Kinderärztin Dr. Martens Classic 3 – Arztroman. Britta Frey

Kinderärztin Dr. Martens Classic 3 – Arztroman - Britta Frey


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war überrascht, weil sie mit der Schwiegertochter für dieses Wochenende überhaupt nichts abgesprochen hatte.

      Als der Wagen wenige Augenblicke später vor dem Haus hielt und Ute als Erste aus dem Wagen stieg, sah sie betroffen, dass Ute sich offenbar nicht in bester Verfassung befand. Bevor sie jedoch etwas sagen oder eine Frage stellen konnte, kamen zwei strahlende, kleine Mädchen auf sie zugestürmt und wären ihr am liebsten gleichzeitig um den Hals gefallen.

      »Freust du dich, dass wir gekommen sind, Oma?«, sprudelte Ramona hervor.

      »Natürlich freue ich mich, Schätzchen.«

      »Ich bin auch Omas Schätzchen«, drängte sich die fünfjährige Inka zwischen Ramona und ihre Oma.

      »Natürlich bist du auch Omas Schätzchen, du kleiner Racker. Komm, gib Oma ein Küsschen.« Liebevoll beugte Cora Deiter sich zu dem zierlichen kleinen Mädchen hinunter, das ihr ein feuchtes Küsschen auf die Wange drückte. Dann sagte sie lächelnd: »So, ihr beiden Rangen, geht einmal in den Garten. Ich habe da eine kleine Überraschung für euch. Ihr müsst aber ganz leise sein. Es liegt in einem Körbchen.«

      Ramona nahm ihre kleine Schwester an die Hand, und langsam schlichen sie förmlich um die Hausecke davon. Erst jetzt hatte Cora Deiter Zeit für Ute, die noch eine große Reisetasche aus dem Kofferraum des Wagens herausgeholt hatte.

      »Ist es schlimm, dass wir dich einfach ohne Anmeldung überfallen, Mutter? Ich habe es bei uns in der Wohnung nicht mehr ausgehalten.«

      »Rede keinen Unsinn, Ute. Ich habe dir doch gesagt, dass ihr mir zu jeder Zeit willkommen seid. Wenn du vorher angerufen hättest, dann hätte ich etwas vorbereiten können. Aber macht nichts. Komm erst einmal ins Haus. Einkaufen kann ich auch später noch.«

      Als sie im Innern des Hauses waren und Cora Deiter die Haustür zugeschoben hatte, sah sie Ute noch einmal prüfend in das blasse, schmal gewordene Gesicht und fragte: »Ist etwas nicht in Ordnung, Ute? Gut schaust du gerade nicht aus.«

      »Ich habe auch keine guten Nächte hinter mir, Mutter. Ich mache mir solche Sorgen um Birger. Es sind schon vierzehn Tage her, seit ich von ihm die letzte Nachricht erhalten habe. Warum schreibt er denn auf einmal nicht mehr? Ich begreife es nicht. Er weiß doch, wie sehr ich auf Post von ihm warte. Hast du wenigstens etwas von ihm gehört?« Utes Augen füllten sich plötzlich mit Tränen.

      »Es tut mir leid, Ute, aber ich habe auch vor zwei Wochen die letzte Karte von Birger bekommen. Ich verstehe nicht, warum er sich auf einmal nicht mehr meldet. Es muss jedoch nicht gleich etwas bedeuten. Wir dürfen uns nicht verrückt machen. Du musst nicht weinen. Sollen die Mädchen dich so sehen? Denk doch nur an Italien und auch an Frankreich, wie oft da gestreikt wird. Vielleicht ist es im Moment in Algerien auch der Fall. Etwas Geduld müssen wir schon haben. Ich freue mich auf jeden Fall, dass du mit Ramona und Inka zu mir gekommen bist. Wir werden uns ein paar schöne Tage machen. Du bringst die Sachen von euch hinauf, und ich sorge inzwischen für einen Kaffee, und für die Mädchen habe ich frische Milch da.«

      »Du bist lieb, Mutter, wenn wir dich nicht hätten. Wo bleiben nur Ramona und Inka? Was für eine Überraschung hast du denn im Garten für die beiden?«

      Ute hatte ihre Fassung wiedergefunden und sah die Schwiegermutter fragend an.

      »Ich habe mir einen kleinen Vierbeiner zugelegt, Ute. Gerade zwölf Wochen alt, noch so richtig niedlich. Trulli habe ich sie getauft, es ist nämlich eine Sie, ein kleines Pudelmädchen.«

      »Dann verstehe ich, dass wir nichts von Ramona und Inka hören. Wir hätten uns gern ein Tier angeschafft, aber bei uns in der Wohnung ist es nicht erlaubt. Da sind die Mädchen ja gut aufgehoben. Ich gehe dann und bringe die Tasche mit unseren Sachen nach oben. Wir dürfen doch bis Sonntagabend bleiben, nicht wahr?«

      »Ja, selbstverständlich, Ute. Du kannst mit den Mädchen in meinem Schlafzimmer schlafen, und ich quartiere mich für die beiden Nächte in Birgers altes Zimmer ein.«

