MAUSOLEUM 2069. Rick Jones

MAUSOLEUM 2069 - Rick Jones


Скачать книгу
sollte nur ein Hinweis auf ein ernstes Anliegen sein – eines von vielen. Ein Weiteres wären die Wilden in den Wastelands. Sie werden täglich dreister in ihrem Bestreben, die Mauern zu überwinden und in die Felder einzudringen. Wie Sie sehen können, bestehen sowohl interne als auch externe Probleme.«

      »Die Wilden werden niemals eindringen können. Genaugenommen würden sich dadurch, dass Sie so bereitwillig ins offene Messer laufen, sprichwörtlich zwei Fliegen mit einer Klappe schlagen lassen, Mr. President.«

      »Ach ja? Wie das?«

      »Es würde keine Massengräber mehr geben«, deutete Eldridge an. »Kehren Sie das Negative doch einfach zu etwas Positivem um.« Er versuchte sich in seinem Sitz nach vorn zu beugen, um ihm den Rest besonders ans Herz legen zu können, doch die Sicherheitsgurte hielten ihn zurück.

      »Die Fischbestände unserer Aquakulturen sind gefährlich niedrig und Fäulnis und Krankheiten haben die Vegetation in den östlichen Feldern von Elysium schon beinahe zerstört, weshalb wir uns gezwungen sehen, zum Ausgleich der Missernten aus anderen Regionen umzuverteilen, was im Gegenzug natürlich die dortigen Ressourcen schröpft. Deshalb brauchen wir dringend eine Alternative, Mr. President. Es mag vielleicht eine sein, die uns nicht gefällt, aber dafür würde sie die Versorgung der Massen gewährleisten.«

      Michelin wandte sich ihm zu. Er musste den Gedanken an diese Lösung wohl schon seit Monaten mit sich herumtragen. »Wollen Sie damit sagen, was sich vermute?«

      »Hören Sie, wir können das Volk nicht mehr viel länger versorgen. Zu viele Faktoren spielen dabei eine Rolle.« Er begann sie nacheinander an den Fingern abzuzählen. »Erstens benötigen Fische Futter, um wachsen und sich vermehren zu können, doch auch die dazu herangezogenen Quellen gehen mehr und mehr zur Neige. Zweitens ist die Pflanzenwelt anfällig für Seuchen, was wir gerade entlang der Ostfelder erleben. Drittens gibt es Belege dafür, dass die Arbeiter auf den Plantagen stehlen, also ohnehin schon knappe Nahrungsmittel entwenden, und viertens werden immer mehr Stimmen laut, da die Menschen realisieren, dass die Luft langsam dünn wird. Bisher waren wir in der Lage, die Gerüchte unter Schadenskontrolle einzudämmen.«

      »Und selbige sieht wie aus?«

      »Diebe und diejenigen, die sich zur Lebensmittelverknappung geäußert haben, wurden unumwunden gemeinsam mit ihren Angehörigen in die Wastelands verbannt.«

      Michelin nickte. »Verdientermaßen.«

      »Ziehen wir nun mal all die gerade genannten Faktoren in Betracht, müssen wir uns dringend eine Alternative ausdenken – eine Lösung, von der auch diejenigen wissen, die auf den höchsten politischen Plätzen dieses Landes sitzen.« Er zögerte lange, bevor er weitersprach: »Wir müssen die Wilden in unseren Plan miteinbeziehen.«

      Nun schloss der Präsident die Augen. Die Erde lag im Sterben und die Felder von Elysium zögerten diese Tatsache nur hinaus. Früher oder später würde von den Aquakulturen nichts weiter übrig bleiben als leere Wasserbecken und der Sand- und Steinboden für die Hydrokulturen war dann genauso unfruchtbar wie die Wüste der Wastelands.

      Er dachte nach; über ein Jahrhundert lang hatten sich die Felder von Elysium selbst versorgen können, doch die Gier, die den Planeten umgebracht hatte, schlug sich zusehends auch dort nieder, und es würde nicht mehr lange dauern, bis die Menschen zwangsweise auf die einzige noch verfügbare Nahrungsquelle zurückgreifen mussten, womit sie sich auf eine Stufe mit den Wilden stellen würden, die ihr Dasein vor den Wällen fristeten.

