Schloss der dunklen Leidenschaft | Erotischer SM-Roman. Angelique Corse
Euch zu helfen.«
Celina zuckte zusammen. Wie um alles in der Welt hatte er davon erfahren? Caroline und sie selbst taten ihr Bestes, damit möglichst niemand davon erfuhr, und jetzt hatte die sorgsam aufgebaute Fassade einen Riss. Steckte Annes Familie dahinter? War der stille Bruch so tief? Obwohl alles in Celina sich gegen diese Möglichkeit sträubte, so war es dennoch möglich. Sie schluckte die aufsteigende Panik herunter, auf keinen Fall wollte sie Rudolf ihre Angst zeigen.
»Mit mir an Eurer Seite hättet Ihr keine Sorgen mehr, Celina«, fuhr dieser mit seiner Lobpreisung fort. »Ich habe viel Geld und gutes Ansehen. Außerdem verfüge ich über Kontakte zu einigen renommierten Nervenheilanstalten, falls Euer Vater eines Tages nicht mehr …«
Die Vorstellung, Alvin an einem solchen Ort zu sehen, schnürte Celina die Kehle zu. Gerüchte darüber, wie es dort zugehen sollte, waren ihr bereits zu Ohren gekommen. Angeblich wurden die vermeintlichen Patienten in ihrem eigenen Schmutz zurückgelassen oder grausam misshandelt. Um nichts in der Welt würde sie ihren Vater dorthin bringen lassen. Sie schwieg und versuchte vergeblich, Rudolf auf Distanz zu halten, was jedoch nur begrenzt gelang. Wie jemand dermaßen selbstherrlich sein konnte, würde sie niemals verstehen.
Geld und Ansehen sind schön und gut. Doch wenn dafür die Intelligenz nicht vorhanden ist …, dachte Celina gehässig und konnte sich ein Lächeln nicht verkneifen – was Rudolf jedoch falsch verstand.
»Meine Avancen scheinen Euch zu gefallen.« Er überwand den letzten Abstand zwischen ihnen und versuchte, nach ihren Brüsten zu greifen. »Es wird mir eine Freude sein, mit Euch das Bett zu teilen. Morgen früh können wir dann heiraten.«
Seine Lippen kamen immer näher und Celina reagierte blitzschnell.
»Lass mich sofort los, du widerliches Schwein!«, rief sie so laut, dass alle Köpfe sich geschlossen nach Rudolf und ihr umwandten und die Szene in einer Mischung aus Fassungslosigkeit, Bestätigung und Amüsiertheit betrachteten.
Celina presste die Lippen zusammen und zwang sich, jeden Gedanken an Schicklichkeit oder Benehmen zu verdrängen. Jetzt zählte nur noch eins: Sie musste hier raus.
»Was fällt dir ein, du liederliches Frauenzimmer?« Rudolfs Gesicht war rot angelaufen und seine Augen quollen wie kleine Punkte daraus hervor. Fast ähnelte er einem Laubfrosch.
Als seine Hände erneut in Celinas Richtung griffen, holte diese aus und versetzte ihm eine schallende Ohrfeige, deren Echo von den Wänden widerhallte. Aufgeregtes Getuschel und erbostes Geschrei waren die Folge, doch Celina kümmerte sich nicht darum. Sie machte auf dem Absatz kehrt und rannte nach draußen. Hoffentlich folgte ihr niemand.
Es verging eine gefühlte Ewigkeit, ehe Celina es wagte, nach Luft zu schnappen. Nur langsam kehrte die Orientierung zurück und erlaubte ihr, sich langsam umzudrehen. Das fahle Mondlicht bildete die einzige Lichtquelle, was Celina erleichtert aufseufzen ließ. So konnte sie weniger gesehen werden.
Vorsichtig studierte sie die verschwommenen Konturen der riesigen Bäume. Konnte sie es wagen, einige Minuten auszuruhen? Dieser hauseigene Garten war offensichtlich recht groß und im Dunkeln nur schlecht überschaubar. Auch würde niemand sich die Mühe machen, mit Fackeln nach ihr zu suchen, bloß weil sie Rudolf in seiner Ehre gekränkt hatte. Trotz der ernsten Situation musste sie lachen. Es geschah diesem Casanova recht, schließlich hatte er ihre Weigerung nicht akzeptieren wollen.
Erschöpft ließ Celina sich gegen den breiten Stamm eines Ahornbaumes sinken. Ihr aufgeregter Herzschlag normalisierte sich allmählich und die Atmung kam zur Ruhe. Leider klebte der Stoff ihres Kleides erneut an ihrer Haut, zum zweiten Mal an diesem Abend.
Der erste Grund war sehr viel schöner, dachte Celina sarkastisch und versuchte, sich mit der Hand Luft zuzufächeln.
Für den Bruchteil einer Sekunde erinnerte sie sich an ihren Tagtraum. Jener war schön, erfüllend und ohne Bedenken gewesen. Kein Vergleich zu Rudolfs Prahlerei und seinem Tun. Innerlich schalt Celina sich eine Närrin. Dieser Fremde war nicht mehr als ein Trugbild. Und selbst wenn er tatsächlich existierte – woher sollte sie wissen, ob er ihr helfen würde?
