Bettina Fahrenbach Classic 5 – Liebesroman. Michaela Dornberg
Guten für sie.
Und wenn dann auch noch Thomas hier sein würde, wäre sie wirklich die glücklichste Frau auf der Welt.
Sie summte vergnügt vor sich hin, als sie die zweihundert Meter zur Destille lief, die endlich auch ihre Bestimmung gefunden hatte, wenn auch nicht im eigentlichen Sinne, denn die Rezeptur für das Fahrenbach-Kräutergold war ja leider, leider verschwunden.
*
Neben dem üblichen Alltagstrott drehte sich in den nächsten Tagen eigentlich alles um den bevorstehenden Besuch von Holger und den Kindern. Insbesondere Leni war wegen der kleinen Merit völlig aus dem Häuschen. Sie kaufte eine neue Puppe für sie, nähte wie besessen kleine Kleidchen. Das ging so weit, daß sie sich, entgegen ihrer sonstigen Gewohnheit, kaum Zeit nahm für die Zubereitung des Essens und nur das kochte, was schnellging.
Toni freute sich auf Niels. Aber die beiden waren ja auch gute Kumpel gewesen, und Toni war es gelungen, Niels aus seinem Gelangweiltsein herauszureißen.
Arno freute sich wohl auf beide Kinder. Er war kein Mann großer Worte.
Und Bettina freute sich auch. Sie mochte die Kinder ihrer Schwester gern, und sie brachten Leben auf den Hof.
Bettina freute sich auch, ihren Schwager Holger zu sehen, wenngleich ihr vor dem Zusammentreffen mit ihm auch ein wenig bang war, weil sie fürchtete, über ihre Schwester Grit nichts Gutes zu erfahren. Aber das schob sie erst einmal beiseite.
Wegen zweier großer Staus kamen die Drei am Freitag erst gegen Abend an. Holger war ziemlich genervt, und er sah sehr schlecht aus. Seit ihrem letzten Zusammentreffen hatte er auch ziemlich abgenommen.
Die Kinder begrüßten Bettina nur flüchtig, dann liefen sie zuerst kreischend auf Hektor zu, und dann gab es natürlich das große Staunen über Lady, die sich die offensichtliche Aufmerksamkeit sehr gefallen ließ.
Niels stürzte sich auf Toni.
»Ich hab mir diesmal Arbeitssachen mitgebracht«, rief er, »Papa hat mir eine billige Jeans gekauft. Und dann habe ich auch so ein kariertes Hemd, wie du es immer anhast. Die Sachen kann ich wenigstens schmutzig machen, und Mama kriegt nicht gleich einen Anfall, wenn etwas kaputt ist. Hast du wieder Arbeit für mich?«
Merit flog in Lenis ausgebreitete Arme, die sie zu sich hochhob und mit Tränen in den Augen herzte und küßte, was Merit hingebungsvoll erwiderte.
Bettina war ein wenig irritiert.
Warum hatte Leni Tränen in den Augen?
Sicherlich war es schön, die Kinder zu sehen. Aber eine solche Ergriffenheit? Eigentlich zeigte Leni ihre Gefühle doch sonst gar nicht so offensichtlich.
Bettina wandte sich ihrem Schwager zu.
»Wir zwei scheinen hier im Augenblick überflüssig zu sein, selbst die Hunde finden es da drüben interessanter. Komm, ich helfe dir, das Auto zu entladen. Und dann zeige ich dir eure Zimmer. Die Kinder habe ich wieder da untergebracht, wo sie das letzte Mal auch geschlafen habe. Das hat ihnen ja gefallen, und für dich habe ich ein Zimmer ganz am Ende des Flurs fertig machen lassen. Vielleicht hast du ja Lust, dich hier mal auszuschlafen, und dort hinten ist es sehr ruhig.«
»Danke, Bettina, aber das Gepäck bringe ich schon selbst hinauf.«
Davon wollte Bettina nichts wissen.
»Lieber Schwager, das kommt überhaupt nicht infrage. Ich bin nicht aus Zucker, wenn wir beide etwas tragen, dann müssen wir nur einmal gehen… Aber sag mal, kann ich dir vorher vielleicht etwas zu trinken anbieten? Das Gepäck läuft uns ja nicht davon.«
»Ja, das ist eine gute Idee, Bettina. Und wenn du hast, dann würde ich jetzt sogar gern ein gut gekühltes Bier trinken.«
»Hab ich, Holger«, lachte Bettina. »Setz dich hier auf die Bank, das ist einer meiner Lieblingsplätze, und ich hole dir das Bier.«
»Super, danke Bettina.«
Holger setzte sich auf die Bank, und Bettina ging dann hinein ins Haus.
