Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 5 – Familienroman. Michaela Dornberg

Der neue Sonnenwinkel Jubiläumsbox 5 – Familienroman - Michaela Dornberg


Скачать книгу
du, Mama. Das sind wohl eure erstklassigen Gene, immer durchzuhalten, niemals aufzugeben, stets nach vorn zu blicken. Es freut mich für Sophia. Stell dir bloß vor, wenn Angela sich nicht durchgesetzt hätte, wäre ihre Mutter im Pflegeheim gelandet, und dort hätte sie sich aufgegeben.«

      »Angela hat einen hohen Preis gezahlt. Weil sie sich für ihre Mutter und nicht für ihren Ehemann entschieden hat, stand sie plötzlich mittellos da, hatte nach der Scheidung nichts mehr.«

      »Mama, warum hat sie auch einen solchen Ehevertrag unterschrieben, dieser Mann hat sie so übers Ohr gehauen. Aber, dass er mit allen Wassern gewaschen ist, das sieht man ihm auch an. Ich habe diesen Menschen ja nur ein einziges Mal gesehen, doch das hat mir gelangt. Er ist durch und durch unsympathisch, und ich frage mich noch heute – wie konnte die feine Angela auf so etwas wie diesen Mann hereinfallen?«

      »Inge, etwas muss sie angezogen haben. Darüber zu urteilen, geht uns nichts an. Ich bin auf jeden Fall froh, dass Angela wieder ihren Mädchennamen angenommen hat, dass nichts mehr sie an diesen Herrn Halbach erinnert. Das hat ihn ganz schön getroffen, und das ist gut so. Ich habe übrigens gestern mit Jörg telefoniert.«

      Und das sagte ihre Mutter so ganz nebenbei?

      »Hat er angerufen? Was hat er gesagt? Wie geht es ihm? Ist er ein wenig über die Trennung von Stella hinweg? Vermisst er die Kinder?«

      Es sprudelte nur so aus Inge heraus, und Teresa wartete, bis ihre Tochter sich wieder ein wenig beruhigt hatte.

      »Ich habe ihn angerufen, denn Magnus hat in einer Wirtschaftszeitung einen großen Artikel über Jörg gelesen, und ich wollte von ihm wissen, ob wir den für ihn ausschneiden sollen.«

      »Und sollt ihr?«, wollte Inge wissen.

      Teresa schüttelte den Kopf.

      »Nein, er hat den Artikel selbst. Aber er hat sich sehr über meinen Anruf gefreut. Und was all deine Fragen betrifft, wir haben über all das nicht gesprochen, und ich glaube, dass es Jörg sehr recht war, dass all diese schmerzhaften Themen nicht berührt wurden. Wir haben uns über seine Arbeit unterhalten, über Stockholm. Und er hat Magnus und mich nach Stockholm eingeladen. Wir sollen sehr schnell kommen, und er wird sich für uns Zeit nehmen.«

      »Und …werdet ihr fahren?«

      Als sei es die selbstverständlichste Sache der Welt, antwortete Teresa: »Klar werden wir das, Jörg kümmert sich um die Tickets, und Magnus und ich freuen uns.«

      So waren sie, ihre Eltern. Die waren damals in der schlimmsten Krise auch bereit gewesen, nach Australien zu fliegen und dort zu versuchen, den Familienfrieden der Auerbachs wieder herzustellen.

      »Wenn ihr da seid, könnt ihr euch ja mit Jörg über seine Situation unterhalten. Er hängt an euch, vertraut euch. Und wenn er …«

      Teresa unterbrach ihre Tochter.

      »Inge, Magnus und ich werden gewiss nicht mit diesem Thema beginnen, wenn Jörg reden will, dann gern. Warum kannst du es nicht einfach loslassen? Jörg ist erwachsen, er hat einen verantwortungsvollen Posten, man vertraut ihm. Freilich ist es schade, dass seine Ehe gegen die Wand gefahren ist, dass die Kinder nun in Brasilien leben. Er leidet darunter, davon bin ich überzeugt. Doch Jörg ist stark, er wird nicht daran zerbrechen. Und du hör bitte auf, dir immerzu Gedanken zu machen. Und bitte, Inge, stell Jörg keine Fragen. Wenn er etwas zu sagen hat, dann wird er es von sich aus tun.«

      Es stimmte alles, was ihre Mutter sagte. Aber sie war ganz anders. Inge wollte wirklich, ein wenig mehr von der Stärke ihrer Mutter zu haben.

      »Mama, sollen wir zusammen einen Kaffee trinken?«, lenkte Inge ab.

      »Eigentlich sollte ich ja deine Kaffeesucht nicht unterstützen, mein Kind, aber meinetwegen. Ich kann dir dann auch die ganzen Fotos zeigen, die Ricky mir von der kleinen Teresa geschickt hat. Die Kleine wird immer süßer, und was für wache Äuglein sie hat. Mit der Kleinen werden sie noch ihren Spaß haben, die lässt sich nicht die Butter vom Brot holen.«

      Teresa, das Nesthäkchen von Ricky und Fabian war der Liebling aller, auch ihre Geschwister waren vernarrt in ihre kleine Schwester.