Verärgert schlug Celina gegen den Baumstamm, spürte, wie die harte Rinde ihre Fingerknöchel aufscheuerte. Sie durfte jenem Hirngespinst nicht zu viel Raum geben. Aber leider gab es auch einen winzigen Funken Hoffnung, welcher sich nicht ersticken ließ.
»Überraschung!« Rudolfs zornig-aggressive Stimme riss Celina aus ihren Grübeleien.
Wie ein junges Reh sprang sie auf. Ihre Gedanken überschlugen sich, doch für eine Flucht war es zu spät. Mit unerwarteter Schnelligkeit packte Rudolf sie am Handgelenk und zog sie in seine Arme. Celina verzog das Gesicht, sein deutlich alkoholisierter Atem sorgte dafür, dass ihr übel wurde. Trotzdem wand Celina sich wie ein Aal, versuchte Rudolf zu kratzen oder zu beißen, jedoch nur mit mäßigem Erfolg. Seine fehlende Intelligenz schien er mit Körperkraft auszugleichen.
»Lasst mich sofort los!«, keifte sie. »Ich will nicht.«
Rudolf lachte in einer Art und Weise, die Celina an seinem Verstand zweifeln ließ.
»Aber meine Liebe, was habt Ihr denn?« Sein schleimiges, siegessicheres Lächeln jagte ihr einen Schauer über den Rücken. »Ich habe lediglich vor, unser kleines Stelldichein weiterzuführen. Der Schlag tat übrigens weh.« Celina biss sich auf die Zunge, um nicht laut loszulachen.
Man muss eben lernen, dass Frauen keinesfalls wehrlose Geschöpfe sind.
»Wir hatten kein Stelldichein, Rudolf, und das wisst Ihr auch. Und selbst wenn, so wäre mein Interesse an Euch erloschen, da Ihr meinen Willen nicht respektiert.« In Celinas Stimme lag eine deutliche Warnung, die ihr Gegenüber jedoch geflissentlich ignorierte.
Trotz deutlicher Gegenwehr umfasste er ihren nach oben gedrückten Busen und massierte ihn fordernd. Zu Celinas Verdruss reagierte ihr Körper sofort auf die ungefragte Berührung und winzige Flammen schossen durch ihre Venen. Aber anders als bei ihrem Traumbild verlor Celina sich nicht im Taumel der Lust, sondern war nach zwei Augenblicken wieder Herrin ihrer Sinne.
Sie fauchte wie eine wütende Katze und stieß Rudolf das Knie zwischen die Beine, noch bevor dieser wusste, wie ihm geschah. Er heulte zornig und schmerzerfüllt auf, bevor er ins Gras sank.
»Dreckige Schlampe.« Normalerweise hätten seine Worte Celina Angst gemacht. Doch sie wollte sich nur losreißen, um so schnell wie möglich zu verschwinden.
Leider war Rudolfs Griff trotz seiner offensichtlichen Pein noch recht fest. »Du entkommst mir nicht.«
Erneute Panik erfasste Celina und sie attackierte verbissen sein Gesicht. Hautfetzen und Blut klebten unter ihren Fingernägeln und das Geräusch reißenden Stoffes ließ sie einen Moment regungslos verharren. Dann aber nahm Celina ihre Beine in die Hand und rannte, ohne einmal zurückzuschauen, davon.
Das kalte Licht der Sterne schien sie in einem Augenblick zu beschützen, um danach wieder spöttisch zu lächeln. Ebenso verhielt es sich mit ihrer Angst, die, trotz großer Erleichterung, immer wieder herausbrach. Rudolf würde nicht aufgeben, so viel stand fest, obwohl er mit seiner Verletzung zweifelsohne eine Weile zu kämpfen hätte.
Wie genau sie nach Hause gekommen war, wusste Celina später nicht mehr. Ihre Füße schienen schwer wie Blei, als sie langsam die Treppe hinaufstieg und die Zimmertür hinter sich schloss. Wie hypnotisiert streifte Celina das kaputte Kleid ab. In den nächsten Tagen würde sie es waschen und den Schaden so gut wie möglich beheben, obwohl alles in ihr danach schrie, es ins Feuer zu werfen. Vorsichtig streichelte Celina ihren entblößten, fast weißen Oberkörper. Bis auf einige leichte Blessuren an Brüsten und Handgelenken hatte sie wohl keine ernsthaften Verletzungen davongetragen. Dafür tobte ein Aufruhr in ihrem Innern, wie sie es nie zuvor erlebt hatte. Heute Nacht hatte die Welt sich unwiderruflich verändert, tiefe Risse bedeckten die Oberfläche.
Entsetzt schlug Celina sich die Hand vor den Mund. Ihre zuvor durch den Schock unterdrückten Gefühle brachen wie ein Wirbelsturm über sie herein. Was hatte sie getan? Dieser schmierige Rudolf hatte sie in seiner Vorstellung, sich ihrer gewiss sein zu können, beinahe