      »Wir können das Fleisch sorgfältig verarbeiten«, führte Eldridge aus. »Wir könnten bekannt geben, dass das Elysium Montana uns eine Fülle von Steaks geliefert hat.«

      »Und wenn diese Steaks gegessen wurden? Wenn irgendwann kein Wilder aus den Wastelands mehr lebt?«

      Eldridge wandte sich ab und starrte aus dem Fenster. »Würde das zu diesem Zeitpunkt noch eine Rolle spielen?«

      »Nein«, antwortete Michelin. »Ich schätze mal nicht.«

      Der Rest der Reise verlief in düsterer Stimmung, denn beide Männer sahen ein, dass Verzweiflung bezeichnend für die Bereitschaft stand, die letzte Notbremse zu ziehen, und sie kamen deshalb stillschweigend zu einem einzigen, eindeutigen Fazit:

       Mit der Wirklichkeit war es ein Elend!

      Kapitel 13

      In den letzten zwei Tagen war sie weit gekommen. Die vorgezogene Front der Wolkenmasse rollte weiter wie die schäumenden Wogen eines Meeres und drängte unentwegt vorwärts.

      Das Mausoleum, eine von vielen geosynchronen Stationen, die sich mit der Erdrotation bewegten, war nichts weiter als ein Klecks vor der Kulisse eines verschmutzten Planeten. Auf ihrem beständigen Kurs wuchs die Wolke und wurden auf jedem Abschnitt ihres Weges größer … eines 4,5 Milliarden Jahre andauernden Zyklus. In drei Stunden würde sie durch das Sonnensystem fegen, alles auf ihrer Bahn berühren und unbelebte Zellen durchpulsen.

      In drei Stunden!

      Kapitel 14

      Eine feminine Roboterstimme teilte ihnen nun durch den Lautsprecher der Air Force Six mit: »Bitte bereitmachen zum Andocken.«

      Michelin fluchte leise vor sich hin, bevor er laut sagte: »Ein Hoch auch auf die kleinen Gefälligkeiten. Ich würde sagen, das war wohl die längste halbe Stunde meines Lebens.«

      Während die Fähre vor dem Dock schwebte, verlinkte sich ihr Computer mit dem Hauptrechner des Mausoleums, der sie daraufhin sicher in den Hangar leitete.

      Sobald sie in der Ausstiegszone aufsetzten, meldete sich die Roboterstimme erneut über den Lautsprecher: »Beginne Luftdruckaufbau.«

      Rings um die Fähre herum zischte es laut, als sich der Hangar schloss und anfing, Atmosphärendruck aufzubauen.

      Nach diesem Vorgang bestätigte die Stimme in einem abgehackten, neutralen Tonfall: »Areal ist nun sicher. Bitte aussteigen … Areal ist nun sicher. Bitte aussteigen.«

      Die Luke der Fähre öffnete sich und alle Passagiere stiegen die Landungsbrücke hinunter zur Plattform des Hangars, wo Eric Wyman sie empfing, der nun die formelle Uniform des Unternehmens trug. Einen legeren, schwarzen Anzug mit rotem Saum an den Ärmeln und am Kragen sowie schnittigen Bundfalten an der Hose; das Firmenlogo prangte auf der linken Brusttasche.

      Als Präsident Michelin die Maschine verließ, streckte er herzlich eine Hand zur Begrüßung aus.

      Wyman nahm sie und schüttelte sie ein wenig zu heftig, was an seinem insgeheimen Hass auf den Mann lag. Michelin erkannte ihn offensichtlich nicht als den Anführer der Force Elite aus überragenden Kämpfern wieder.

      Er eröffnete nun das Gespräch: »Freut mich, an Bord Ihres Schiffes zu sein, Mr. …«

      »Wyman. Eric Wyman.«

      Dem Präsidenten verging daraufhin sofort das Lächeln, da ihm der Name durchaus geläufig war. »Eric Wyman? Der Truppenbefehlshaber der Force Elite?«

      »Bis vor zwei Jahren, Mr. Präsident; bis zu dem Moment, als Sie mich entlassen haben …«

      »Das sollten wir ein anderes Mal diskutieren, Mr. Wyman. Wie Sie unschwer erkennen können, sind wir in Eile, also wenn Sie bitte vorausgehen würden …«

      Eric starrte ihn kurz ausdruckslos an, bevor er antwortete: »Selbstverständlich.«

      Man lud den Sarg der Gouverneurin nun aus dem Frachtraum der Fähre auf einen Antischwerkraft-Schlitten; ein vier Fuß über dem Boden schwebender Transporter, der sich gemäß in sein Navigationssystem programmierter Koordinaten bewegte.

      Da der Lastenaufzug ein Maximalgewicht von zweitausendfünfhundert Pfund pro Fahrt zuließ, musste man sich in zwei Gruppen aufteilen, um zur Ebene des Observatoriums aufsteigen zu können. Eric und der Präsident zogen es vor, nicht gemeinsam zu fahren.

      Als


Скачать книгу