Bettina Fahrenbach Classic 5 – Liebesroman. Michaela Dornberg
Bettina, und jetzt bist du dran, jetzt suchen wir die Sachen für dich aus«, sagte Linde, nachdem für sie alles abgesprochen war.
Aber davon wollte Bettina nichts wissen.
»Nein, Linde, das heute ist dein Tag. Ich kann ein andermal herkommen und für mich aussuchen.«
»Bist du dir sicher?«
»Absolut.«
»Na super, dann gehen wir jetzt Kaffee trinken, und vielleicht esse ich ja auch…«
Sie brach ihren Satz ab.
»Kaffee reicht, bis zur Hochzeit sollte ich mir wohl all die kleinen zusätzlichen Sünden verkneifen, sonst passe ich nicht in meine Sachen.«
»Wir haben hervorragende Änderungsschneiderinnen in unserem Atelier, es gäbe dann immer noch die Möglichkeit, einige Nähte auszulassen«, wandte die Verkäuferin ein.
Darauf wollte Linde es aber doch nicht ankommen lassen.
»Besser nicht. Ich danke Ihnen für Ihre freundliche, kompetente Beratung. Wenn Sie die kleinen Änderungen und das Kämmchen fertig haben, können Sie mich anrufen, dann hole ich die Sachen ab.«
»Selbstverständlich, ich danke Ihnen für Ihren Einkauf. Es hat sehr viel Spaß mit Ihnen gemacht.«
Sie verabschiedeten sich.
Als sie draußen waren, mußte Linde sich noch einmal vergewissern: »Und du bist dir ganz sicher, daß ich alles richtig gemacht habe, Bettina? Vielleicht hätte ich ja doch das Kleid nehmen sollen, das du zuerst herausgesucht hast, und für das Standesamt, vielleicht wäre das schlichte, dunkelblaue Kostüm besser gewesen.«
»Linde, so wie wir es ausgesucht haben, ist es absolut richtig. Besser könnte es überhaupt nicht sein. Vertraue mir einfach und mach dich nicht verrückt.«
Linde seufzte.
»Ich vertraue dir. Schließlich bist du meine Freundin, und danke, Bettina, daß du dir die Zeit genommen hast, mit mir auszusuchen. Allein wäre ich vollkommen überfordert gewesen. Ich kann dir einen kompletten Menüplan für die ganze Woche aus dem Ärmel schütteln, aber wenn ich für mich Bekleidung einkaufen soll, überfordert mich das. Und dann noch die Hochzeitskleidung.«
»Linde, wir haben es mit Bravour gemeistert. Und den Kaffee haben wir uns verdient. Ich sehe dort drüben ein Café, das ganz ansprechend aussieht.«
»Um die Ecke ist ein Besseres, dort haben sie außerdem die besten Nußecken, die man im weiten Umkreis kriegen kann. Und Linie hin und her, ich brauche jetzt so eine Nußecke, oder vielleicht sogar zwei, für meine Nerven.«
»Konsequent bist du ja nicht. Erinnerst du dich, was du in dem Laden gesagt hast?«
Linde winkte ab.
»Schon der alte Adenauer soll gesagt haben, was interessieren mich meine Worte von gestern. Im übrigen hast du ja gehört, daß es überhaupt kein Problem ist, Änderungen vorzunehmen«, sie zwinkerte ihrer Freundin zu. »Und was ist mit dir, auch eine Nußecke?«
»Vielleicht…«
»Warum du zögerst, kann ich nicht verstehen, du kannst dir doch Süßkram kiloweise reinschaufeln, ohne auf die Linie achten zu müssen, du Glückliche.«
»Ja, ich weiß, meine Liebe. Aber ihr Alle vergeßt immer, daß ich etwas Herzhaftes bevorzuge.«
Als sie Lindes enttäuschten Blick bemerkte, lenkte Bettina rasch ein: »Wenn diese Nußecken wirklich so grandios schmecken, dann kann ich ja wenigstens eine davon versuchen.«
»Du wirst es nicht bereuen«, prophezeite Linde und zog ihre Freundin mit sich fort.
*
Als Bettina auf den Fahrenbach-Hof kam, stürzten ihr die Hunde entgegen, als sei sie jahrelang weggewesen und nicht nur einen Vormittag.
