Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman. Toni Waidacher

Der Bergpfarrer Paket 1 – Heimatroman - Toni Waidacher


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Keunhofer wohnte in einer kleinen Gasse, gleich neben dem Hotel zum Löwen.

      Sie war Mitte fünfzig und immer noch unverheiratet, obwohl sie die Hoffnung nicht aufgab, eines Tages den Mann fürs Leben zu finden. Allerdings standen ihre Chancen nicht besonders gut. Auch wenn sie keine Gelegenheit ausließ, sei es auf der Kirmes oder dem Tanzabend im Löwen, sich umzuschauen – so recht anbeißen wollte niemand…

      Dafür tröstete sie sich damit, zusammen mit Maria Erbling den neuesten Tratsch und Klatsch zu verbreiten. Wenn also jemand in Erfahrung bringen konnte, was da beim alten Jagdschloß Hubertusbrunn vor sich ging, dann eben Theresa Keunhofer.

      *

      Sebastian Trenker saß im Pfarrbüro und arbeitete etliches auf, das in den letzten Tagen liegen geblieben war. Besonders die Eintragungen ins Kirchenbuch mußten gemacht werden. Taufen, Hochzeiten, aber auch Beerdigungen wurden darin dokumentiert und für die Nachwelt festgehalten.

      Der Geistliche lehnte sich einen Moment in seinem Sessel zurück. Dabei fiel sein Blick auf ein Ölbild, das seit kurzem an der Wand gegenüber hing. Es zeigte das herrliche Panorama der beiden Gipfel, Himmelsspitz und Wintermaid, die der bekannte Kunstmaler Robert Demant auf Leinwand festgehalten hatte. Das Bild war ein Geschenk des Malers an den Seelsorger von St. Johann.

      Ach, wie wäre es herrlich, wieder einmal so richtig in den Bergen herumzusteigen und zu klettern, dachte Sebastian.

      Er war ein leidenschaftlicher Wanderer und Kletterer – sein Spitzname ›Bergpfarrer‹, kam nicht von ungefähr. Wenn er droben unterwegs war, blühte er so richtig auf, und wenn ihm jemand begegnete, der ihn nicht kannte, würde er ihn unmöglich für einen Geistlichen gehalten haben. Denn Sebastian Trenker schaute überhaupt nicht so aus, wie es der landläufigen Vorstellung der Leute von einem Pfarrer entsprach. Im Gegenteil – da hätte man ihn schon eher für einen Sportler oder Filmstar halten können, und nicht selten taten dies die Menschen auch.

      Ja, es wäre schön – aber ein paar Tage würde er sich wohl noch gedulden müssen. Erst kam die Arbeit, und dann das Vergnügen. Neben seinen seelsorgerischen Besuchen in verschiedenen Altenheimen und Waisenhäusern, kam als eine weitere Verpflichtung sein Engagement in der Jugendarbeit hinzu. Nicht nur, daß Sebastian junge Menschen unterrichtete, er unternahm mit ihnen auch Ferienfahrten, oder betreute sie während besonderer Veranstaltungen. Nicht immer hatten Jugendliche das Glück, einen Mann an ihrer Seite zu wissen, der sich so für ihre Belange einsetzte, wie es Pfarrer Trenker tat. Schon lange kämpfte Sebastian für ein Jugendzentrum, das er gerne in St. Johann oder in der Nähe einrichten würde. Doch leider fehlten nicht nur die finanziellen Mittel – es stand auch gar kein geeignetes Objekt für solch ein Zentrum zur Verfügung. Ideen hatte der Geistliche genug, schon ein altes Bauernhaus konnte ausreichend sein, wenn es wieder hergerichtet wurde.

      Aber woher nehmen…?

      Sebastian wollte sich gerade wieder seinen Eintragungen in das Kirchenbuch zuwenden, als es an der Tür klopfte. Es war Max, der eintrat.

      Und er hatte eine Neuigkeit, die wie eine Bombe einschlug!

      *

      »Komm’, laß uns ein Stückerl gehen«, schlug Markus Anstetter vor.

      Wie schon gestern, so hatte er auch heute wieder mit Hand angelegt und geholfen, die Milchkannen nach vorne an die Straße zu bringen. Jetzt legte er seinen Arm um Michaela und zog sie mit sich.

      Das Madel schaute ein wenig scheu zum Bauernhaus zurück, aber dort war niemand zu sehen. Die Mutter war wohl noch in der Küche beschäftigt, die beiden Knechte hatten sich in ihre Kammern zurückgezogen, und Josef Anstetter saß, wie immer um diese Zeit, in der Wohnstube und las die Zeitung, wozu er nie vor dem Abend kam. Markus bemerkte den Blick seiner ›Verlobten‹.»Was schaust’ denn?« fragte er lachend. »Meinst’, daß uns niemand sehen darf?«

      Michaela wurde ein wenig verlegen.

