Butler Parker Paket 2 – Kriminalroman. Günter Dönges
und nickte.
„Ich will ja nichts versprechen“, meinte er dann, „aber den Schlitten müßten meine Jungens eigentlich finden. Um diese Zeit sitzt alles drin. Da haben sie Zeit genug, mal die Augen aufzusperren. Sagen Sie, Parker, sind Sie mal wieder hinter Gangstern her?“
„Hinter ‚heißen Katzen‘!“ Parker lüftete seine Melone, setzte sich in sein hochbeiniges Monstrum und rauschte davon.
Stein sah ihm nach …
Mike Rander fühlte sich hundeelend.
Er war zu sich gekommen, konnte kaum den schrecklichen Brechreiz unterdrücken, der ihn immer wieder schüttelte, und war nicht in der Lage aufzustehen. Man hatte ihn sehr geschickt auf einem einfachen Eisenbett festgezurrt.
Er befand sich nicht allein in dem einfachen Zimmer, in dem nur billige, abgenutzt aussehende Dutzendmöbel herumstanden. Auf einer Couch an der Längswand saß eine stämmige Frau in zerzauster Schwesterntracht, die sich ihm als Schwester Gwen vorgestellt hatte. Diese Frau hatte einen schallgedämpften Revolver neben sich gelegt und kämpfte offensichtlich gegen ein dringendes Schlafbedürfnis.
Schwester Gwen war nicht allein.
Zwei leichte Sessel aus Strohgeflecht Waren besetzt. Zwei wesentlich jüngere Damen, die dazu noch erheblich attraktiver aussahen als Schwester Gwen, lagen wie hingegossen auf den Sitzen und schliefen.
„Kann ich einen Schluck Wasser haben?“ erkundigte sich Mike Rander.
„Halten Sie endlich den Mund“, fauchte Schwester Gwen zurück, „wollen Sie mich auf die Palme bringen?“
„Lieber nicht“, murmelte Rander und schloß die Augen. Er ärgerte sich noch immer maßlos darüber, daß man ihn so geschickt überlistet hatte. Er ärgerte sich darüber, daß die nette Schwester aus dem Altersheim ihm eine Injektion verpaßt hatte, an der er noch jetzt litt.
Wie und auf welchem Weg man ihn weggeschafft hatte, wußte er nicht. Er hatte auch keine Ahnung, wo er sich befand. Er war erst vor knapp fünfzehn Minuten wieder zu sich gekommen und hatte sich dann in dieser so lieben Gesellschaft wiedergefunden.
„Worauf warten wir eigentlich?“ fragte Rander.
„Auf die Chefin“, gab Schwester Gwen zurück, „aber freuen Sie sich bloß nicht darauf. Diesmal sind Sie und Ihr komischer Butler reif. Reif fürs Sterben … Und mir soll’s ein Vergnügen sein, ihr dabei zu helfen.
„Wenn ich Sie so ansehe, glaube ich es Ihnen aufs Wort“, erwiderte der junge Anwalt und unternahm den nächsten Versuch, wenigstens seine Hände in etwa freizubekommen …
Parker hielt sein hochbeiniges Monstrum vor dem kleinen Hotel an und stieg aus.
Die Straße um diese Zeit – es war weit nach Mitternacht – lag so gut wie menschenleer. Die dunklen Häuser zeigten kein Leben. Auch im Hotel brannte, außer unten im Empfang, kein Licht.
Der Nachtportier schlief hinter dem Tresen in einem alten Lehnstuhl.
Er merkte überhaupt nicht, daß Josuah Parker, nach dem abgegriffenen Gästebuch langte und nach den Namen Pete Ralder und Jerry Cloud suchte.
Zimmer Nr. 28
Parker ging, ohne Verzicht auf Würde und Gemessenheit, hinüber zur Tür und begab sich hinauf in den zweiten Stock. Das gesuchte Doppelzimmer war bald gefunden, die Tür von innen verschlossen.
Nun besaß Josuah Parker, wenn es darauf ankam, ein erstaunliches Geschick, Türschlösser zu „überreden“, sich fast freiwillig zu öffnen. Ein Routinier auf diesem Gebiet wäre wahrscheinlich vor Neid erblaßt.
Parker hütete sich allerdings, die aufgesperrte Tür so einfach zu öffnen. Männer wie Ralder und Cloud waren schließlich keine Anfänger. Wahrscheinlich hatten sie die Tür so gesichert, daß sie alarmiert wurden, falls sie ohne ihre Erlaubnis aufgedrückt wurde.
