Butler Parker Jubiläumsbox 4 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker Jubiläumsbox 4 – Kriminalroman - Günter Dönges


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wurde die Tür vorsichtig geöffnet.

      »Mr. Parker?« fragte eine überraschend helle Stimme.

      »Parker ist mein Name, Josuah Parker«, stellte der Butler sich vor. »Habe ich die Ehre mit Mr. Digetti?«

      Die Tür wurde weiter aufgezogen.

      Ein großer, hagerer Mann von asketischem Aussehen und in nachlässiger Kleidung produzierte so etwas wie ein fragendes Lächeln. Dieses Lächeln stand im krassen Gegensatz zu dem zweiläufigen Gewehr, das der Mann in der Hand hielt.

      »Hallo, Mr. Digetti? Erinnern Sie sich noch an uns?« Mike Rander verließ die Deckung und nickte dem hageren Mann zu, dessen Gesichtsfarbe ungesund und gelb aussah.

      »Ich bin John Digetti … Mr. Rander, nicht wahr?«

      »Mike Rander. Ihr Anwalt von damals. Hoffentlich stören wir nicht.«

      »Aber nein! Kommen Sie herein. Ich bin froh, besucht zu werden.«

      »Sah aber nicht danach aus«, stellte der Anwalt zweifelnd fest. »Sind Sie in letzter Zeit belästigt worden?«

      »Wie kommen Sie darauf?« John Digetti sah den Anwalt überrascht an. Dann merkte er wohl, daß Rander auf die Flinte angespielt hatte und lächelte wieder dünn: »Man muß sich hier draußen in der Einsamkeit vorsehen. – Es treibt sich zuviel Gesindel herum!«

      John Digetti drehte sich um und ging voraus, ohne sich weiter um seine beiden Gäste zu kümmern.

      Rander und Parker folgten ihm in eine große, düstere Halle, in der es nach verbranntem Holz roch. Alle Vorhänge waren geschlossen. Sie hielten das Tageslicht fern. In der Nähe eines mächtigen Kamins brannte eine Stehlampe. Ihr Lichtschein reichte gerade aus, die Umrisse des altertümlichen Mobiliars erkennen zu können.

      »Setzen Sie sich! Sagen Sie mir, was Sie hierhergeführt hat!« Digetti ließ sich in einen gepolsterten Schaukelstuhl fallen und griff nach einer Zigarre, die qualmend in einem Aschenbecher lag, der auf einem niedrigen Rauchtisch stand.

      »Sie praktizieren nicht mehr?« fragte Mike Rander rundheraus.

      »Aber nein! Mich widert alles an. Sie wissen doch, daß man mir meine Existenz vernichtet hat.«

      »Die letzten Jahre müssen sehr bitter für Sie gewesen sein?«

      »Sie waren heilsam, Mr. Rander. Ich habe den Wert der Einsamkeit kennengelernt. Wenn Sie wissen, was ich meine.«

      »Sie leben hier völlig allein?«

      »Ich verachte die Menschen«, erklärte Digetti ruhig und sachlich.

      Als Mike Rander ihn fragend ansah, fühlte Digetti sich veranlaßt, sich näher über dieses Thema zu verbreiten. Während Mike Rander interessiert zuhörte, sah Parker sich den ehemaligen Heilpraktiker genau an.

      Die dunklen, großen Augen des Mannes strömten eine gelassene Ruhe, aber auch eine große Kraft aus. Sie paßten so gar nicht in das hagere, asketische Gesicht. Die schmale, große Nase und der messerscharfe Mund mit den tiefen Falten an den Seiten verrieten etwas von der Energie, die in diesem Manne stecken mußte. Das eckige, knochige Kinn, unterstrich nur noch diesen Eindruck.

      »Sind Sie aus einem bestimmten Grund zu mir gekommen?« fragte Digetti gerade, als Parker sich wieder auf die Unterhaltung konzentrierte.

      »Es war mehr oder weniger reiner Zufall«, gab Mike Rander zurück. Parker wollte zustimmend nicken, als er plötzlich den Eindruck hatte, als lege sich ein eiserner Reif um seinen Schädel.

      Er wußte plötzlich, daß Digetti sich auf seine Fähigkeit als Hypnotiseur besonnen hatte.

      Parker kniff unmerklich die Augen zusammen, als dieser Druck um die Stirn sich noch verstärkte. Eine wohltuende Müdigkeit erfaßte ihn. Beschaulicher Friede breitete sich in ihm aus. Er fühlte sich ausgezeichnet, spürte plötzlich nicht mehr den Druck und lehnte sich entspannt und zufrieden in seinen Sessel zurück.

