Lass Dir nicht alles gefallen. Rolf Merkle
(sie schämt sich).
Nun mal ehrlich. Wenn Annelie ihre Hemmungen nicht zum Anlass nehmen würde, sich für minderwertig zu halten, was meinst du, wie ginge es ihr? Wenn Annelie es nicht als eine Schande ansehen würde, dann könnte sie trotz ihrer Hemmungen relativ selbstsicher auftreten.
Auf den ersten Blick scheint das ein Widerspruch zu sein – trotz Hemmungen selbstsicher auftreten. Bei näherem Hinsehen löst sich der Widerspruch jedoch auf.
Angenommen, ich habe Hemmungen, eine Frau anzusprechen. Wenn ich mich dafür schäme, dass ich Hemmungen habe, dann versuche ich natürlich, meine Unsicherheit und Schüchternheit zu verbergen. Schließlich empfinde ich es ja als Schande, unsicher zu sein. Dadurch werde ich noch unsicherer und verkrampfter, weil ich nicht nur Angst habe, die Frau anzusprechen und einen Korb zu bekommen, ich habe zusätzlich Angst, dass diese Frau erkennt, dass ich Hemmungen habe.
Würde ich es nicht als Schande empfinden, Hemmungen zu haben, dann könnte ich trotz meiner Hemmungen die Frau ansprechen – wenn auch vielleicht etwas unbeholfen und verkrampft.
Natürlich könnte ich nicht verhindern, dass sie von mir vielleicht denkt, ich sei unsicher, und sie mich deshalb unattraktiv findet und abweist. Aber zumindest hätte ich es probiert. Wenn ich dagegen vor lauter Hemmungen und Angst, die Frau könnte meine Hemmungen entdecken, sie erst gar nicht anspreche, dann hätte ich von vornherein verloren. Ich würde sie nie kennenlernen und hätte nie die Chance, mit ihr eine Beziehung einzugehen.
Was bedeutet das für dich? Beginne den Teufelskreis der Selbstabwertung zu unterbrechen, indem du dich nicht dafür verurteilst und abwertest, dass du Hemmungen hast und dich nicht durchsetzen kannst.
Anders ausgedrückt: Lerne zu akzeptieren, dass du manchmal unsicher und schüchtern bist.
Solange du dich dafür verurteilst, unsicher zu sein,
solange bleibst du unsicher.
Wenn du dich für deine Unsicherheit verurteilst, dann schüttest du stets neues Öl aufs Feuer, und es lodert von mal zu mal heller, statt schwächer zu werden.
Du bist schüchtern und gehemmt, was vielleicht lästig und unangenehm ist. Ganz bestimmt ist das aber kein Grund, dich dafür zu verurteilen.
Du hast dir diesen Ratgeber gekauft und hast damit den ersten Schritt in Richtung mehr Selbstbewusstsein getan.
3Deine Rechte als Mensch
Sei einzig! Nicht artig!
Um selbstsicher auftreten zu können und zu seinem Recht zu kommen, muss man seine Rechte als Mensch, Angestellter, Verbraucher und Bürger kennen. Man muss wissen, worauf man Anspruch hat, und welche Möglichkeiten es gibt, diesen Anspruch durchsetzen zu können. „Wissen ist Macht“, sagt ein Sprichwort. Richtigerweise müsste es heißen: Wissen, das man anwendet, ist Macht. Natürlich braucht man auch das entsprechende Selbstbewusstsein, um seine Rechte durchzusetzen. Man darf keine Angst haben, die einem zustehenden Rechte einzufordern. Wenn man jedoch nicht weiß, was einem zusteht und was nicht, dann nützt das beste Selbstbewusstsein nichts, man ist letztlich der Dumme.
Deine persönlichen Rechte
Die folgenden Rechte haben keine gesetzliche Grundlage.
Dennoch sind es Rechte, die du, ich und andere Menschen haben, einfach aufgrund der Tatsache, dass wir Menschen sind. Es sind persönliche Rechte, die man sich und anderen einräumen sollte, da sie das Zusammenleben erleichtern.
Du hast das Recht, deine Meinung zu ändern.
