Bettina Fahrenbach Classic 6 – Liebesroman. Michaela Dornberg
sich, was ich Ihnen gesagt habe.«
Das versprach Bettina und lenkte das Gespräch auf ganz allgemeine Themen.
Inzwischen hatten sie auch die Hauptverkehrsstraßen hinter sich gelassen.
Diesen jetzt kommenden Teil der Strecke mochte Bettina, diese schnurgerade, von Nussbäumen gesäumte Straße, die wie stramme Soldaten in Reih und Glied standen.
Das Chateau lag inmitten der Weinberge, die sich teils hügelig, teils in sanften Wellen in die Landschaft schmiegten, und so führte ein Abzweig der Alleestraße auch durch die Rebenfelder, bis er in eine Zypressenauffahrt mündete.
Die Zufahrt endete direkt vor einer reichverzierten, in eine Mauer eingelassene Toreinfahrt, die das gesamte Anwesen großräumig umschloß.
Die Mauer war überwuchert von Moos, Efeu und wilden Rosen, denen ein betäubender Geruch entströmte und bei deren Anblick man sich in eine längst zurückliegende Zeit versetzt fühlte.
Durch den hinter der Mauer liegenden Park führte ein breiter, kiesbestreuter Weg zu einem vor dem Chateau liegenden großen, fast quadratischen Platz, in dessen Mitte munter ein Springbrunnen sprudelte.
Dahinter lag in seiner Behäbigkeit das Chateau.
Es war ein dreiflügeliger Bau, mit einem großen Mittelteil und zwei Seitenflügeln.
Das Haus war aus Steinen der Gegend gebaut, die im Laufe der Jahrzehnte verwittert waren und einen warmen, sanften graubeigen Ton angenommen hatten.
Die vielen schmalen, hohen Fenster nahmen dem Haus die Strenge und gaben ihm eine gewisse Leichtigkeit, etwas, was sich im oberen Geschoss noch verstärkte. Die rundbogenförmigen, bis auf den Boden reichenden Fenster waren doppelflügelig und in Granit eingefasst. Sie wurden begrenzt durch reichverzierte Eisenbrüstungen, in die wunderschöne Ornamente eingearbeitet waren.
Die ebenfalls doppelflügelige Eingangstür aus dunkelbraunem Eichenholz war mit alten, wunderschönen Beschlägen versehen. Man erreichte den Eingang über vier breite Steinstufen, auf denen das Alter seine Spuren hinterlassen hatte, was aber auch den besonderen Charme ausmachte. Links und rechts der Stufen standen, in sehr schönen alten Terracottatöpfen, zwei sorgsam zurechtgestutzte Buchsbäume.
Das Haus hatte einen ungeheuren Charme.
Dass es so schön war, hatte Bettina vollkommen vergessen oder es war ihr früher niemals bewusst geworden.
Marcel brachte ihre Tasche ins Haus, verabschiedete sich dann von ihr.
Bettina war allein in der großen, fast saalähnlichen Diele. Hier war überhaupt nichts verändert worden.
Es gab die wenigen behäbigen Möbel, die Ölgemälde, die längst schon altersdunkel geworden waren.
Aus dem linken Seitenflügel, in dem die Wirtschaftsräume untergebracht waren, drangen Geräusche zu ihr heraus, vermutlich aus der Küche, was Bettina daran erinnerte, dass sie seit dem Morgen nichts zu sich genommen hatte.
Im rechten Seitenflügel wohnte normalerweise der Hausherr. Diese Räume hatte ihr Vater genutzt, und Bettina vermutete, dass sie jetzt von Jörg und Doris bewohnt wurden.
Im Mitteltrakt waren Bibliothek, Esszimmer, Frühstücksraum und die Wohnräume untergebracht, die auf eine breite steinerne Terrasse hinausgingen.
Zwei geschwungene, dunkelbraune Eichenholztreppen führten hinauf zur oberen Etage, in der mehrere Gästezimmer untergebracht waren.
Das Chateau Dorleac war eines dieser typischen Häuser mit schlossähnlichem Charakter, die sich die reichen Weinbauern bauen ließen in Anlehnung an die Schlösser des Adels, aber nicht an die Schlösser der Loire, sondern die des regionalen Landadels.
Wer auf sich hielt, legte natürlich auch einen typisch französischen Garten an, und den gab es auch hier auf dem Chateau.
Er schloss sich an die große, den ganzen Mittelflügel umfassende steinerne Terrasse an und war über vier breite Steinstufen erreichbar.
