Dr. Brinkmeier Classic 8 – Arztroman. Sissi Merz

Dr. Brinkmeier Classic 8 – Arztroman - Sissi Merz


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fahren. Ich möchte den Rest meiner Schwangerschaft nämlich in Ruhe erleben. Dieser ständige Streit und Unfriede ist für mich unerträglich.«

      »Du gehst weg und läßt mich im Stich? Wie stellst du dir das vor?« Walter Mannstedt machte eine beschwichtigende Geste. »Nun beruhige dich erst mal, dann reden wir in aller Ruhe darüber.«

      »Das ist nicht nötig, ich habe mich entschieden. Wenn du weißt, was dir wichtiger ist – ich oder deine Affären – kannst du es mich wissen lassen. Aber ich brauche jetzt einfach Abstand, so kann es nicht weitergehen, hörst du?«

      »Lilli, ich bitte dich, sei doch vernünftig!«

      »Das bin ich, zum ersten Mal seit langer Zeit.«

      »Unsinn. Du willst mich mit deinem Verhalten zu etwas zwingen, du willst, daß ich nach deiner Pfeife tanze. Aber da spiele ich nicht mit. Bilde dir nur nicht ein, daß du mit Drohungen bei mir etwas erreichen kannst!«

      »Es sind keine Drohungen, ich habe dir nur meine Entscheidung mitgeteilt. Du wirst mich ganz sicher nicht vermissen.« Sie wandte sich zum Gehen, doch er hielt sie am Arm fest und herrschte sie an: »Nimm dich zusammen! Du bleibst gefälligst in München. Oder meinst du, ich will mich zum Gespött bei den Nachbarn und der Kundschaft machen?«

      »Ist das alles, worauf es dir ankommt?« Sie machte sich von ihm los und musterte ihn kühl. »Wenn dir die anderen Leute so wichtig sind, hättest du auf deine Eskapaden verzichten sollen. Oder hast du dir eingebildet, ich lasse mir das immer weiter gefallen? Für wie dumm hältst du mich eigentlich?«

      Seine Miene verschloß sich. »Ich glaube, es hat keinen Sinn, dieses Gespräch fortzusetzen. Mit dir ist ja nicht vernünftig zu reden. Aber eines solltest du wissen: Wenn du einfach wegfährst, dann werde ich dir das sehr übelnehmen!«

      Lilli seufzte leise. »Ich werde es überleben.«

      Walter Mannstedt schaute seiner Frau mit finsterer Miene hinterher. Er gestand zwar sich selbst alle Freiheiten zu, doch daß Lilli einfach tat, was ihr paßte, konnte er nicht hinnehmen.

      Kurze Zeit später betrat Regina die Dunkelkammer und legte ihre Arme um Walters Hals. »Sie verschwindet? Aber das ist doch prima. Dann können wir es uns so richtig gutgehen lassen!«

      »Rede keinen Quatsch«, fuhr der Fotograf auf und machte sich von ihr los. »Und hör gefälligst auf zu lauschen. Das kann ich nicht ausstehen.« Er bemerkte, daß sie sehr enttäuscht und auch verletzt wirkte, und fügte ein wenig versöhnlicher hinzu: »Wir reden heute abend in Ruhe über alles. Ich muß erst mal einen klaren Kopf kriegen. Daß Lilli einfach tut, was sie will, ist neu. Und ich kann nicht behaupten, daß es mir gefällt...«

      *

      »Das wären also insgesamt acht Wochen. Nicht sehr lang.« Dr. Christian Köhler ließ das Bewilligungsschreiben sinken und schaute seinen Vorgesetzten nachdenklich an. »Ich weiß, es grenzt an ein Wunder, daß die Gelder überhaupt bereitgestellt wurden. Mein Forschungsgebiet ist ja den meisten Menschen eher suspekt. Aber zwei Monate sind nun mal eine knappe Zeitspanne, um neue Erkenntnisse über das Wanderverhalten des Wolfes zu erlangen.«

      »Es tut mir leid, Christian, ich hatte auch mit mehr gerechnet, vielleicht sogar mit einem ständigen Forschungsauftrag. Leider muß auch das Ministerium überall den Rotstift ansetzen. Mehr kann ich Ihnen also nicht bieten.«

      »Ich weiß, es ist nicht Ihre Schuld. Und acht Wochen sind immerhin besser als nichts. Ich werde mich umgehend auf den Weg nach Wildenberg machen.«

      Wenig später verließ der junge Wildbiologe das Uniinstitut in München und machte sich auf den Heimweg. Christian Köhler war Mitte dreißig, ein gutaussehender Mann, groß gewachsen, dunkelhaarig, mit nachdenklichen und klugen grauen Augen. Nach dem Studium hatte er eine Anstellung als Assistent des Professors ergattern können und darauf seine Karriere gebaut. Er hatte bereits einige Projekte eigenverantwortlich durchgeführt, darunter die Erforschung des Rudelverhaltens sibirischer Wölfe. Der Wolf, der Urahn des Hundes, der den Menschen seit Urzeiten begleitete, faszinierte den jungen Forscher. Daß er nun für einige Wochen im Berchtesgadener Land das Wanderverhalten dieses Raubtieres studieren konnte, bedeutete einmal mehr die Gelegenheit, dem für ihn so faszinierenden Studienobjekt nah zu sein. Christian freute sich sehr auf die praktische Arbeit. Und er brannte darauf, seiner Freundin Dorothee davon zu erzählen.

