Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
und warteten im Innern des Wagens auf die Sekretärin, die sich per Geheimzettel angekündigt hatte. Im Wagen war es sicherer, Die Panzerglasscheibe machte es unmöglich, von einem Gewehrgeschoß getroffen zu werden.
„Was ist los mit Ihnen, Parker?“ erkundigte sich Rander. „Sie machen einen sehr nachdenklichen Eindruck.“
„Ich prüfe die Gerüche, die vor wenigen Augenblicken meine Nase trafen“, erwiderte der Butler gemessen, „ich möchte annehmen, daß sie mit jenen identisch sind, die ich in der Fluchtnacht wahrnahm.“
„Moment mal. Sie glauben, daß man Sie in einer dieser Villen festgehalten hat?“
„Ich bin mir selbstverständlich nicht ganz sicher, Sir!“
„Dann sollten wir uns nachher die Villen vorknöpfen“, sagte der Anwalt unternehmungslustig. „Vielleicht hat sich der Chef der Organisation hier eingenistet. Unliebsame Nachbarn braucht er in dieser Gegend ja nicht befürchten.“
Bevor Josuah Parker antworten konnte, erschien vor ihnen auf der Straße ein unscheinbar aussehender Ford, der schnell näherkam und in ihrer Höhe, aber auf der anderen Straßenseite parkte. Die Tür öffnete sich, May Clark stieg aus.
Sie machte einen nervösen Eindruck und schaute sich wiederholt um, als fürchte sie, verfolgt zu werden.
„Lange kann ich nicht bleiben“, rief sie Rander und Parker zu, die ausgestiegen waren und ihr entgegengingen, „ich glaube, daß man auf mich aufmerksam geworden ist!“
„Was können wir für Sie tun?“ Rander sah sie prüfend an.
„Ich, ich möchte aussteigen“, sagte sie hastig, „ich halte das nicht mehr aus. Halten Sie sich an Mrs. Portcliff! Sie ist ein Teufel in Menschengestalt!“
„Leitet sie die Organisation?“ fragte Rander.
„Das weiß ich nicht so genau. Aber sie hat uns alle in der Hand. Bitte, fragen Sie nicht, ich muß weiter! Sehen Sie sich dort das Haus an!“
„Hat Bantam dort Quartier bezogen?“
Sie nickte nur und ging schon wieder zum Ford zurück.
„Darf ich fragen, Miß Clark, wem diese Villen gehören?“ rief der Butler ihr nach.
„Mrs. Portcliff natürlich“, kam die überraschende Antwort, „sie hat ihre Hände überall drin!“
*
„Wenn das keine Falle ist, will ich nicht mehr Mike Rander heißen“, sagte der junge Anwalt, als der Ford verschwunden war, „hält man uns für so dumm, Parker?“
„Ich möchte annehmen, daß man es auf einen Versuch ankommen lassen will, Sir. Doch das Innere des Hauses sollte man sich unbedingt ansehen!“
Sie drückten das Tor zum Vorgarten auf und gingen langsam auf das zweistöckige Haus zu, das einen völlig unbewohnten Eindruck machte. Rander und Parker waren auf der Hut. Sie rechneten jeden Moment mit einem Feuerüberfall und richteten sich darauf ein.
Sie hielten sich in Deckung der wild hochgeschossenen Sträucher und brauchten einige Zeit, bis sie die Haustür erreicht hatten.
„Was würden Sie sich einfallen lassen, um Eindringlinge zu verscheuchen oder gar niederzuschießen, Parker?“
„Man könnte geschickte Selbstschußanlagen anbringen, Sir!“
„Eben! Damit rechne ich, Parker. Müssen wir unbedingt durch die Haustür gehen?“
„In der Tat, Sir, genau dies würde ich mir erlauben vorzuschlagen.“
„Wo ist da die Logik?
„Falls es sich um eine Falle handelt, Sir, rechnet man damit, daß die Eindringlinge den normalen Zugängen nicht trauen. Man rechnet ferner damit, daß besagte Eindringlinge versuchen werden, das Haus auf ungewöhnlichen Wegen zu betreten.“
„Kellerfenster, Balkontüren und so weiter?“
„Selbstverständlich, Sir. Und dort wird man die Selbstschüsse oder Todesfällen installiert haben.“
„Dann überzeugen Sie mich mal, Parker! Ich lasse Ihnen diesmal gern den Vortritt!“
Parker nickte und bemühte sein Spezialbesteck zum öffnen widerspenstiger Türschlösser. Innerhalb einiger Sekunden hatte er es auch hier geschafft. Das Schloß gab nach, die Tür war zu öffnen.
