Im Zentrum der Lust | Roman. Alissa Stone

Im Zentrum der Lust | Roman - Alissa Stone


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noch immer auf meiner Schulter. Theo ging zu meiner Rechten.

      Mila hatte nicht gesagt, wie lange ich den Blick nach unten zu richten hatte, also hob ich ihn und sah einen Mann am Ende des Ganges stehen. Er hatte eine stattliche Figur, trug eine schwarze Anzughose und ein anthrazitfarbenes Hemd. Er sah mich an.

      Je mehr wir uns ihm näherten, desto deutlicher erkannte ich sein Gesicht. Er war etwa in meinem Alter, vielleicht ein paar Jahre älter. Seine Haltung war aufrecht, er war einen Kopf größer als ich und sein Gesicht war ebenmäßig, sehr harmonisch. Die Augen unter den dichten Brauen strahlten Ruhe und Selbstsicherheit aus. Und dieser Blick ... ich konnte gar nicht mehr wegsehen. Dazu die dunklen Haare, verwegen zurecht gezupft. Eine Mischung aus Impertinenz und Sex-Appeal.

      »Oh, Alex«, sagte Theo und rieb sich mit der Hand über Mund und Kinn. »Gehen Sie doch schon mal nach oben ins Büro. Ich komme in ein paar Minuten nach.« Es war Theo offenbar nicht recht, dass er hier wartete.

      Alex hingegen schien Theo gar nicht zu beachten. Sein Blick verfolgte mich. Für den Bruchteil einer Sekunde spürte ich einen Sog, der mich vergessen ließ, dass mir etwas Ungewisses bevorstand. Wie magnetisiert blieb mein Blick an seinen Augen haften. Er lächelte mich an, als der Franzose mich an ihm vorbeischob. Ein verführerischer Glanz lag in seinen Augen. Alex, wiederholte ich stumm seinen Namen. Bitte hilf mir, wollte ich am liebsten flüstern. Meine Lippen öffneten sich.

      Er rührte sich nicht. Sein Blick legte sich auf meine bebenden Lippen, ehe er wieder meine Augen traf. Dann verlor ich ihn aus dem Sichtfeld.

      Der Franzose hatte mich durch eine Tür in einen großen, fensterlosen Raum gedrückt. Noch immer beherrschten Alex’ Augen meine Gedanken.

      Erst als der Geruch von Holz und Leder an meine Nase drang, holte mich das Geschehen langsam zurück.

      Wieder knallte eine Tür hinter mir und die Hand drückte mich weiter in den warmen Raum. Ich fühlte das Holz unter den Sohlen. Dunkel gebeizte Dielen, die sich über den gesamten Raum erstreckten. Zwei von unten beleuchtete Marmorsäulen stützten im Abstand von etwa drei Metern die Mitte des Raumes. Davor erkannte ich im schwachen Licht die lederbezogene Rückseite einer Ottomane mit einseitiger Sitzlehne. Sie war auf ein breites, antikes Bett gerichtet, welches hinter den beiden Säulen auf einem Podest stand. Vier massive Eckpfosten aus dunklem Holz zäunten das Bett ein und erstreckten sich bis zur Decke. Über dem Bett hing ein großer Lampenschirm, der das Arrangement in gedimmtes Licht tauchte.

      Die Längsseite des Raumes bestand aus grauem Sichtbeton. An etlichen Halterungen hingen Peitschen, Stöcke und andere Schlaginstrumente. Wo war ich hier? In einem Folterraum? Die Erinnerung an Milas geschundenen Körper drängte sich in meinen Kopf. Ein Ruck schoss durch meinen Körper. Ich musste hier weg! Gerade wollte ich mich umdrehen, da verstärkte sich der Griff an meiner Schulter und ein zweiter Arm umschloss von hinten meinen Oberkörper.

      »Non, ma petite, was hast du vor?«, flüsterte der französische Akzent an meine Wange, gefolgt vom kalt-herben Tabakgeruch, der langsam über mein Gesicht kroch. Ich rümpfte die Nase, der Gestank ekelte mich an. Ich fühlte mich so hilflos und unterlegen.

      Er drängte mich einige Schritte mit sich. Dann hörte ich ein Klicken und sah, wie er seine Hand von einem Schalter nahm. Ein leises Surren ertönte. Ich bemerkte ein Seil, das sich zwischen den Säulen ganz langsam nach unten bewegte. An dessen Ende baumelte ein Karabinerhaken, der das Licht der Bodenspots reflektierte. Alles wirkte so unheimlich, so mystisch. Die Atmosphäre, die Stille, dieser Mann.

      Er drückte mich weiter in den Raum, hin zu den Säulen. Ich schüttelte den Kopf, ich wollte nicht. Ich wollte hier weg. Plötzlich packte er mein Halsband und zog mich zum Seil, das inzwischen die Höhe meiner Schultern erreicht hatte. Er drehte mich mit dem Rücken zum Bett, hakte den Karabiner in den Ring meines Halsbandes und ließ mich los. Es ging so schnell. Ich konnte mich nicht einmal wehren. Mein Blick flog nach oben, das Seil entlang, das in der Decke verschwand. Oh mein Gott, was passierte mit mir?