      Als er heimkam, war sie noch nicht da. Christian war ein begabter Hobbykoch, er zauberte ein Essen, mit dem er seine Freundin überraschen wollte. Dorothee arbeitete in einer großen Bank und mußte oft Überstunden machen. Sie war eine echte Karrierefrau, selbstbewußt und unabhängig. Das hatte ihn von Anfang an fasziniert. Nun fragte er junge Mann sich allerdings manchmal, ob es auf Dauer wirklich gut gehen konnte mit ihnen. Sie hatten sehr unterschiedliche Auffassungen vom Leben. Christian wünschte sich Kinder, eine Familie. Davon wollte Dorothee nichts wissen, sie nannte das kleinbürgerlich und spießig. Und sie hatte auch wenig Verständnis für seinen Beruf.

      »Warum suchst du dir nicht einen Job, wo du Karriere machen und einen Haufen Geld verdienen kannst?« fragte sie ihn jedesmal, wenn er ihr von seiner Arbeit erzählen wollte. Er hatte es deshalb schon aufgegeben, ihr die Faszination seines Studienobjekts näherbringen zu wollen. Denn das hätte wohl wenig Sinn gehabt...

      Endlich erschien Dorothee. Sie war ausgelaugt und mißlaunig. Erst als Christian sie in den Arm nahm, zärtlich küßte und ihr dann auch noch ein perfektes Dinner servierte, entspannte sie sich ein wenig.

      »Du bist ein Schatz, Chris. Genau das habe ich gebraucht.«

      »Wußte ich doch. Und du hast zudem Grund, mir zu gratulieren. Heute ist nämlich ein kleines Wunder geschehen.«

      »So? Hast du gekündigt?« fragte sie lapidar.

      »Im Gegenteil. Der Forschungsauftrag für Wildenberg ist endlich bewilligt worden. Übermorgen geht es los, und zwar für acht Wochen. Ich hatte mir zwar mehr erhofft, aber leider...«

      »Acht Wochen?« Dorothee legte die Gabel hin. »Hast du vielleicht vergessen, daß wir nächsten Monat auf die Malediven fliegen wollten? Ich brauche diesen Urlaub!«

      »Ja, ich weiß. Und du sollst ja auch fliegen. Aber ich kann dich nicht begleiten. Außerdem ist mir das Ganze eine Spur zu kostspielig. So einen Luxusurlaub kann ich mir nicht erlauben.«

      »Das machst du doch extra!« Sie blitzte ihn ärgerlich an. »Du wolltest von Anfang an nicht mitkommen und hast nur nach einer Ausrede gesucht. Ich finde das schrecklich egoistisch von dir, Chris! Richtig gemein!«

      »Nun mach aber mal halblang. So ein unwichtiger Urlaub... Du weißt, daß ich nichts davon halte, das Geld so sinnlos zu verpulvern.«

      »Von welchem Geld redest du eigentlich?« stichelte sie. »Was du verdienst, das würde ja nicht mal für zwei Wochen Schwarzwald reichen. Ich hatte dich eingeladen, falls dir das entfallen sein sollte. Allerdings wäre das nicht nötig, wenn du endlich aufhören würdest, wie ein großes Kind irgendwelchen Tieren im Wald hinterher zu laufen, und dir einen normalen Job suchen würdest. Die Welt ist voller Männer, die es zu etwas bringen. Wann wirst du dich endlich in die Schlange stellen?«

      »Ich bitte dich, Doro, diese Diskussion haben wir nun schon hundertmal gehabt. Das führt doch zu nichts. Du hast gewußt, daß ich Wildbiologe bin, als wir uns kennengelernt haben. Und damals hast du es auch nicht schlimm gefunden.«

      »Da wußte ich ja auch noch nicht, wie dein Leben aussieht. Und wie wenig einträglich diese Arbeit ist. Ich empfinde viel für dich, Chris, du bist immer noch mein Traummann. Aber ich kann es nicht ausstehen, wenn sich jemand unter Wert verkauft. Und genau das tust du. Du kannst doch mehr, trau dich endlich!«

      »Ich mache genau das, was ich will. Es macht mir Spaß, es ist sinnvoll. Und ich werde mich bestimmt nicht in teure Klamotten werfen und etwas arbeiten, das mir nichts bedeutet, nur um deinen überzogenen Ansprüchen zu genügen!«

      »Aha. Endlich bist du ehrlich.« Sie erhob sich und starrte wütend auf ihn nieder. »Es ist nicht schlimm, wenn einer es noch zu nichts gebracht hat. Aber es ist sehr wohl schlimm, wenn er dieses Versagen


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