Holger sah schlecht und niedergeschlagen aus, und daß das mit ihrer Schwester Grit zusammenhing, das zu wissen, dazu mußte man kein Hellseher sein.
Bettina beschloß, alles zu tun, ihren Schwager etwas aufzuheitern und die Kinder von ihm fernzuhalten, damit er sich wirklich ausruhen konnte. Aber die Kinder waren wohl auch gar nicht das Problem, die hatten ja sofort bei der Ankunft klar und unmißverständlich zum Ausdruck gebracht, mit wem sie ihre Zeit überwiegend verbringen würden.
Bettina holte für Holger das Bier aus dem Kühlschrank, wollte eigentlich für sich ein Mineralwasser mitnehmen, dann aber änderte sie ihre Meinung und nahm eine zweite Flasche Bier heraus.
Sie war eigentlich keine Biertrinkerin, aber in Gesellschaft oder wenn sie so richtig durstig war, dann schmeckte es ihr.
Als sie nach draußen kam, bemerkte sie, daß Holger die Augen geschlossen hatte. Schon wollte sie sich vorsichtig zurückziehen, um ihn nicht zu stören, als er sich ihr zuwandte.
»Ich schlafe nicht, Bettina«, sagte er. »Ich genieße hier nur diesen unglaublichen Frieden. Es ist ja so wunderschön hier, so friedvoll. Man kommt sich vor, wie im Paradies, ich hatte den Hof ganz anders in Erinnerung.«
»Es ist lange her, Holger, und du warst mit Grit ja auch nur einmal hier. Da kann man sich kein Urteil bilden. Aber es freut mich, daß es dir so gefällt. Ich bin auch sehr, sehr glücklich hier und kann es manches Mal noch gar nicht fassen, daß Papa mir Fahrenbach vererbt hat.«
Holger schaute seine Schwägerin nachdenklich an.
»Wem denn sonst, Bettina, wem hätte er von deinen Geschwistern Fahrenbach vererben sollen?«
»Ich war ja auch viele Jahre nicht hier, wenngleich aus anderen Gründen, denn geliebt habe ich Fahrenbach immer. Als ich von meinem Erbe erfuhr, war ich mir zunächst auch nicht sicher, was ich mit dem Hof und dem dazugehörigem Besitz machen sollte. Aber als ich dann hier ankam, war es mir sofort klar, daß ich hierher gehöre. Ich möchte hier niemals mehr weg, und ich werde alles, aber auch alles tun, um das Erbe, das seit fünf Generationen der Familie gehört, auch der Familie erhalten bleibt.«
»Siehst du, Bettina, und das hat dein Vater gewußt, und deswegen hat er dir alles vererbt. Deine Geschwister hätten sofort alles verkauft. Wenn du siehst…«
Er kam nicht dazu, seinen Satz zu beenden. Merit und Niels kamen über den Hof gelaufen.
»Papa, ich möchte gern bei Leni und Arno schlafen«, schrie Merit.
»Und der Toni hat gesagt, daß es ihm nichts ausmacht, daß ich bei ihm wohne. Er freut sich, und die Hunde freuen sich auch.«
»Bei dir darf nur der Hektor schlafen. Die Lady schläft bei Leni im Haus. Sie ist ein Mädchen wie ich, und Mädchen müssen bei Mädchen bleiben.«
»Du spinnst ja, die Hunde müssen zusammenbleiben.«
»Kinder, streitet euch nicht«, mahnte Holger.
Bettina stellte das Bier auf einen kleinen Tisch, den sie mittlerweile neben der Bank aufgestellt hatte.
»Was für ein Glück, daß wir das Gepäck noch nicht nach oben geschafft haben, Holger«, lachte sie. Dann wandte sie sich den Kindern zu.
»Also, wenn Leni, Arno und Toni das so wollen. Dann bin ich auf jeden Fall einverstanden, und ich denke, euer Vater wird es auch sein.«
Merit fiel ihrem Vater in die Arme.
»Bitte sag ja, Papa, bitte.«
»Natürlich bin ich einverstanden, meine Kleine«, sagte Holger, »du kannst mich ja sowieso um den Finger wickeln.«
Nachdem die kleine Merit sich hinreichend bei ihrem Vater bedankt hatte, wandte sie sich an ihre Tante.
»Du mußt jetzt nicht böse sein, Tante Bettina, weil du mir jetzt in deinem Bett keine Geschichten erzählen kannst. Wenn ich das nächste Mal komme, schlafe ich