Parker hatte entsprechend vorgesorgt.
Er öffnete sein Zigarrenetui, entnahm einen der pechschwarzen Torpedos und zog daraus einen Plastikstrohhalm hervor. Diesen Strohhalm schob er durch das Türschloß. Dann eine leichte Drehung, und schon wurde von der Zigarre aus ein Reizstoff durch den Strohhalm ins Zimmer geblasen.
Der Erfolg ließ nicht lange auf sich warten.
Zuerst ertönte nur ein flaches Räuspern, das sich allerdings sehr schnell zu einem unterdrückten Husten ausweitete. Anschließend wurde daraus ein Bellen, als hätte sich ein Rudel Füchse erkältet. Dieses Bellen ging unter in einem wilden Husten.
Bettfedern quietschten, nackte Füße trappelten über den Boden. Leise Flüche tönten bis hinaus auf den Korridor, wenig später war deutlich zu hören, daß im angrenzenden Bad ein Wasserhahn aufgedreht wurde.
Nun hielt Parker es für an der Zeit, den beiden Profis einen Besuch abzustatten.
Sie sahen und hörten nichts.
Sie standen im Badezimmer und husteten vor sich hin. Die Dosis, die Parker ihnen per Blasrohr und Zigarre verabreicht hatte, reichte zu einem leichten Unwohlsein.
Parker, dank seiner Spezialzigarren, die er zu rauchen pflegte, an solche und ähnliche Reizstoffe gewöhnt, hatte keinerlei Beschwerden, zumal die beiden Gangster das Fenster zur Straße hin bereits weit aufgerissen hatten. Die frische Luft strömte ein und verdünnte zusätzlich die Reizmischung …
„Ich möchte auf keinen Fall stören und werde auch sehr schnell wieder gehen“, versprach Josuah Parker, der nun in der Badezimmertür stand. „Würden Sie mir freundlicherweise verraten, wo ich einen gewissen Mister Mike Rander antreffen kann?“
Pete Ralder starrte ihn an, als habe er es mit einer Erscheinung aus einer anderen Welt zu tun.
Cloud, der gerade Wasser trank, verschluckte sich, hustete noch intensiver und lief dabei fast blau an.
Pete Ralder, immerhin ein ausgekochter Profi, faßte sich sehr schnell.
Er drückte sich vom Waschbecken ab und warf sich auf den Butler, Cloud unterdrückte mannhaft seinen Hustenreiz und folgte seinem Partner.
Parker hielt es für taktisch günstig, dem ersten Ansturm auszuweichen. Er trat zur Seite und wußte schon im voraus, daß die auf dem Boden freigebig verstreuten Heftzwecken ihre Wirkung schon tun würden. Er hatte nackte Füße vorausgesetzt und entsprechend vorgesorgt.
Der Erfolg war erstaunlich.
Pete Ralder brüllte auf, hüpfte auf einem Fuß herum und hatte das Pech, ausgerechnet mit der nackten Sohle eben dieses Fußes in eine andere Reißzwecke zu treten.
Daraufhin wußte er nun überhaupt nicht mehr, auf welchen Fuß er sich stellen sollte.
Tränen rannen über seine Wangen, als er stöhnend, hüpfend, springend und wehklagend sein Bett erreichte! sich darauf warf und anschließend! nur noch Interesse für seine Fußsohlen zeigte.
Jerry Cloud entwickelte dagegen wesentlich mehr Temperament und unterstrich seine Begabung als Tänzer.
Da seine Fußsohlen wesentlich häufiger angebohrt worden waren, vollführte, er einen Ausdruckstanz, für den selbst eine Mary Wigman sich mit Sicherheit interessiert hätte, so neuartig und gekonnt zugleich war er.
Dabei unterlief Cloud ein Verständigungsfehler mit seinen Beinen. Die Impulse vom Hirn zu seinen Beinmuskeln blockierten. Nur so war es zu verstehen, daß plötzlich beide Beine hoch in der Luft waren.
Cloud landete unsanft auf dem Boden, und zwar mit dem Gesäß zuerst. Und es war schon ausgesprochenes Pech, daß ausgerechnet dort, wo er landete, sich zwei Reißzwecken befanden, deren Spitzen sich prompt in die Gesäßmuskeln bohrten …
Worauf Cloud, wie von einem Katapult geschnellt, auf fast rätselhafte Art und Weise doch noch auf dem rettenden Bett landete …
Schwester Gwen weckte plötzlich ihre beiden Mitarbeiterinnen, strich sich die zerknitterte Dienstschürze glatt und sah erwartungsvoll