.

      Eine Besonderheit im Stadtteil Reutershagen waren die »Reutershäger Füchse«. Es gab einen jungen Mann namens Ingo Ruepp, der sich der Aufgabe verschrieb, die Straßenjungen zum Fußballspielen in einer ganz besonderen Form zu bewegen. Er schaffte es, einen regelrechten Spielbetrieb zwischen Straßen- und Hofmannschaften aufzubauen. Manche Mannschaften organisierten sich nach ihrer Straße und andere nach den Hinterhöfen. Es gab logischerweise weder einheitliche Kleidung noch Schuhwerk. Man kannte sich, man wusste, wer zu seiner Mannschaft gehörte. Dieser Spielbetrieb lief bestimmt drei Jahre. Der Name »Reutershäger Füchse« war dem Journalisten Liebenberg zu verdanken. Er brachte die Spielergebnisse und Torschützen des Wochenendes in die regionale Tageszeitung. Es macht stolz, wenn man seinen Namen in der Zeitung lesen kann.

      Viele der Jungs gingen dann in die bekannten Fußballclubs der Stadt. Ich ging zum FC Hansa Rostock. Es war ein kurzes Gastspiel. Mein Freund Berndt, der bei der BSG FIKO spielte, berichtete mir, dass es immer ein Mittagessen gab, wenn sie auswärts spielten. Meine Entscheidung stand fest, ich gehe zu FIKO. Es war die Betriebssportgemeinschaft des Fischkombinates Rostock. In dieser BSG wurden auch international bekannte Radsportler gefördert. Rostock hatte starke Sportclubs, Rostock war eine Sportstadt.

      Mein Schulfreund Lothar schaffte es von den »Reutershäger Füchsen« mit dem FC Hansa bis in die Juniorenoberliga der DDR und zum DDR-Meister, bevor er dann zur See fuhr.

      Lothars Mutter war alleinstehend und konnte ihren vier Kindern auch nicht jeden Wunsch erfüllen. Lothar war der jüngste in der Riege.

      Unsere Mütter hatten in einem Winter nur die günstigen Kohlen bzw. Briketts bestellt. Der Winter dauerte aber leider länger als geplant. Lothar und ich mussten dann mit einem Handwagen vier Sack Kohlen von einem Kohlenhof holen. Es hatte geregnet, der Regen war wieder gefroren, die Fahrt wurde zum Abenteuer.

      Wir Kinder waren in die Aufgaben, die wir leisten konnten, in der Familie eingebunden.

      In meinem Stadtteil war ich bekannt als fleißiger Altstoffsammler. Die DDR hatte ein tolles System, um Altstoffe wieder in den Kreislauf der Wirtschaft zurückzuführen. Man nannte es SERO. Das bedeutet »Sekundärrohstoffe«. Mit diesem System konnte man sich auch wieder ein gutes Taschengeld verdienen. Flaschen, Gläser, Altpapier und Lumpen. Ich wusste über die Zeit ganz genau, wer viel trank. Das waren für mich gute Kunden. Wenn ich Lumpen nach Hause brachte, kontrollierte meine Mutter, ob Stricksachen dabei waren. Diese wurden aufgetrennt, gewaschen und wieder zu Pullovern verarbeitet. Wenn ich daran denke, tun mir meine vorgestreckten Arme, an denen die Wolle aufgewickelt wurde, heute noch weh,. Ich hatte nie einen einfarbigen Pullover. Meine Pullover bestanden immer aus Resten.

      Mit meinen Nebentätigkeiten konnte ich allerdings nie das Geld für ein Fahrrad erwirtschaften. Ich vergoss viele Tränen, bis meine Mutter meinen Vater dazu bewegte, sein Fahrrad aus irgendeinem Dorf wieder nach Hause zu holen. Mein Vater war bei der Gründungsbewegung der LPG’s im Auftrag seiner Partei unterwegs und hatte sein Rad irgendwo stehen lassen. Das Rad kam tatsächlich in Einzelteilen bei uns an. Die Teile passten allerdings nicht so recht zusammen. In unserer Hausgemeinschaft wohnte ein Mann, der das mitbekam. Er schenkte mir seinen kaputten Hühnerschreck, man sagte auch Hackenwärmer. Das war ein fahrradähnliches Gefährt mit Motor. Aus allem baute ich mir mein erstes Fahrrad. Durch die Vollballonreifen vom Hühnerschreck waren Treppen und Kantsteine kein Problem. Mir fuhr jedenfalls keiner hinterher.

      Mein erstes richtiges Fahrrad kaufte ich einem Jungen aus der Nachbarschaft mit meinem Jugendweihegeld ab. Er bekam von seinen Eltern ein neues Fahrrad.

      Die Jugendweihen und Konfirmationen waren gleichzeitig große Familienfeiern. In unserer Familie wurde gern gefeiert und gesungen. Die Geburtsjahrgänge der Cousins und Cousinen sorgten für eine gewisse Kontinuität an Feierlichkeiten. Hinzu kamen natürlich noch andere wichtige Anlässe.

      Das


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