Im Zentrum der Lust | Roman. Alissa Stone

Im Zentrum der Lust | Roman - Alissa Stone


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Miene zu verziehen, verengte er den Griff um meinen Hals. Er würgte mich. Oh mein Gott, ich drohte zu ersticken! Ich riss den Mund auf und schnappte nach Luft. Plötzlich legte sich etwas in meinen Mund. Es hielt den Kiefer geöffnet. Jeff ließ meinen Hals los, aber ich konnte den Kopf nicht mehr bewegen. Weder nach unten oder oben noch zur Seite. Er war fest mit dieser Stange verankert. Es musste der Metallbügel sein, der meinen Kopf umfasste, und ein Bolzen aus hartem Kautschuk spreizte meinen Kiefer. Obwohl ich ungehindert atmen konnte, hatte ich das Gefühl, mir blieb die Luft weg.

      Ich wollte mir das Teil aus dem Mund reißen, aber Theo hielt noch immer meine Unterarme fest. Dann sah ich Jeff das Seil aufheben, das in der Ecke lag. Er kam zu mir und fesselte meine Handgelenke. Erst dann ließ auch Theo von mir ab.

      »Höher«, sagte Jeff, der nun wieder vor mir an der Glaswand stand.

      Ich hörte ein Schraubgeräusch neben dem linken Ohr. Dann drückte sich der Knebel nach oben. So weit, dass ich auf Zehenspitzen stehen musste. Wieder war da dieses Schraubgeräusch. Jeff nickte.

      Wozu das alles? Ich konnte keinen Gedanken formen, der mir eine logische Erklärung gab, warum sie mich hier fixierten. Mit weit geöffneten Augen starrte ich die beiden an. Wie sie vor mir standen und mich zufrieden taxierten. Der starre Knebel erlaubte mir nicht mal zu schlucken. Warmer Speichel kroch mir aus dem Mundwinkel und tropfte auf meine Brüste. Ich hatte solche Angst. Tränen begannen meine Augen zu trüben und bahnten sich einen Weg über die Wange. In meinem Kopf hämmerte es, ich atmete zu schnell und mein Hals fühlte sich trocken an. Warum sagten sie mir nicht, was sie von mir wollten?

      »Kümmern wir uns um die Formalitäten«, sagte Jeff. »Wir haben noch eine viertel Stunde, dann kommt Shazar.«

      Theo nickte. Er schenkte mir einen hämischen Blick, bevor er Jeff durch die Tür neben der Treppe folgte. Als sie hinter ihnen zufiel, beherrschte Stille den Raum. Nur hin und wieder durchbrochen von einem metallischen Knirschen, sobald ich versuchte, den Kopf zu bewegen. Ich fühlte mich so hilflos. Und ich hatte Angst. Angst vor dem Ungewissen. Ich befand mich in der Gewalt von Menschen, die ich nicht kannte. Plötzlich musste ich an die Vermisstenaufrufe aus den Nachrichten denken. War ich jetzt eine von denen? Eine von denen, die niemals zurückkehrten, weil man ihre Leiche irgendwo verscharrt hatte? Ich kannte die Gesichter meiner Entführer, egal was sie mit mir vorhatten, ich konnte ihnen gefährlich werden. Sie durften mich nicht laufen lassen. Und es gab niemanden, der nach mir suchen würde. Der Kontakt zu meinen Eltern war schon lange abgebrochen, weil ich irgendwann keine Zeit mehr gefunden hatte, mich bei ihnen zu melden. Bei den wenigen Freunden, die ich im Laufe der letzten Jahre gehabt hatte, war es nicht anders. Niemand würde mich vermissen. Meine Kunden schon gar nicht. Es gab genügend Dolmetscher, die bereit waren, meinen Platz einzunehmen, so wie es auch leicht sein würde, einen Ersatz für meinen Ausfall in Marseille zu finden. Was interessierte schon Wirtschaftsbosse und Politiker oder deren Assistenten, wo ich war, wenn ich nicht ans Handy ging oder ihre E-Mails beantwortete!

      Oh mein Gott, ich befand mich in einer verdammt beschissenen Situation. Ich war meinen Entführern ausgeliefert. Warum nur hatte ich mich von meiner Geilheit leiten lassen? Ich hatte Prinzipien, ich hätte mich nur daran halten sollen und all das wäre nicht passiert.

      Noch einmal ratterten die Erinnerungen an letzte Nacht durch meinen Kopf. Der Blickkontakt mit Jeff, das Glas Martini, das er mir entgegengestreckt hatte. Nicht ich hatte ihn ausgewählt, sondern er mich. Ich war auf ihn reingefallen. Er hatte mich absichtlich angemacht. Warum sonst kannte er meinen Namen? Er kannte mich. Ich war nicht einfach ein willkürliches Opfer. Aber warum? Warum ausgerechnet ich?

      Ich verlagerte das Gewicht von einem Ballen auf den anderen, weil es inzwischen wehtat, auf Zehen zu stehen. Mit den Händen umfasste ich die Eisenstange, versuchte mich daran festzuhalten, damit ich die Füße entlasten konnte. Sie war kalt und glatt. Ich starrte auf die Aufzugtür, sah den runden Knopf daneben. Hätte es wenigstens scharfe Kanten an dieser Stange gegeben, an denen ich das Seil hätte aufscheuern können. Ich musste mich von diesem Apparat befreien, an den man mich montiert hatte. Ich wollte flüchten, ehe meine Peiniger ihr Verbrechen fortsetzen würden.

