Liebesglück unter italienischer Sonne - Un Amore Italiano. Liza Moriani

Liebesglück unter italienischer Sonne - Un Amore Italiano - Liza Moriani


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eigentlich glich das Ganze – ihr überstürzter Aufbruch von zu Hause, die Fahrt von Memmingen hierher an den Comer See – eher einer Flucht. Ja, das war es tatsächlich, eine Flucht. Eine Flucht aus ihrem alten Leben, eine Flucht aus der Traurigkeit, die sie in den letzten Wochen und Monaten so oft verspürt und die sie gefangen gehalten hatte. Nun aber hatte sie einen Zufluchtsort gefunden, einen Ort, an dem sie Kraft schöpfen und sich auf ihr neues Leben einrichten konnte, so hoffte Petra jedenfalls.

      Die junge Frau ging zur Balkontür, öffnete diese und die dahinter liegenden Fensterläden und ihr Blick erfasste genau das, was sie zu sehen erhofft hatte – den Comer See in seiner vollen Schönheit, und das direkt von ihrem Hotelzimmer aus. Der Alte von der Rezeption hatte also tatsächlich nicht zu viel versprochen – dieses Zimmer mit seinem Blick auf den See war tatsächlich wunderschön.

      Petra atmete tief durch und genoss die nachmittäglichen Sonnenstrahlen, die auch jetzt schon, Ende Mai, sehr kräftig waren. Das blaue Wasser, das sich fast bis zum Horizont erstreckte, die kleine Stadt am anderen Ende des Ufers, die Berge – Petra fühlte sich in diesem Moment so glücklich wie schon lange nicht mehr. Wenn sie sich die Landkarte, die sie gestern Abend studiert hatte, um zu sehen, wie sie von Memmingen aus fahren musste, in Erinnerung rief, dann musste die kleine Stadt am gegenüberliegenden Seeufer Bellagio sein. Hier hatte sie als junges Mädchen von zehn oder elf Jahren mit ihren Eltern zwei- oder dreimal Urlaub gemacht und schon damals die gelassene Heiterkeit der Italiener bewundert.

      Genau aus diesem Kindheitsgefühl heraus hatte sich Petra jetzt wieder für einen Urlaub am Comer See entschieden. Sie hoffte so sehr, hier ihre eigene Leichtigkeit wiederentdecken zu können. Eine Leichtigkeit, die sie in den letzten Jahren einfach verloren hatte.

      Allerdings hatte sie sich von ihrem kleinen Gehalt und aufgrund der vielen teuren Ausgaben der letzten Monate kein Hotelzimmer in Bellagio leisten können und deshalb über ein Online-Buchungsportal dieses hübsche Zimmer in Griante gebucht. Wenn sie es jetzt so recht überlegte, war es schon etwas erstaunlich, dass sich der alte Pietro tatsächlich noch auf so eine neumodische Buchungsmöglichkeit wie dieses Onlineportal eingelassen hatte. Zumal der Computer, den Petra hinter dem Tresen an der Rezeption gesehen hatte, ähnlich alt wie Methusalem sein mochte – zumindest aber sicherlich aus dem letzten Jahrtausend stammte. Dass Pietro damit tatsächlich ins World Wide Web gelangen konnte, bezweifelte Petra arg.

      Jetzt aber hatte sie nur noch einen Wunsch: ab unter die Dusche, das herrlich erfrischende Wasser auf der Haut spüren und dann einen Happen essen. Sie war seit den frühen Morgenstunden unterwegs und hatte nur an einer der Autobahnraststätten kurz hinter Bellinzona einen Espresso im Stehen getrunken. Zum Essen war sie noch gar nicht gekommen, der Appetit fehlte, Petra war viel zu aufgeregt gewesen – schließlich war das hier ihr erster Urlaub als Singlefrau seit vielen Jahren und sie hatte sich schon vor der Abreise in Memmingen eingestehen müssen, dass sie ziemlich nervös war. Obwohl es dafür eigentlich gar keinen Grund gab. Sie fuhr weder alleine nach Thailand noch hatte sie eine Dschungelexpedition geplant – ihr Ziel war ein kleines Hotel in Italien ...

      ***

      Eine halbe Stunde später stand Petra frisch geduscht und umgezogen im Foyer des Hotels, von Pietro war wieder nichts zu sehen. „So sieht es also aus, wenn die Rezeption rund um die Uhr besetzt ist“, schmunzelte sie leise vor sich hin, war aber andererseits auch nicht sehr traurig darüber, jetzt gerade kein Gespräch mit ihm führen zu müssen.

      Als sie aus der Hoteltür trat, zog die erste leichte Abenddämmerung über den See. Die Sonne senkte sich am Horizont über dem Wasser und es war längst nicht mehr so warm draußen wie noch am Nachmittag, als Petra angekommen war. So war sie froh, nun eine leichte Strickjacke dabeizuhaben, ein Mitbringsel von der letzten Reise, die sie mit Frank unternommen hatte.

      Petra seufzte leise. „Frank.“ Nein, an den wollte sie gerade heute Abend beim besten Willen nicht denken. Der Urlaub sollte einen schönen Auftakt haben ... und dazu würden die Gedanken an ihren Ex sicherlich nicht beitragen.