      Inge war froh, dass das Gespräch jetzt eine andere Wendung genommen hatte, weg von allem, was traurig war. Über die kleine Teresa zu sprechen war wie ein Spaziergang im Morgensonnenschein. Alles war licht, verheißungsvoll, strahlend …

      Inge freute sich auf die Fotos, und sie war keine Sekunde lang ungehalten, weil sie die Fotos nicht hatte, sondern dass Ricky sie an die Großeltern geschickt hatte, zu denen sie ein ganz besonderes Verhältnis hatte. Außerdem war es üblich, dass man sich untereinander austauschte.

      Wenn man so wollte, dann waren sie zu beneiden, die Auerbachs und die von Roths. Sie waren sehr eng miteinander, und sie hielten zusammen wie Pech und Schwefel.

      *

      Dr. Peter Bredenbrock hatte es geschafft, er hatte seiner Noch-Ehefrau sehr viel Geld gegeben, und Ilka hatte alles bereitwillig unterschrieben. Sie war sogar mit einer schnellen Scheidung einverstanden, und dass sie die Kinder haben wollte, davon war längst schon keine Rede mehr. Das war bitter. Im Grunde genommen war alles bitter. Er hätte wirklich nicht für möglich gehalten, einmal vor den Trümmern seiner Ehe stehen zu müssen, und er konnte nicht verstehen, dass er diese Frau einmal geliebt hatte, dass es aus dieser Ehe gemeinsame Kinder gab. Ilka war ihm so fremd geworden, dennoch würde sie immer die Mutter seiner Kinder bleiben, und deswegen würde er eine Faust in der Tasche machen, um keinen Missklang aufkommen zu lassen. Einmal Kinder, immer Kinder. Es gab viele Gelegenheiten, bei denen man sich begegnen würde, und da sollte keine Feindschaft herrschen. Von seiner Seite auf jeden Fall nicht, egal, was Ilka ihm und den Kindern angetan hatte. Es würde sie einholen, davon war er überzeugt, und er wollte und würde nichts dazu tun. Er war reich beschenkt, die Kinder waren bei ihm, und sie wollten bei ihm bleiben.

      Der Notar Dr. Rückert hatte alles festgehalten, sie waren sich einig, hatten unterschrieben, jetzt war die Scheidung nur noch eine Formsache.

      Eigentlich hätten sie sich jetzt trennen können, und jeder wäre seine eigenen Wege gegangen. Jeder auf seine Weise glücklich. Ilka, weil ihr unvermutet ein großer Batzen Geld in den Schoß fallen würde, der ihr nicht zustand, und Peter, weil durch diese Regelung endlich Frieden einkehren würde. Und das war für Maren und Tim unbedingt nötig. Die beiden hatten genug durchgemacht und waren endlich dabei, sich ein wenig zu stabilisieren. Vor allem haderten sie nicht mehr mit ihrem Schicksal. Sie begannen, sich im Sonnenwinkel einzuleben, es gefiel ihnen sogar. Das war etwas, was er nach den anfänglichen Schwierigkeiten nicht für möglich gehalten hätte. Gut, die Kinder hatten Freundschaften geschlossen. Und Sophia und Angela von Bergen waren für Maren und Tim mittlerweile so etwas wie Familie. Ganz besonders Angela und Tim waren ein Herz und eine Seele, und das freute Peter ganz besonders. Tim hatte besonders unter dem Verlust seiner Mutter gelitten, und es hatte lange gedauert, bis er darüber hinweggekommen war, dass die Mutter einfach gegangen war, um sich zu verwirklichen und um Spaß zu haben.

      »Trinken wir noch etwas zusammen, Ilka?«, erkundigte Peter sich aus seinen Gedanken heraus.

      Damit war Ilka sofort einverstanden. Noch hatte sie das Geld ja nicht, noch musste sie ihn bei Laune halten. Sie hatten zwar unterschrieben, doch so ganz trauerte Ilka dem Braten noch immer nicht. Es ging ihr nicht in den Kopf hinein, wie jemand ohne Verpflichtung und ohne Not freiwillig dieses viele Geld zahlen wollte.

      Peter kannte sich in der Gastronomie von Hohenborn überhaupt nicht aus. Die Schüler gingen meistens ins ›Calamini‹, doch das war keine gute Idee, er wollte nicht gewissermaßen auf dem Präsentierteller sitzen, irgendeine Freistunde hatte immer jemand, und dann hingen sie im ›Calamini‹ ab.

      Ilka entdeckte ein Bistro, und dahin wollte sie unbedingt gehen. Peter hatte nichts dagegen.

      Gemeinsam liefen sie über den Marktplatz wie zwei Fremde, dabei waren sie sich doch einmal so nahe gewesen. Es war alles weg. Bei ihm war der Bitterkeit die Gleichgültigkeit gefolgt. Und es war schon erschütternd, in Ilka eine Fremde zu sehen. Sie hatten sich nichts mehr zu sagen.

      Spätestens jetzt


Скачать книгу