      Das Seil schnitt in die Handgelenke, während ich unentwegt daran zerrte. Mein Herz galoppierte. Immer mehr Schweißperlen sammelten sich auf meiner Stirn. Ich sah zur Tür, durch die Jeff und Theo gegangen waren. Wie lange hatte ich noch Zeit? Jeff sprach von einer viertel Stunde. Die war bald vorüber, sagte mein Zeitgefühl. Konzentrier dich!, ermahnte ich mich. Wie wild rieb ich die Handgelenke aneinander. Der Schmerz pochte unter der wund gescheuerten Haut. Doch die Fessel gab ein wenig nach. Es war ein Gefühl, als trennten mich nur noch wenige Handgriffe von der Freiheit. Ich rieb weiter, drückte immer wieder die Hände auseinander. Das Seil lockerte sich, ich konnte mein Glück kaum fassen. Ich quetschte die rechte Hand so weit zusammen, bis es mir gelang, sie aus der Fessel herauszuziehen. Schnell streifte ich das Seil von der anderen Hand und griff an den Knebel. Meine Finger zitterten und die Fußballen hatten Mühe, das Gewicht meines Körpers zu tragen. Das Eisen war starr und unnachgiebig um meinen Kopf gespannt, als hätte man mich darin eingeschweißt. Schließlich fand ich die Schraube, an der Theo gedreht hatte. Sie bewegte sich keinen Millimeter. Ich ertastet eine zweite Schraube auf der anderen Seite des Knebels. Doch für meine vom Zittern geschwächten Finger saß auch diese zu fest. Ich konnte nicht mehr klar denken, zerrte an den Schrauben, ohne darüber nachzudenken, in welche Richtung sie sich öffnen ließen. Plötzlich hörte ich ein Knarren. Ich riss die Augen auf und versuchte leiser zu atmen. Langsam öffnete sich die Tür und blieb einen Spalt weit offen. Scheiße. Da waren Stimmen. Gefolgt von Gelächter. Ein letztes Mal rüttelte ich am Knebel. Trat mit dem Fuß gegen die Eisenstange, in der Hoffnung, der Knebel würde sich lockern.

      Dann verstummten die Stimmen. Das Einzige, was ich nun hörte, war mein Atem und mein Herz, das wie verrückt pochte.

       Kapitel 3

      »Ich hoffe, du hast die Zeit genutzt, um dich zu beruhigen«, sagte Jeff, der, gefolgt von Theo, in den gläsernen Käfig trat. Die Strenge in seiner Stimme hielt mich nicht weniger gefangen wie der unbewegliche Knebel, der inzwischen schmerzhafte Verspannungen in Mund und Nacken hervorgerufen hatte.

      »Miststück!«, raunte Theo. Er sah zu dem Seil, das neben meinen Füßen lag.

      Wie konnte ich nur glauben, solange ich meine Hände hinter dem Rücken verbarg, würden sie es nicht bemerken, dass ich mich davon befreit hatte.

      »Das braucht sie ohnehin nicht mehr«, sagte Jeff und zog flache, schwarze Bänder aus seiner Hosentasche an denen etwas silbern glänzte. Theo packte meine Handgelenke und streckte sie Jeff entgegen. Es waren Manschetten, die jeweils einen kleinen Metallring trugen. Elastisch schmiegten sie sich um meine Handgelenke und fühlten sich an wie breite, enge Armbänder.

      Jeff schloss die Schnappverschlüsse und klinkte die beiden Ringe ineinander. Wieder war ich gefesselt. Meine innere Unruhe stieg, ich zitterte.

      Jeff löste den Knebel und mein Gewicht sackte auf die Füße. Ich verlor an Halt. Die Knie knickten ein und meine Fußsohlen spürte ich kaum noch, als wären sie eingeschlafen. Theo hatte scheinbar damit gerechnet und fing mich auf. Mit einem Ruck warf er mich über die Schulter. Ich war zu erschöpft, um zu protestieren.

      Wie ein erlegtes Tier ließ ich mich die Treppe nach unten tragen. Nur meine Sinne waren noch im Geschehen. Tränen lösten sich und trübten meinen Blick. Verschwommen nahm ich den schmalen Gang wahr. Der Boden war schwarz, die Wand grau. Theo schleppte mich an mehreren Türen vorbei, die ebenfalls grau waren. Der Gang war lang, oder kam es mir nur so vor?

      Endlich blieben wir stehen. Eine Tür wurde geöffnet. Das helle Zimmer dahinter setzte sich in Kontrast zum fahlen Korridor. Ein paar Schritte später befand ich mich im Licht.

      Theo setzte mich auf etwas Weichem ab. Ich kniff die Augen zusammen und befreite sie von den angesammelten Tränen.

      Ich fand mich in einem kleinen Raum wieder, mit weißen Wänden und einem langen, weißen Tisch, der an einer der kahlen Wände stand. Eine Lichtquelle, die beinahe die gesamte Decke einnahm, tauchte das fensterlose Zimmer in künstliches Tageslicht. Mehr liegend als sitzend befand ich mich auf einer weißen Liege, die ähnlich einem Gynäkologenstuhl


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