      Bei der Ankunft hatte Petra bereits aus dem Augenwinkel heraus das kleine Restaurant auf der gegenüberliegenden Seite des Hotels wahrgenommen. Hinter einer alten Steinmauer waren in einem Gastgarten kleine Tische eingedeckt und die ersten Gäste hatten Platz genommen. Alles wirkte hier unter den alten Platanen, die ihre ersten sattgrünen Blätter wie einen Schirm bereits ausgebreitet hatten, sehr gemütlich und verströmte das südländische Flair, das Petra sich für ihre paar freien Tage erhofft hatte – sogar so weit oben im Norden Italiens.

      Gerade als sie auf einen der freien Tische zusteuern wollte, stellte sich Petra ein junger Kellner in den Weg. „Buona sera, meine Dame“, sagte er galant. „Kommen Sie bitte mit, ich habe einen ganz besonderen Tisch für Sie.“

      Petra nickte dankbar und folgte dem jungen Mann, der ihr einen Platz direkt an der Ufermauer mit Blick auf das Wasser zuwies.

      „Hier haben Sie einen schönen Blick über den See“, ergänzte er, nachdem sie sich gesetzt und er ihr die Speisekarte überreicht hatte. „Darf ich Ihnen bereits ein Getränk servieren?“

      „Bitte bringen Sie mir ein Glas Vino della casa und eine Karaffe Wasser“, antwortete Petra.

      Der Kellner nickte und verschwand.

      Petra ließ den Blick über den See schweifen. Wie schön es hier war! Das Wasser, das sie leise an die Mauer plätschern hörte, der Blick auf die Stadt am anderen Ufer ... und natürlich die seichten Hügel, die sich ihrem Auge erschlossen – traumhaft.

      Inzwischen war der junge Kellner mit den Getränken und einem Gruß der Küche zurückgekehrt – Bruschetta, so wie Petra sie liebte, mit frischen Tomaten, einem Hauch Knoblauch, jeder Menge Olivenöl, einigen Blättchen Basilikum und fein geschnittenem Parmesankäse. Ein wahrer Gaumenschmaus. So hatte sich Petra den Auftakt gewünscht – ein gutes Essen, ein Glas Rotwein – dieser Abend schien perfekt zu werden.

      Als Petra dann die Hauptspeise – ein Risotto alla milanese – verzehrt und ein zweites Glas Rotwein bestellt hatte, da kamen sie allerdings doch, die Gedanken, die sie so sehr hatte vermeiden wollen an diesem ersten Abend. Wie dunkle Gewitterwolken nach einem schönen Sommertag schlichen sie sich in ihr Bewusstsein und holten aus den Tiefen ihrer Seele hervor, was sie in den letzten Wochen, ja, Monaten erlebt hatte.

      Denn Petra hatte eine schmerzvolle Trennung hinter sich. 15 Jahre lang war sie die Frau an seiner Seite gewesen, an der Seite von Frank, einem heute erfolgreichen Architekten mit Beteiligung an einem Architekturbüro in München.

      15 lange Jahre hatte sie diesem Mann, ihrer großen Liebe, den Rücken freigehalten, hatte ihr Germanistikstudium aufgegeben, um sein Studium zu finanzieren, weil sich sein Vater nach der Scheidung von seiner Mutter ins Ausland abgesetzt und fortan keinen Unterhalt mehr überwiesen hatte. Und weil seine Mutter fast mittellos war, denn sie hatte während der Ehe für die Schulden ihres Mannes gebürgt – und stand nach der Trennung und seinem Verschwinden vor einem Schuldenberg, den sie kaum alleine abtragen konnte. Damals hätte Frank sein Studium in Mainz fast schmeißen müssen. Und Petra hatte angeboten, ihr Studium für einige Zeit zu unterbrechen, damit Frank seines zu Ende bringen konnte, denn für sie hatte schon damals außer Frage gestanden, dass ihre Beziehung für die Ewigkeit sein sollte – auch ohne Trauschein.

      „Mäuschen“, hatte Frank in den folgenden Jahren immer wieder gesagt, „ich mache mein Studium fertig. Und wenn ich fertig bin und richtig Geld verdiene, dann studierst du einfach weiter. Das kriegen wir schon hin!“

      „Ja“, ging es Petra an diesem Frühlingsabend durch den Kopf, „das kriegen wir schon hin!“

      Wie naiv sie doch gewesen war! Hatte tatsächlich viele Jahre lang daran geglaubt, dass Frank es ernst meinte mit diesem Versprechen. Doch nach seinem Studium wollte er erst einmal Berufserfahrung sammeln. „Mäuschen“, hatte er gesagt, „da müssen wir flexibel sein. Ich möchte gerne in verschiedenen Büros arbeiten und so viele Erfahrungen sammeln wie möglich. Da wäre es schön, wenn du mir noch zwei oder drei Jahre den Alltagskram abnehmen könntest. Aber wenn ich sicher im Sattel sitze, dann studierst du weiter.“

      Wie


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