Dr. Daniel Classic 42 – Arztroman. Marie Francoise

Dr. Daniel Classic 42 – Arztroman - Marie Francoise


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der Stubenarrest sicher nicht schaden. Ganz im Gegenteil, er wird sie vielleicht ein bißchen zähmen, und wenn sie erst mit mir verheiratet ist, werde ich sie schon hart an die Kandare nehmen. Der werde ich die Flausen gehörig austreiben.«

      *

      In der Fünfundzwanzig-Zimmer-Villa von Elisa Bogumil traf sich heute wieder einmal eine illustre Gesellschaft.

      »Elisa, mein Liebe, Sie sehen ganz bezaubernd aus!« rief Gerlinde Ströhme und betrachtete dabei vol-ler Neid das schwarze Seidenkleid, das sich an Elisas schlanken Körper schmiegte. Im Gegensatz zu Gerlinde, die ständig mit den Pfunden kämpfte, konnte Elisa es sich erlauben, jeden Modetrend mitzumachen.

      »Man tut, was man kann«, entgegnete Elisa und fügte dann mit leiser Boshaftigkeit hinzu: »Ihr neues Kleid scheint aber etwas klein ausgefallen zu sein.« Mit Genugtuung sah sie, wie Gerlinde abwechselnd rot und weiß wurde vor Zorn, dann fügte sie hinzu: »Es ist immer wieder dasselbe. Man kann sich auf die Konfektionsgrößen einfach nicht verlassen.« Sie lächelte. »Ich bin ja immer wieder auf neue froh, daß ich eine so erstklassige Schneiderin habe.«

      Gerlinde schnappte hörbar nach Luft, dann wandte sie sich einem Kreis plaudernder Damen zu. Sie ärgerte sich maßlos, daß sie sich immer wieder dazu überreden ließ, auf Elisas Gesellschaften zu kommen. Allerdings traf man nur hier die High-Society von Berlin.

      »Du schlimmes Mädchen«, raunte Holger Bogumil seiner Schwester ins Ohr. »Warum mußtest du zu der gu-ten Gerlinde wieder so boshaft sein?«

      Elisa zog die perfekt geschminkten Augenbrauen hoch. »Weil sie mir auf die Nerven geht. Meine Güte, Holger, warum bestehst du eigentlich immer darauf, die Ströhmes einzuladen? Diese Frau ist so… so primitiv.«

      »Sie ist nicht so reich wie du und hat nicht so viel Zeit, sich um ein perfektes Aussehen zu bemühen«, entgegnete Holger ernst. »Aber sie ist sehr nett, und ihr Mann…«

      »Ja, ja, ich weiß, Udo Ströhme sitzt im Aufsichtsrat unserer Firma.« Sie verdrehte gequält die Augen. »Ich finde die beiden trotzdem primitiv. Schau sie dir doch an – hier in diesem Kreis. Wie zwei Dornen inmitten von Rosen.«

      Holger grinste. »Das ist doch normal. Jede Rose hat Dornen.«

      Elisa seufzte abgrundtief. »Holger, du bist unverbesserlich. Immer wieder umgibst du dich mit Menschen, die weit unter deinem Niveau sind.«

      »Und was tust du ab morgen? Findest du nicht, daß die Besitzer eines Bergbauernhofs ebenfalls weit unter deinem Niveau sind?«

      Wieder seufzte Elisa. »Ich habe mich um den Aufenthalt dort wahrlich nicht gerissen, aber Professor Stresemann ist eben der Ansicht, daß ich Höhenluft brauche.« Sie winkte ab. »Ich wollte ja eigentlich in ein exklusives Sanatorium in der Schweiz, aber du kennst ja Professor Stresemann. Er hat leider ein Faible für das Primitive.«

      »Irrtum, Schwesterherz«, erwiderte Holger lächelnd. »Der Professor weiß nur sehr genau, was deiner Lunge guttut. Ein exklusives Sanatorium, in dem sich lauter so affektierte Damen herumtreiben wie du…«

      »Holger! Ich muß doch sehr bitten!« fiel Elisa ihm zornig ins Wort. »Ich bin überhaupt nicht…« Ein heftiger Hustenanfall unterbrach sie.

      »Die rauchige Luft hier drinnen ist Gift für dich, das ist dir doch hoffentlich klar«, meinte Holger und führte seine Schwester auf die Terrasse. Hier legte sich Elisas Hustenanfall innerhalb weniger Augenblicke, aber trotzdem war Holger viel besorgter, als er es eingestehen wollte, und so wartete er nur, bis Elisa in ein Gespräch mit Gästen vertieft war, die sich ebenfalls auf die Terrasse zurückgezogen hatten.

      »Du entschuldigst mich, ich habe da drinnen gerade jemanden gesehen, den ich noch nicht begrüßt habe«, erklärte Holger an seine Schwester gewandt, dann betrat er die Villa wieder und steuerte direkt auf Professor Stresemann zu, den er im Gewühl der Gäste entdeckt hatte.