»Hallo, Lady, meine Süße, Hektor, mein Guter«, rief sie und kraulte die beiden Hunde, die freudig bellend an ihr hochsprangen. »Ist ja schon gut. Ich weiß, daß ihr euch freut, aber ich weiß auch, was ihr möchtet, ihr zwei Schlawiner.«
Die Hunde ließen sofort von ihr ab, als sie sahen, das Bettina von der Fensterbank eine Dose herunterholte.
Erwartungsvoll sahen die beiden Hunde sie an.
»So, für jeden von euch drei Leckerli, und dann ist Schluß.«
Bettina hatte es sich angewöhnt, die Leckerli an allen möglichen Stellen parat zu haben, eine Unsitte, die sie schon so manches Mal bereut hatte. Aber jetzt erwarteten Lady und Hektor das von ihr.
Als die merkten, daß es keine weitere Ration geben würde, tummelten sie sich.
Leni kam über den Hof gelaufen.
»Und? Habt Ihr etwas Passendes gefunden?« erkundigte sie sich neugierig.
Bettina beschrieb ihr die Kleider, die sie für Linde erstanden hatten.
»Und was hast du für dich gekauft?« wollte Leni wissen.
»Noch nichts. Ich hatte es zwar ursprünglich vor, aber irgendwie hätte es das Einkaufserlebnis von Linde abgewertet. Sie ist doch die Braut, und es sollte dann auch ihr Tag sein. Ich fahre irgendwann in die Stadt. Vielleicht können wir zwei es ja zusammen tun. Du willst dir für die Hochzeit doch auch noch ein neues Kleid kaufen.«
»Ja, eigentlich hatte ich daran gedacht. Aber andererseits kann ich doch auch gut mein dunkelblaues Seidenkleid anziehen, findest du nicht?«
Bettina umfaßte die rundliche Haushälterin.
»Liebste Leni, dein dunkelblaues Seidenkleid in allen Ehren. Aber findest du nicht, daß die Fahrenbacher an dir mal was Neues sehen sollten? In diesem Kleid kennen sie dich alle schon, und das seit Jahren.«
»Wann brauche ich schon was so Feines.«
»Es gibt immer Gelegenheiten. Keine Ausflüchte mehr, wir zwei werden zusammen einkaufen gehen, und laß mich dir dieses Kleid schenken.«
»Es ist nicht wegen des Geldes.«
»Das weiß ich, aber ich möchte dir das Kleid wirklich gern kaufen. Du tust soviel für mich, das ist mit Geld überhaupt nicht zu bezahlen.«
»Steck dein Geld lieber in den Umbau des Gesindehauses, damit die Appartements endlich fertig werden.«
»Das werden sie auch so. Hast du vergessen, daß ich inzwischen das Geld für den Verkauf der Eigentumswohnung auf meinem Konto habe?«
»Na, soviel ist das nun auch wieder nicht.«
Da hatte Leni durchaus recht. Der erzielte Preis war ein sehr viel geringerer gewesen, und auch wenn sie das Geld dazurechnete, was sie für die gleich mit verkaufte Einrichtung erhalten hatte, war das, abzüglich der auch noch darauf lastenden Hypothek wirklich nicht soviel gewesen. Aber es war ein Anfang. Und Bettina war optimistisch, daß der Verkauf der Spirituosen von Brodersen und Horlitz gut anlaufen und bald entsprechende Resultate bringen würde. Das waren ja wirklich Zusatzeinnahmen, mit denen sie nicht gerechnet hatte. Wenn ihr Bruder nicht diese Lieferanten aus dem Programm des Weinkontors genommen hätte, wäre diese Chance für sie nicht dagewesen.
»Leni, es reicht, um dir ein Kleid zu kaufen und dich hinterher zum Essen einzuladen. Und jetzt keine Widerrede. War was los, während ich weg war?«
»Ja, dein Bruder hat angerufen.«
»Frieder?« rief Bettina ganz aufgeregt, denn das würde bedeuten, daß er sich besonnen hatte und daß der Familienfrieden ihm wichtiger war als Profit, den er mit ihren Grundstücken machen wollte.
Leni schüttelte den Kopf.
»Nein, es war Jörg.«
Den würde sie gleich zurückrufen, wenn Jörg schon wieder versuchte sie zu erreichen, mußte etwas vorgefallen sein, oder ihre Schwägerin Doris hatte ihm, trotz ihrer Zusage, nichts von ihrem Anruf gesagt und ihm auch nicht ausgerichtet,