      »Ich möcht’ net, daß uns jemand so sieht, bevor es offiziell ist«, antwortete sie und entzog sich gleichzeitig seinem Griff.

      »Geh’, Madel, solche einen Unsinn will ich net wieder hören«, ermahnte er sie. »Von mir aus kann jeder wissen, wie es um uns steht. Auch wenn wir’s noch keinem gesagt haben – du bist meine Braut, und ich mach’ da kein Geheimnis draus.«

      Sie hatten sich ein Stück weit vom Hof entfernt und schlugen die Richtung zum Höllenbruch ein, wo sie früher so oft gespielt hatten.

      »Es ist doch nur wegen deinem Vater«, wandte Michaela ein. »Ich glaub’, er wird’s net dulden, das mit dir und mir.«

      »Aber, wie kommst’ denn darauf?«

      Markus zog sie wieder an sich und gab ihr einen sanften Kuß.

      »Ich hab’ seine Blicke gesehen, als der Pfarrer da war.«

      Sie blieb stehen und schaute ihn an.

      »Markus, ich hab’ Angst, daß dein Vater uns wieder auseinander bringen wird…«

      »Also Madel, die Sorge ist unbegründet. Mein Vater kennt dich seit mehr als zwanzig Jahren. Er weiß, was du kannst und wer du bist. Warum sollte er dagegen sein, daß wir heiraten? Eine bessere Schwiegertochter kann er sich doch gar nicht wünschen!«

      Michaela seufzte. So ähnlich hatte es ihre Mutter auch schon gesagt. Wenn sie ihr und Markus doch nur glauben könnte!

      Der junge Bauer drückte sie ganz fest an sich.

      »Glaub’ mir, egal was mein Vater auch immer sagt, ich liebe dich und ich werd’ dich heiraten. So wahr ich Markus Anstetter heiß’!«

      Michaela lächelte still, als sie dies hörte.

      Sie wanderten Arm in Arm zum Höllenbruch hinauf und schwelgten dabei in Erinnerungen.

      »Eines Tag’s, da werden wir mit uns’ren Kindern hier heraufkommen und ihnen erzählen, was wir in ihrem Alter alles so angestellt haben«, meinte Markus.«

      »Besser net«, wehrte Michaela ab. »Die sollen net solche Dummheiten machen, wie wir damals.«

      Sie sah ihn liebevoll an.

      »Aber, ich freu’ mich jetzt darauf, mit ›euch‹ herzukommen.«

      *

      »Bist’ dir wirklich sicher?« fragte Pfarrer Trenker ungläubig. Sein Bruder schaute ihn beinahe gekränkt an.

      »Wenn ich’s dir doch sag’«, erwiderte er.

      Sebastian erhob sich und stellte sich ans Fenster. Nachdenklich sah er hinaus. Die Nachricht, die Max ihm eben gebracht hatte, war wirklich eine Sensation!

      »Also noch einmal von vorne«, begann der Polizist zu erzählen. »Irgendwie hat der Bruckner-Markus herausgefunden, daß das alte Jagdschloß Hubertusbrunn an das Land fällt, wenn sich bis zum dreißigsten des nächsten Monats niemand meldet und darauf Anspruch erhebt. Durch einen Zufall hat der Brandhuber-Loisl unseren Herrn Bürgermeister mit zwei anderen, vornehm gekleideten Herren, droben beim Schloß gesehen und diese Beobachtung unserer Tratschtante, der Maria Erbling, mitgeteilt.«

      Sebastian drehte sich um und nickte stumm. Maria Erbling war auf dem schnellsten Wege zu ihrer Freundin, Theresa Keunhofer, gerannt, der es tatsächlich gelungen war, aus ihrem Patenkind herauszubekommen, was da am Jagdschloß vor sich ging.

      »Soso, ein Spielcasino also«, meinte der Geistliche, nachdem er diese Neuigkeit erst einmal verdaut hatte.

      Er machte ein grimmiges Gesicht.

      »Wandelt unser Bürgermeister wieder einmal auf hochtrabenden Pfaden, was? Wahrscheinlich möchte der Bruckner-Markus wieder einmal das Tourismusgeschäft ankurbeln.«

      Er setzte sich wieder.

      »Keine schlechte Idee, wie ich zugeben muß. Solch ein Casino bringt natürlich eine Menge Geld in die Staatskasse. Allerdings wüßt’ ich etwas besseres mit Hubertusbrunn anzufangen. Vorausgesetzt, es gibt niemanden, der Anspruch darauf erhebt.«


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