      Der Franzose trat vor mich und seine von den Spots schattierte Gestalt zeigte sich mir. Er war nur unwesentlich größer als ich. Seine Haare waren kurz und schimmerten silbergrau. Er fing an, um mich herumzugehen und beobachtete mich, als wäre ich eine neue Stute im Stall. Es war mir unangenehm, wie er mich ansah. Sein Blick war so durchdringend, so erwartungsvoll.

      Er sprach auffällig ruhig und theatralisch. »Ich gestehe mir ein, dass ich ein sehr ungeduldiger Mensch bin. Was zur Folge hat, dass es mir für gewöhnlich nicht daran liegt, unerfahrene Sklavinnen zu erziehen. Ich hole mir lieber diejenigen, die wissen, was ich von ihnen erwarte.«

      Mit den Außenseiten seines Zeige- und Mittelfingers streifte er über meine Wange. »Aber du bist schön. Und geheimnisvoll. Schon auf den Fotos gefiel mir der Stolz in deinen Augen. In so einem Fall erkläre ich mich gern dazu bereit, eine Ausnahme zu machen. Zumal ich jemanden, der mir sehr nahe steht, einen Gefallen damit tue. Ich hoffe, dass du dies würdigst und mein Spiel genießt, so wie ich es tun werde.«

      Ein Seufzen entwich mir und Gänsehaut zog sich über meinen Körper. Er sah mich an und studierte meine Mimik, als hoffte er, dass ich es kaum erwarten konnte. Ich neigte den Kopf zu Boden, weil ich nicht wusste, wie ich mit seinem Blick umgehen sollte. Sofort drückten seine Finger mein Kinn nach oben.

      »Ich möchte, dass du mir dein Gesicht zeigst.« Ruhe lag in seiner Stimme.

      Seine Augen waren blau. Sie wirkten klar und hypnotisierend. Um die Augenpartie teilten sich tiefe Falten ihren Platz mit taupefarbenen Tränensäcken, die durch das Bodenlicht besonders ausgeprägt zum Vorschein traten. Seine Haut war fahl und ergab sich schlaff der Schwerkraft.

      Ich fühlte mich ihm unterlegen. Aber nicht des Alters wegen und auch nicht deswegen, weil ich gefesselt war. Er wirkte so bedacht. In allem, was er sagte und wie er sich gab. Eine faszinierende Aura umhüllte ihn und zwang mich, ihm Respekt zu erweisen. Er hatte diese kraftvolle Ausstrahlung eines Zen Meisters, die mich einfing, ohne mich zu bedrängen.

      Sein Blick fixierte meinen Mund, und mit dem Daumen zog er meine Unterlippe nach, während seine andere Hand mein Genick umspannte.

      »Deine Lippen sind so voll und weich«, sagte er und formte mit den eigenen Lippen einen Kussmund. Ich riss die Augen auf und wich zurück, soweit sein Griff es zuließ. Trotz seiner verlockenden Art wollte ich nicht, dass er mich küsste. Ich machte mir plötzlich Sorgen, ob ich alles aushalten würde, was er mit mir vorhatte. Doch er versuchte gar nicht, mich zu küssen, stattdessen sagte er: »Fast zu schön, um sie zu knebeln.«

      Mein Mund öffnete sich und Hast ergriff meinen Atem, der sich nach nur wenigen scharfen Zügen in ein Wimmern wandelte.

      »Bitte nicht«, keuchte ich.

      Er sah mich entgeistert an, als hätte er nicht erwartet, dass ich sprechen würde.

      Einen Moment später klatschte seine Hand auf meine Brust und hinterließ einen dumpfen Schmerz. Ich keuchte und setzte einen Schritt zurück.

      »Schweig, mein Kind!«, sagte er streng, dann wurde sein Ton wieder milder. »Wir wollen doch nicht, dass deine Schreie meine Ungeduld wecken, nur deshalb werde ich dich knebeln. Es ist zu deinem Besten.«

      Ich starrte ihn an. Zu meinem Besten? Das konnte er doch unmöglich ernst meinen!

      Er riss das Haargummi von meinem gefesselten Handgelenk und zurrte meine Haare im Nacken zu einem Zopf. Meine Lippen wurden trocken und die Luft zum Atmen dünner.

      Er ging zu einem Wandschrank, der in mehrere gleichgroße Fächer geteilt war, und öffnete eine der Türen. Ich machte einen Schritt nach hinten, schon schnitt das Halsband in meine Kehle.

      Er schien bemerkt zu haben, dass ich mich von der Stelle bewegt hatte, denn ich sah ihn plötzlich an dem Schalter hantieren. Sofort zog mich das Seil an den Platz zurück und war nun so straff gespannt, dass ich keinen Schritt mehr machen konnte, ohne dass sich das Band in meinen Hals schnitt. Ich atmete hastig. Mein Magen zog sich zusammen. Ich fühlte mich so hilflos und fürchtete mich vor dem, was mir bevorstand.

      Der Franzose kam wieder auf mich zu. In den Händen hielt er metallene


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