Der neue Sonnenwinkel Box 7 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Box 7 – Familienroman - Michaela Dornberg


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und es war auch durch überhaupt nichts wissenschaftlich bewiesen. Doch seit Generationen herrschte der Glaube vor, bei Schlaflosigkeit helfe heiße Milch mit Honig. Das kannte Roberta sogar noch von ihrer Großmutter. Auf jeden Fall war es beruhigend, und die Zubereitung der heißen Milch würde sie hoffentlich von ihren Gedanken ablenken.

      Als sie jedoch in die Küche kam, staunte sie nicht schlecht. Dort fand sie Alma vor. Und was tat sie? Sie war dabei, gerade Milch in einen Topf zu schütten.

      Auch wenn sie nicht gut drauf war, musste Roberta jetzt doch lachen.

      »Alma, bitte machen Sie auch gleich eine Milch für mich mit«, rief sie, dann setzte sie sich an den Küchentisch und blickte zu Alma, die geschickt am Herd hantierte.

      »Ich wusste gar nicht, dass Sie bei Vollmond ebenfalls nicht schlafen können«, rief Alma. »Wenn der Mond dick und fett am Himmel hängt, dann ist es aus bei mir, dann bekomme ich kein Auge zu. Und da hilft nichts, keine Meditation, keine Entspannungsübungen.«

      Roberta konnte ihrer treuen Haushälterin jetzt schlecht sagen, dass die Angst um Lars sie aus dem Bett getrieben hatte. Sie hatte ja zum Glück ein anderes Ass im Ärmel. Sie erzählte ihr, dass Philip zu ihr ins Bett gekommen war und sich in dem jetzt so richtig breit machte.

      Alma war hingerissen, nicht, weil er das ganze Bett für sich in Anspruch nahm, sondern weil er allein durch das nächtliche Haus getalpt war.

      »Ach, Frau Doktor, die schöne Zeit ist bald vorbei. Philip wird uns sehr fehlen, nicht wahr?«

      Das konnte Roberta nur bestätigen. »Er hat uns ja versprochen, dass er uns immer besuchen wird, und ich denke, er wird Trixi lange genug nerven, bis die uns den Kleinen bringt.«

      »Ich kann ihn auch holen«, schlug Alma sofort vor, die den Kleinen abgöttisch liebte.

      »Alma, das sagen wir ihm besser nicht. Ich denke, wir dürfen Trixi nicht in die Erziehung pfuschen. Sie hat es schwer genug, alles miteinander zu vereinen. Ich könnte das nicht, und ich bewundere Trixi insgeheim. Wie sie das ohne Hilfe schafft, und jetzt kann sie ja auch nicht mehr im Notfall auf ihre Eltern zurückgreifen, seit ihr Vater krank ist. Und leider sieht es für ihn überhaupt nicht gut aus. Er wird zwar zum Glück kein Pflegefall, aber nach seiner Rückkehr aus der Reha, in der er sich jetzt befindet, wird er in seinen Bewegungen sehr eingeschränkt sein.«

      Alma hatte mittlerweile die heiße Milch mit dem Honig zubereitet, stellte einen der hübschen Keramikbecher vor Roberta ab.

      »Ach, Frau Doktor, es trifft immer die Falschen. Die Dreck am Stecken haben, die kommen stets ungeschoren davon.«

      Ein solcher Satz, den Roberta sofort bestätigen konnte, kam nicht von ungefähr. Schließlich hatte sie beide sehr schlechte Erfahrungen mit ihren Ex-Ehemännern gemacht. Und Max würde noch immer in ihrem Leben herumgeistern, wenn ihr alter Freund Bernhard dem nicht einen Riegel vorgeschoben hätte. Bernie war in einer geschäftlichen Angelegenheit in den Sonnenwinkel gekommen, die sich zerschlagen hatte, doch für sie war es ein Glücksfall gewesen. Bernie hatte es für sie in die Hand genommen, und Max in die Schranken verwiesen, der hatte sich zwar noch einmal ganz bitterlich beschwert, wie ein gemeinsamer alter Freund so etwas hatte tun können, doch danach war Ruhe gewesen. Max hatte begriffen, dass es für ihn böse Folgen haben würde, sollte er es noch einmal wagen, sie zu behelligen, in welcher Weise auch immer. Und da musste man eines sagen, Dr. Max Steinfeld war sehr kreativ gewesen, er hatte nichts ausgelassen.

      Die Milch mit dem Honig war köstlich, sie erweckte Erinnerungen an früher. Und auch wenn das nicht immer eitel Sonnenschein gewesen war, so dachte man nur an das Schöne, was man sogar verherrlichte, während man das Negative verdrängte, was auch nicht richtig war.

