Meine Zeit im geteilten Deutschland bei voller Beleuchtung. Joachim Sdunek
ging weiter.
Es wurde uns nicht erklärt, wie sich die Staatssicherheitsleute und Gartenschläger punktgenau an der Stelle treffen konnten.
Im Zuge der Entspannungspolitik zwischen Ost und West wurde dieses Minensystem entfernt.
Im Herbst 1976 war mein Wehrdienst beendet.
Ich begann an Land als Elektriker in der Schiffsreparatur zu arbeiten. Wir reparierten die Fahrzeuge der Bagger-, Bugsier- und Bergungsreederei. Die Werkstätten waren aber der Deutschen Seerederei angeschlossen.
Ich wollte nahtlos von der Hochseefischerei zur Handelsflotte, um mir die Welt anzuschauen. Auf meinen Streifzügen durch die DDR vor meiner Armeezeit lernte ich eine Perle von Mädchen kennen. Wir heirateten noch während meiner Armeezeit.
Ursprünglich wollte ich mit meiner Frau gemeinsam zur See fahren. Diese Fälle kannte ich aus der Hochseefischerei. Bei der Deutschen Seerederei gab es die Möglichkeit, dass Ehefrauen für begrenzte Zeit mitreisen konnten. Diese Maßnahme sollte den Familien eine gewisse Erleichterung bringen.
Es war von mir mehr als naiv, für uns als kinderloses Ehepaar so einen Plan zu haben. Wir haben nie versucht, diesen Plan umzusetzen, da es tausend andere Dinge gab, die wir erledigen mussten.
In meinem Leben wurde ich mehrfach angesprochen, Mitglied der SED zu werden. Es war mir einfach lästig. Ich hatte viele gute Leute kennengelernt, die Mitglied dieser Partei waren.
In meiner Arbeitswelt gab es auch genügend Dinge, die man verbessern sollte. Als mich niemand mehr fragte, ging ich aus freien Stücken auf einen Parteisekretär zu und stellte den Antrag auf Parteimitgliedschaft.
Wenn man aus Überzeugung in eine Partei geht, kann man allerdings auch in Zweifel geraten und enttäuscht werden. Das geht Kirchenmitgliedern, die an Gott glauben, auch nicht anders.
Auf jeden Fall wurde ich ein Jahr später von unserem Parteisekretär der Grundorganisation, Karl Mantei, zu einem Gespräch eingeladen. Er fragte mich, was ich denn für meine Zukunft noch für Pläne hätte. Ich verwies auf mein früher ausgeschlagenes Ingenieurstudium.
Karl Mantei meinte, ich könnte das in Ilmenau auf dem Industrieinstitut machen, um später in leitender Position zu arbeiten.
Der Gedanke gefiel mir. Ich machte meine Unterlagen fertig und übergab sie ihm.
Karl Mantei war ein Parteifunktionär, der mit allen Wassern gewaschen war. Nach kurzer Zeit erklärte er mir, dass die Genossen in Ilmenau bemängelten, das ich keinerlei politische Vorbildung hätte. Ich sollte nun erst einmal für ein Jahr auf Parteischule.
Heute weiß ich, dass meine Unterlagen nie in Ilmenau ankamen. Karl Mantei brauchte einen jungen Genossen, den er auf die Parteischule delegieren konnte.
Für mich bestand die Frage, nach A nun auch B zu sagen. Das Studium in Ilmenau war noch mein Ziel.
Karl Mantei wollte mir offensichtlich ein gutes Gefühl vermitteln, indem ich zum Stapellauf eines Schiffes eingeladen wurde. Ich kam nach Hause und sagte meiner Frau, dass ich am nächsten Tag zum Stapellauf müsse. Sie darauf: »Oh Gott, du hast ja gar keinen Trainingsanzug.«
Ein anderes Mal wurde ich zu einer Ausfahrt mit Bockwurst und Erbseneintopf auf dem Schiff »Ostseeland« eingeladen. Auf dieser Ausfahrt 1978 war der Fliegerkosmonaut Sigmund Jähn anwesend. Er hatte seine Arbeitshandschuhe und einige kleinere Utensilien dabei. An den Arbeitshandschuhen konnte man sehen, dass das Umsteigen von einer Raumkapsel in eine Raumstation und dann wieder zur Landung in die Kapsel handfeste Arbeit war. Sigmund Jähn war ein sehr angenehmer und kompetenter Gesprächspartner.