      Zustimmend nickte er, als Mike Rander zu erzählen begann. Der Anwalt hatte keine Bedenken, vom wahren und wirklichen Grund seines Besuches zu sprechen. Er erwähnte Lieutenant Hunter, den Spezialagenten Randall und auch den Verdacht der Behörden, ein gewisser John Digetti könne unter Umständen eine Supergang aufgezogen haben.

      »Stimmt denn das wirklich, Mr. Parker?« erkundigte sich Digetti bei dem Butler. Das Gesicht des Fragenden verriet Güte und Verständnis.

      »Ich kann den Worten meines Herrn nichts hinzusetzen«, erwiderte der Butler würdevoll. »Wir sollen in der Tat ausfindig machen, Sir, ob Sie als eine Art Gangsterboß in Betracht kommen.«

      »Und zu welchem Schluß sind Sie gekommen? »

      »Der Verdacht der Polizei ist, bei allem Respekt, geradezu grotesk«, gab der Butler entschieden zurück. »Er bedeutet eine Unterstellung, die man entschieden zurückweisen muß!«

      »Ich freue mich, daß Sie zu diesem Schluß gekommen sind«, gab John Digetti höflich zurück. »Hoffentlich werden Sie auch in diesem Sinne der Polizei berichten.«

      Parker und Rander beeilten sich, in diesem Sinne auch zu antworten. Von Sekunde zu Sekunde verstärkte sich ihr Gefühl, daß man diesem so friedlichen Mann unrecht tun wollte.

      Und sie waren davon auch noch überzeugt, als sie wieder in ihrem Wagen saßen und zurück auf die Landstraße fuhren.

      »Ein prächtiger Bursche«, meinte Anwalt Rander. »Eines weiß ich ganz sicher, die Polizei ist auf dem falschen Dampfer. Digetti tut keiner Fliege etwas zuleide!«

      »Hinsichtlich der Fliegen erlaube ich mir, Ihnen beizupflichten, Sir!«

      »Wie bitte? Sind Sie etwa anderer Ansicht?«

      »In der Tat, Sir, zumal Sie von Mr. Digetti auf wenig schöne Art und Weise hypnotisiert wurden!«

      »Ausgeschlossen!«

      »Ich fürchte, ich muß bei meiner Behauptung bleiben, Sir. Er versuchte es auch bei mir, doch ich fand nur sehr wenig Gefallen an dieser Rolle und widersetzte mich seinen Ausstrahlungen.«

      Rander bremste den Wagen scharf ab.

      »Sind Sie sicher?« fragte er dann bestürzt.

      »Vollkommen sicher, Sir! Mr. Digetti konnte nicht wissen, daß ich die Techniken und Praktiken der Hypnose studiert habe. Als ich seinerzeit einmal die Ehre hatte, der Butler des Earl of Westhamshire zu sein, unterwies er mich in der Hypnose, einem Steckenpferd, dem mein damaliger Herr frönte.«

      »Demnach haben wir es ja mit einem ausgekochten Gauner zu tun«, entrüstete sich der Anwalt.

      »Mit einem Hypnotiseur, Sir, wenn ich Sie korrigieren darf. Mehr ist vorerst nicht erwiesen und bekannt.«

      »Mit einem Gauner«, ärgerte Mike Rander sich laut. »Er hat mich ohne meine Einwilligung hypnotisiert. Das ist ungesetzlich.«

      »War aber auf der anderen Seite, Sir, wenn ich mir diesen Hinweis gestatten darf, äußerst aufschlußreich. Seine Fähigkeiten dürfte Mr. Digetti demnach nicht verloren haben!«

      »Dann ist das FBI also doch auf der richtigen Spur!«

      »Auch das bleibt fraglich, Sir. Um sicherzugehen, müßte man Mr. Digetti einen ungebetenen und überraschenden Besuch abstatten.«

      »Nichts lieber als das. Ich möchte ihm gehörig auf die Finger klopfen. Eine verdammte Frechheit, mich ohne Erlaubnis so einfach in Trance zu setzen!«

      »Ich fürchte, Sir, vorerst gilt es, andere Dinge zu erledigen«, warf der Butler ein.

      »Und die wären?«

      »Wir werden augenscheinlich verfolgt!«

      *

      Mike Rander schaute sich ungeniert um.

      Nach wenigen Sekunden wußte er, daß sein Butler wieder einmal richtig gesehen hatte. Ein unauffällig aussehender, staubbedeckter Ford folgte ihnen hartnäckig.


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