      Am besten lebte man gut in der Gegenwart, dann konnte die Vergangenheit keine schlechte sein. Und die Zukunft? Die konnte niemand voraussehen, und es kam immer anders als gedacht. Doch bei einer gern gelebten Gegenwart brauchte man sich keine Gedanken um die Zukunft machen. Das Leben bestand immer nur aus der Gegenwart. Eigentlich war das nicht schwer zu begreifen, und dennoch verfing man sich in der Vergangenheit und plante etwas, was höchstens ansatzweise zu planen war, wie beispielsweise eine Berufsausbildung, der Kauf eines Hauses.

      Roberta trank schnell, um sich nicht in solche Betrachtungen zu verlieren. Sie hörte Alma zu, die von ihren Chorproben sprach. Ihr Gospelchor hatte einen Preis gewonnen, und nun stand im Raum, dass sie nach Amerika fahren würden, nach Louisiana, wo diese Art zu singen zu Hause war.

      Roberta freute sich so sehr für Alma, dass sie mit einer solchen Begeisterung dabei war. Und sie wünschte ihr von ganzem Herzen, dass es mit der Reise in die USA klappen würde.

      Für sie allerdings würden trübe Zeiten anbrechen, denn ohne Alma war sie aufgeschmissen.

      Roberta merkte, wie eine Schläfrigkeit sich in ihr ausbreitete, und das nutzte sie aus. Sie wollte wieder in ihr Bett, denn es lang ein anstrengender Tag vor ihr, der mit einer normalen Arbeitszeit längst nicht vorbei war.

      Alma schrieb das sofort der Wirksamkeit der Milch zu, Roberta sagte nichts dazu, denn warum half es bei Alma nicht? Die war noch immer putzmunter.

      Gemeinsam gingen sie in Robertas Schlafzimmer, Alma nahm die Kleinen auf den Arm und trug ihn hinüber in sein eigenes Bett. Roberta hätte sich nicht getraut, sie bewunderte Alma dafür, mit welcher Selbstverständlichkeit die das machte. Sie hatte doch auch keine Kinder, und dennoch wusste sie, was und wie man etwas zu tun hatte.

      Alma konnte eben alles, sie war ein Goldstück.

      Roberta kuschelte sich in ihr Bett, das ihr jetzt wieder allein gehörte, und es dauerte nicht lange, und sie schlief erneut ein. Mit Gedanken an Lars, doch die waren jetzt nicht beängstigend, sondern voller Liebe. Und es war überhaupt kein Wunder, dass sie von ihm träumte.

      *

      Zum Abschied von Jörg hatten sich alle versammelt, sogar Luna war außer Rand und Band, und das kam nicht von ungefähr. Jörg war mit ihr ständig unterwegs gewesen, und dabei war auch so manches Leckerli abgefallen.

      Pamela hatte heute schulfrei, die Lehrer hatten Zeugniskonferenz. Unbeobachtet von den übrigen Familienmitgliedern war sie aus dem Haus geschlüpft. Sie wollte ihren großen Bruder allein verabschieden.

      Sie wartete vor der Haustür, bis Jörg herauskam. Er würde mit einem Mietwagen zum Flughafen fahren, er wollte nicht, dass jemand ihn brachte. Das wünschte man sich vielleicht, wenn man in den Urlaub flog oder aus dem Urlaub kam, ganz gewiss nicht, wenn man ständig weltweit unterwegs war. Da organisierte man sich selbst.

      »Hier bist du, kleine Schwester«, rief er erfreut, »ich hatte schon Angst, dich vor meinem Abflug nicht mehr zu sehen.«

      »Ich möchte dir zum Schluss auf Wiedersehen sagen«, rief sie, und das belustigte ihn. Das war etwas, was er an Pamela bereits kannte.

      Er nahm sie in seine Arme.

      »Du hast es geschafft. Dann mach’s mal gut, und pass auf dich auf. Und wenn du dein Zeugnis bekommen hast, dann möchte ich gern die Noten erfahren. Versprochen?«

      Sie nickte. Das mit dem Zeugnis interessierte sie derzeit nicht so sehr. Sie wusste ja bereits, dass es gut ausfallen würde. Sie wollte etwas anderes wissen.

      »Und Jörg, verträgst du dich wieder mit Charlotte?«, wollte sie wissen. »Ich finde sie so nett, und ihr passt so gut zusammen.«

      Er strich ihr über die braunen Locken.

      »Ich will alles versuchen«, versprach er, »und wenn es nicht klappt, dann kann ich ihr ja noch sagen, dass es ein Herzenswunsch von dir ist, dass wir wieder ein Paar werden. Das kann ich doch, oder?«

      Pamela blickte ihren großen Bruder ein wenig verunsichert an. Veräppelte Jörg sie jetzt?

      »Pamela, ich meine es ernst, Charlotte findet dich nämlich zufällig auch sehr, sehr sympathisch. Und sie hat mich sogar immer gedrängt, dich einzuladen. Das kann ich jetzt tun, ob mit oder ohne Charlotte. Die Ferien fangen ja in den nächsten Tagen an, und außer einer kurzen Reise mit den Großeltern ist bei euch nichts geplant.


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