      »Das geht doch nicht, Mutter. Dein Bett wollen wir dir nicht fortnehmen«, wehrte Ute ab, doch Cora Deiter entgegnete lächelnd: »Quatsch, Ute … Bett ist Bett! Und ihr habt in den Doppelbetten mehr Platz. Für mich reicht das von Birger. Nun geh schon.«

      Ute war gerade oben, als es heftig an der Hintertür klopfte. Als Cora Deiter die Tür öffnete, wurde sie so heftig von den beiden kleine Mädchen umhalst und gedrückt, dass sie lachend abwehrte und dabei sagte: »Nun lasst doch eure Oma leben. Ich bekomme ja überhaupt keine Luft mehr.«

      »Oma, Oma, du bist die liebste, die beste Oma auf der ganzen Welt. So ein niedliches Hündchen, und es beißt überhaupt nicht. Wie heißt es denn?«

      »Oma, darf ich das Hündchen mitnehmen und Vati zeigen, wenn er kommt?«, fragte Inka und strahlte die geliebte Oma an.

      Gerührt sah Cora Deiter in die leuchtenden Kinderaugen. Wie schnell konnte man Kindern eine Freude machen!

      »Oma, so sag doch, wie das Hündchen heißt?«, wollte Ramona erneut wissen.

      »Es heißt Trulli, Schätzchen. Ist Trulli nicht ein hübscher Name?«

      »Doch, Oma, Trulli, das gefällt mir gut. Wir gehen wieder in den Garten hinaus.«

      »Halt, halt, ihr zwei, dazu werdet ihr noch genug Zeit haben. Jetzt kommt ihr erst einmal mit mir in die Küche, da gibt es für euch ein Glas warme Milch. Leckere Plätzchen habe ich auch noch für euch.«

      Das ließen sich die beiden Mädchen nicht zweimal sagen. Zufrieden saßen sie am Küchentisch, tranken ihre Milch und knabberten dazu Spritzgebäck, als Ute zu ihnen kam.

      Natürlich mussten sie dabei auch die Neuigkeit mit dem Hündchen Trulli loswerden.

      So waren Ramona und Inka gut beschäftigt. Nur mit gutem Zureden waren sie später dazu zu bewegen, mit ihrer Mutti und ihrer Oma spazieren zu gehen. Und am liebsten hätten sie das kleine schwarze Wollknäuel noch am Abend mit ins Bett genommen.

      Doch für alle viel zu rasch war das Wochenende auch wieder vorbei, und Ute fuhr mit ihren beiden Mädchen wieder in ihre Wohnung in die Stadt zurück.

      *

      Bevor Ute mit den Mädchen abgefahren war, hatte Cora Deiter der Schwiegertochter geraten: »Warte noch ein paar Tage, ob nicht doch noch eine Nachricht von Birger kommt. Sag mir sofort Bescheid, falls du Post von ihm erhältst. Wenn du auch in der kommenden Woche keine Post bekommst, dann fahr doch zu Birgers Firma. Die müssen dort auf jeden Fall wissen, ob da in Algerien alles in Ordnung ist. Es ist immerhin ein großes Werk, was dort erstellt wird. Man wird sich dort um die Männer kümmern.«

      »Ich werde deinen Rat befolgen, Mutter. Ich sage dir dann telefonisch Bescheid«, hatte Ute geantwortet, danach winkten Ramona und Inka noch einmal, und langsam entschwand der Wagen Coras Blicken. Erst als nichts mehr zu sehen war, ging sie ins Haus zurück. Und nun fiel auch die von ihr zur Schau gestellte Fröhlichkeit ab, die sie während des Wochenendes gezeigt hatte. Mit einer müden Geste strich sie sich eine Haarsträhne aus der Stirn. Sie war über das Ausbleiben jeglicher Nachricht von ihrem Sohn sehr unglücklich. Jetzt, da sie wieder allein war, konnte sie sich gehen lassen. Nur der Schwiegertochter gegenüber hatte sie es verborgen, um deren Herz nicht noch schwerer zu machen. Sie hatte in einer Nachrichtensendung etwas von Unruhen in Algerien gehört. Es war zwar schon drei Wochen her, aber sie hatte Ute gegenüber nichts davon verlauten lassen. Ihr selber jedoch hatte es schlaflose Nächte bereitet.

      Während Cora Deiter voller Sorgen an ihren Sohn dachte, der irgendwo in diesem fremden Land weilte, wurde Ute auf der ganzen Rückfahrt durch das muntere Geplauder ihrer beiden Mädchen von ihren Sorgen abgelenkt.

      Erst als beide in ihren Betten lagen und schon lange schliefen, überfiel Ute erneut die bedrückende Einsamkeit, und ihre Sorgen drängten sich wieder in den Vordergrund, ließen sie keinen Schlaf finden.

      Ein paar Tage des Wartens auf Nachricht von Birger gingen vorüber, und Utes Herz wurde immer schwerer. Noch ein oder zwei Tage, dann fahre ich aber zu Birgers Chef in die Firma, nahm sie sich vor. Doch es kam dann alles ganz anders.

      Es


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