Ich wurde also Student an der Parteischule. Meine Mitstudenten waren unter anderen eine Lehrerin, eine Verkäuferin, ein Kapitän, ein Busfahrer und ein Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit Berlin. Eine bunte Mischung also.
Damit die Studenten der Gesellschaftswissenschaft nicht vergessen, wie harte Arbeit schmeckt, fuhren die Parteischüler traditionell zur Kohlernte auf die Insel Rügen. Im Herbst ist es schon empfindlich kalt und nass. Die Kohlreihen auf den Feldern reichten bis zum Horizont. Viele Frauen mussten aufgeben. Die Arbeit war einfach zu schwer.
Mein Mitstudent Giesbert, im Range eines Offiziers der Staatssicherheit, meldete sich auch krank. Er durfte nach Hause fahren.
Nach meiner Einstellung muss man bei harter körperlicher Arbeit den Punkt überwinden, an dem es scheinbar nicht mehr weiter geht.
Giesbert und ich studierten und irgendwie mochten wir uns beide nicht. Während meines Studiums erfuhr ich durch einen Mitstudenten, dass ich eine hauptamtliche Funktion in der FDJ übernehmen sollte. Diese Position hatte dieser Mitstudent früher inne. Mein Studium in Ilmenau war also Geschichte.
Bevor man mit mir persönlich sprach, eskalierte die Situation zwischen mir und Giesbert gegen Ende des Studiums. Ich schlug Giesbert vor, dass wir eine neue Partei gründen sollten, auf der Grundlage der Ideen von Rudolf Bahro und Robert Havemann. Rudolf Bahro saß mittlerweile im Gefängnis und Robert Havemann stand unter Hausarrest. Ich kritisierte und provozierte in einem Rundumschlag. Es gab zu dieser Zeit keine besseren Männer, mit denen man innerhalb der SED so provozieren konnte.
Es scharrten sich noch andere Mitstudenten um uns und trauten ihren Ohren und Augen nicht. Giesbert ermittelte mich als Partei- und Republikfeind. Er schrieb noch in der Nacht einen Bericht an seine Dienststelle in Berlin und an die Schulleitung.
Ich erklärte frei und offen gegenüber der Schulleitung, wie es soweit kommen konnte. Das waren erfahrene Leute, die nur noch die Köpfe schüttelten. Ein Lehrer bezeichnete mich unter vier Augen als Politganoven. Er tat dies freundlich, aber bestimmt und hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Zu retten war ich aber nicht.
Es gab ein Parteiausschlussverfahren, das mit einer Stimme Mehrheit für mich ausging. Ich blieb Mitglied der SED und wurde zurück in die Produktion delegiert.
Wer nur knapp ein solches Verfahren überstanden hatte, genoss eine gewisse Narrenfreiheit und brauchte kein Blatt mehr vor den Mund zu nehmen. Für meine spätere Arbeitswelt war das genau richtig.
Meine wirtschaftliche und politische Karriere war damit beendet. Ich war im Sozialismus einen Tag arbeitslos, weil keiner auf mich vorbereitet war.
In den Reparaturwerkstätten der Seereederei gab es eine Elektrowerkstatt mit einer Personalstärke von 25 Mann. Dieses Personal von Individualisten galt im Sinne eines sozialistischen Kollektivs als unregierbar. Ich übernahm 27-jährig diese Werkstatt als Werkstattleiter und Meister. Man hatte also eine Aufgabe für mich gefunden.
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