Parker setzte nun seinen Universal-Regenschirm ein und fuhr mit ihm durch den schmalen Türspalt. Er suchte nach Kontaktschnüren, die Sprengladungen auslösen oder Schüsse abfeuern sollten.
Nichts rührte sich.
„Ich möchte annehmen, Sir, daß der Weg frei ist!“ Parker drückte die Tür mit der Spitze seines Universal-Regenschirms vollends auf. Sie sahen in eine große, dunkle Wohnhalle hinein, in der es nach Moder, erstaunlicherweise aber auch nach Blumen roch.
„Wohin wollen Sie?“ fragte Rander erstaunt, als sein Butler darauf verzichtete, sich die oberen Räume dieser Villa anzusehen. Parker hielt auf eine Tür unterhalb der geschwungenen Treppe zu, die wahrscheinlich hinunter in den Keller führte.
„Ich möchte mir den Swimmingpool ansehen, Sir!“
„Wie, bitte? Ach so, Sie glauben, daß man Sie hier festgehalten hat?“
„Ich glaube, Sir, daß ich gleich diesen Swimmingpool Wiedersehen werde!“
Parker behielt recht.
Es gab keine Fallen, keine Überraschungen, denn die Existenz des Swimmingpools wertete der Butler keineswegs als eine Überraschung.
„Sieht recht Üppig aus“, meinte Rander lächelnd, als er mit seinem Butler im Keller des Hauses stand und das große Schwimmbecken besichtigte. „Ist ja die reinste Sauna! Und Gewächshaus dazu! Du lieber Himmel, ist das heiß hier!“
Parker nahm alles in sich auf. Die Blumenpracht, die vom Amazonas zu stammen schien, die Treppenstufen mit den schwellenden Sitzpolstern und das schmale Laufband, das um das Becken herumführte.
„Demnach scheint Mrs. Portcliff die gesuchte Person zu sein“, sagte Rander, „was meinen Sie, Parker, müssen Sie sich noch die oberen Räume ansehen?“
„Selbstverständlich, Sir!
Parker erkannte jede Einzelheit wieder. Da war der kleine Lift, der prompt funktionierte und hinauf ins Obergeschoß führte, da war der Raum, in dem er sich mit Saul Bantam und der Masseuse auseinandergesetzt hatte und da war schließlich auch das Flachdach angrenzender Garagen und Wirtschaftsräume, über das er in der Nacht geflüchtet war.
Darüber hinaus aber gab es einfach keine zusätzlichen Überraschungen. Es traten weder Bikinischönheiten auf noch setzten sich Gunner in Szene. Alles blieb ruhig und friedlich. Die Besitzerin des Hauses und des komfortablen Schwimmbeckens schien keine Ahnung zu haben, daß man hinter ihr Geheimnis gekommen war …
*
„Sie ist weggefahren, Mister Parker“, sagte May Clark, die einen recht nervösen Eindruck machte, „als ich vom Strand zurückkam, war Mrs. Portcliff bereits weg.“
„Ich darf wohl unterstellen, daß Sie nicht wissen, wo Mrs. Portcliff jetzt zu erreichen ist?“
„Nein, wirklich nicht.“
„Nun denn, dann werde ich mich der Mühe unterziehen müssen, nach ihr zu suchen. Ich wünsche Ihnen noch einen guten Tag!“
Parker lüftete seine schwarze Melone und verließ die Halle der Sekretärinnen-Agentur. Er hatte sich von seinem jungen Herrn getrennt. Mike Rander sprach um diese Zeit wohl schon mit Sergeant Halloway, um die Zusammenarbeit mit der Polizei zu intensivieren. Zudem müßten ja Jeff Halton und die junge streitlustige Dame aus dem Betonbunker der Straßenbauverwaltung befreit werden.
Parker verließ also die Halle der Agentur und ging zu seinem hochbeinigen Monstrum zurück.