Wir können einen Standpunkt, den wir heute vertreten, morgen aufgeben. Wir können morgen nein sagen, wenn wir heute ja gesagt haben. Manchmal versuchen andere uns auf etwas festzunageln, was wir irgendwann einmal gesagt haben. Sie tun das, weil unser Sinneswandel für sie unangenehm ist oder wir für sie dadurch nicht berechenbar sind. Durch den Vorwurf, verantwortungslos zu sein, wollen sie uns manipulieren und veranlassen, zu unserer alten Entscheidung zurückzukehren. Das heißt nicht, dass man nach dem Satz „Was kümmert mich mein Geschwätz von gestern“ handeln sollte. Es geht nicht darum, eine Zusage mutwillig oder aus einer Laune heraus zu brechen. Es treten jedoch manchmal Ereignisse ein, die es notwendig machen, ein gegebenes Versprechen nicht einzuhalten. Es geht darum, dass wir das Recht haben, uns neu zu entscheiden, wenn wir feststellen, dass wir uns geirrt haben, oder wir uns durch das Festhalten an einer Entscheidung in unvorhersehbarer Weise in unserer persönlichen Entfaltung einengen oder schaden.
Du hast das Recht, dass dich etwas nicht interessiert.
Andere versuchen manchmal, uns vorzuschreiben, wofür wir uns zu interessieren haben: für ihre Meinung, ihre Probleme, Politik, Kultur, Sport,…
Wenn wir sagen „Das interessiert mich nicht.“, dann wollen uns andere oft dieses Recht streitig machen, indem sie uns vorwerfen, wir seien verantwortungslos, unvernünftig, egoistisch, dumm oder unmoralisch. Wenn jemand uns einen solchen Vorwurf macht, dann geschieht das nur in der Absicht, uns zu manipulieren. Der andere will, dass wir uns für etwas interessieren, was ihm wichtig ist, und woraus er einen Gewinn zieht.
Du hast das Recht, nein zu sagen, ohne dich schuldig zu fühlen.
Ein „nein“ bedeutet immer, dass ein anderer auf etwas verzichten muss. Verständlich, dass er darüber nicht erfreut ist. Andererseits: Wo steht geschrieben, dass man immer bekommen muss, was man haben möchte? Wir sind nicht dazu da, die Wünsche der anderen zu erfüllen, und die anderen sind nicht dazu da, unsere Wünsche zu erfüllen. Es ist schön, wenn wir von anderen etwas bekommen, aber ein Anrecht darauf haben wir nicht. Die anderen schulden uns nichts und wir schulden den anderen nichts. „Das ist nicht fair.“, werden die anderen sagen, um dich zu manipulieren, und sie haben möglicherweise recht damit. Aber wo steht, dass man ein Recht darauf hat, immer fair behandelt zu werden? Überhaupt: Was ist „fair“? Ist das nicht Auslegungssache? Ist es fair, dass Menschen verhungern, ermordet oder von Autos überfahren werden? Ist es fair, dass manche Menschen mit dreißig Jahren, andere mit 100 Jahren sterben? Das Leben und die Menschen sind nicht gerecht und fair.
Du hast das Recht, Fehler zu machen.
Niemand ist vollkommen. Und doch versuchen manchmal andere einen Fehler von uns als etwas Unrechtes hinzustellen, als etwas, das wir nicht hätten tun dürfen. Natürlich sind auch wir oft selbst schnell bei der Hand, uns für Fehler zu kritisieren und verurteilen. Damit andere uns nicht mit dem Hinweis auf einen Fehler, den wir begangen haben, manipulieren können, müssen wir uns die Erlaubnis geben, Fehler machen zu dürfen, ohne uns als minderwertigen Menschen oder Versager anzusehen.
Verurteilen wir uns selbst für Fehler, dann haben andere leichtes Spiel, uns Schuldgefühle zu machen, und damit haben sie uns in ihrer Hand. Wir tun uns dann schwer, dem anderen etwas abzuschlagen, da wir glauben, wir müssten unseren Fehler wiedergutmachen. Das heißt nicht, dass man Fehler nicht wiedergutmachen sollte, wenn man dadurch anderen Menschen wirklich geschadet hat.
Es geht vielmehr darum, dass man dies nicht aus einem Gefühl der Schuld heraus tut, sondern aus der Einsicht, falsch gehandelt zu haben.
Du hast das Recht, deine Meinung, Gefühle und Überzeugungen zu äußern.
Meinungsfreiheit nennt man das. Die ist sogar im Grundgesetz verankert. Also, mach davon Gebrauch.
Du hast das Recht, dich nicht für anderer Leute Probleme verantwortlich zu fühlen.
Genauso wenig,