      »Holger.« Lächelnd klopfte ihm der Professor auf die Schulter. »Na, hat sich deine Schwester schon damit abgefunden, daß ich sie in die Einöde schicken will?«

      Holger seufzte. »Genau darüber wollte ich mit Ihnen sprechen, Herr Professor. Ich mache mir große Sorgen um Elisa. Gerade hatte sie wieder einen Hustenanfall.« Er zögerte. »Ich bin nicht ganz sicher, ob sie nicht doch in einem Sanatorium besser aufgehoben wäre als auf diesem Bergbauernhof ohne jegliche medizinische Betreuung.«

      »Mein lieber Holger, ich kenne dich und deine Schwester bereits seit eurer Geburt«, entgegnete Professor Stresemann. »Ich habe eure sämtlichen Kinderkrankheiten behandelt und dabei gesehen, wie unterschiedlich ihr euch entwickelt habt. Du bist ein vernünftiger junger Mann geworden, aber Elisa ist so leid es mir tut, das sagen zu müssen – der Reichtum ein wenig zu Kopf gestiegen. Sieh dir nur diese Villa an, die sie allein bewohnt. Fünfundzwanzig Zimmer – für eine Person.«

      Holger zuckte die Schultern. »Sie ist nun mal ein bißchen… wie soll ich sagen?«

      »Sie spinnt«, urteilte Professor Stresemann ganz unverblümt.

      »Herr Professor!« tadelte Holger schmunzelnd. Er mochte die sehr direkte, oftmals nicht eben bequeme Art des Arztes.

      »Ist doch wahr«, grummelte Professor Stresemann. »Sie trinkt zuviel Champagner, ißt zuviel Kaviar und raucht wie ein Schlot. Und dann wunderst du dich über ihren Husten. Hör mal, Holger, deine Schwester muß lernen, sich zu mäßigen, und das wird man ihr auf dem Bergbauernhof rasch beibringen. Da gibt es frische Milch statt Champagner, herzhafte, sättigende Speisen statt Kaviar, und der Zigarettenautomat steht nicht gleich um die Ecke – abgesehen davon, daß ich ihr ein striktes Rauchverbot erteilt habe.«

      »Und Sie glauben, Elisa wird sich daran halten?«

      Professor Stresemann wurde ernst. »Ja, Holger, da bin ich sogar ganz sicher. Ich habe ihr nämlich gezeigt, wie ihre Lunge bald aussehen wird, wenn sie es nicht tut.«

      »Meine Güte, Herr Professor, wenn es so schlimm um Elisa steht, dann muß ich mir ja erst recht Sorgen um sie machen«, meinte Holger. »Dieser Bergbauernhof…«

      »Steht in der besten, würzigsten Luft, die du dir vorstellen kannst«, vollendete Professor Stresemann seinen angefangenen Satz. »Außerdem ist es kein Zufall, daß ich Elisa gerade nach Steinhausen schicken will. Es ist zwar nur ein verhältnismäßig kleiner Vorgebirgsort, aber er verfügt doch über erstklassige Ärzte, allen voran über einen gewissen Dr. Robert Daniel. Er ist Gynäkologe und darüber hinaus Direktor einer kleinen, aber ausgesprochen guten Klinik. Doch das ist nicht das einzige. Dr. Daniel verfügt auch über erstklassige Kontakte zur Thiersch-Klinik in München. Professor

      Thiersch und ich haben seinerzeit gemeinsam studiert, allerdings hat er mich schnell überrundet. Er machte sein Examen schon ein paar Jahre früher als ich, und seine Doktorarbeit ist bis heute unerreichbar. Er ist wirklich ein exzellenter Arzt.«

      Doch Holger war noch immer nicht vollends beruhigt. »Na ja, das ist in München, aber wenn nun etwas Akutes passiert. Ich meine… wenn Elisa auf die Schnelle einen Arzt braucht.«

      Professor Stresemann schmunzelte. »Du machst dir tatsächlich ziemliche Sorgen um deine Schwester. Allerdings völlig unnötig, das versichere ich dir. Elisa wird mit Sicherheit keinen Arzt brauchen, und wenn doch… Dr. Metzler, der Chefarzt der Steinhausener Waldsee-Klinik, hat bei Professor Thiersch gelernt, ebenso der dortige Oberarzt Dr. Scheibler, und Dr. Daniel war sei-nerzeit auch Assistenzarzt unter Thiersch. Deiner Schwester wird es also zumindest in medizinischer Hinsicht an nichts fehlen.« Er zeigte ein schelmisches Lächeln. »Das einzige, was ihr fehlen wird, ist der Komfort, an den sie gewöhnt ist. Der Gröber-Hof ist nun mal kein Grand-Hotel, aber ich bin sicher, er wird Elisa sehr gut tun, auch mal etwas anderes kennenzulernen.«

      *

      Trixi Sägmüller hatte das Gefühl, als könnte sie die gefängnisähnliche Situation keine Sekunde mehr ertragen, doch aus dem Zimmer im ersten Stockwerk gab es kein Entrinnen. Immer wieder schaute sie aus dem Fenster, in der Hoffnung, irgend etwas zu entdecken, was ihr eine Flucht ermöglichen würde. Sicher, ihrem Zimmer gegenüber stand ein mächtiger


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