Auf dem zunächst ebenen Teil gab es genau abgezirkelte Blumenrabatten, die begrenzt wurden durch eine sorgsam geschnittene Buchsbaumhecke und steinerne, schon etwas verwitterte Figuren, die auf bröckelnden Podesten standen.
Der eigentliche Garten lag höher. Er war terrassenförmig und reichte bis zur hinteren, überwucherten und bemoosten Mauer. Er bot wirklich alle Facetten eines französischen Gartens, wie man ihn sich vorstellte – ein Meisterwerk mit uraltem Baumbestand, kunstvoll gestutzten Buchsbäumen, in unglaublicher Geometrie geschnittene Zypressen, Eiben und Weißbuchen.
Wer auch immer hierher kam, war fasziniert und konnte sich nicht sattsehen.
Bettina war diese Art von Garten zu bilderbuchhaft, zu kunstvoll, zu konstruiert.
Sie liebte den in einem anderen Teil des Parks liegenden Rosengarten mit seiner Vielzahl von Rosensorten, die teilweise so alt waren, dass es sie kaum anderswo noch gab und die, eine mehr als die andere, einen süßen, betörenden Duft verströmten.
An den Rosengarten schloss sich der mit sehr alten und teils seltenen Bäumen bestandene Teil des Parks an.
Und mittendrin lag der Teich mit seinen Seerosen, Schwänen, Wildenten und quakenden Fröschen.
Hier und da placierte Bänke luden zum Verweilen ein, und es war schön, in eine Zauberwelt zu versinken, die man hier eigentlich überhaupt nicht vermutete.
Chateau Dorleac war wirklich prachtvoll mit seinem charmanten Ambiente und der ausgesprochen schönen Lage.
Ihr Vater hatte für die Restaurierung und Renovierung ein Vermögen ausgegeben und sehr genau darauf geachtet, dass es wieder so hergerichtet wurde, wie es ursprünglich ausgesehen hatte. Und das war ihm wirklich gelungen.
In so manchem exklusiven Wohn- und Gartenmagazin war das Chateau schon abgebildet worden.
Wussten Jörg und Doris eigentlich zu schätzen, welches Kleinod ihnen da geschenkt worden war? Jörg vielleicht, bei Doris hatte es allerdings den Anschein, und auch Marcel hatte es ja angedeutet, dass sie unglücklich war. Warum konnten Menschen eigentlich nur so schwer zufriedengestellt werden?
Bettina seufzte.
Sie stellte ihre Tasche neben eine der Treppen, dann verließ sie das Haus wieder.
Vielleicht war Jörg ja in der Firma. Der Winzereibetrieb lag rechts vom Chateau, in ungefähr zweihundert Meter Entfernung, und war durch eine breite Schotterstraße zu erreichen.
Der Betrieb war vom Chateau aus nicht zu sehen, weil er hinter dichten alten Nussbäumen versteckt war.
Bettina wollte gerade den Weg zum Betrieb einschlagen, als mit rasanter Geschwindigkeit ein Auto durch die Zypressenallee gerast kam. Unter den schweren Rädern des Jeeps knirschte der Kies und wurde aufgewirbelt.
Bettina blieb stehen.
In dem Jeep erkannte sie ihren Bruder Jörg. Er blieb mit quietschenden Reifen direkt neben ihr stehen, sprang aus dem Auto und wandte sich ihr zu.
»Bettina, wie schön, dich zu sehen. Herzlich willkommen und danke, dass du gekommen bist.«
Er nahm sie in seine Arme und drückte sie an sich. Seine Freude, sie zu sehen, war offensichtlich, und das tat Bettina gut. »Tut mir leid, dass ich dich nicht abholen konnte. Doch ich nehme an, Doris war eine würdige Vertretung, und Frauen haben sich ja ohnehin immer was zu sagen.« Er sah sich um. »Wo ist sie eigentlich? Seid Ihr gerade erst angekommen?«
»Ich habe Doris noch nicht gesehen… Marcel hat mich am Flughafen abgeholt.«
»Marcel? Aber wieso?«
Bettina zögerte, ehe sie schließlich sagte: »Er hat mich geholt, weil Doris…, unpässlich war.«
Sein Gesichtsausdruck verfinsterte sich.
Natürlich wusste er sofort, weswegen Doris seine Schwester nicht abgeholt hatte.
Bettina wollte aber jetzt