Butler Parker Jubiläumsbox 4 – Kriminalroman. Günter Dönges
Anwalt zusammen mit Rita Malconas Hilfe auf eine schmale Liege gehoben und beträufelte das Gesicht des wieder zu sich kommenden Anwalts mit Wassertropfen.
»Verflixt …!« sagte Mike Rander stöhnend. Er faßte sich in den Nacken und versuchte, sich aufzurichten.
»Bleiben Sie ruhig liegen«, entgegnete Rita Malcona, die sich erstaunlich ruhig und gefaßt zeigte. »Soll ich einen Arzt holen?«
»Ich glaube mit Sicherheit annehmen zu können, daß wir dessen nicht bedürfen«, stellte Parker nach einer weiteren Untersuchung fest.
»Dann besorge ich Ihnen einen Drink«, meinte die Tänzerin. Und bevor Parker erneut Einwände ins Treffen führen konnte, hatte sie bereits die Garderobe verlassen.
»Ich möchte auf keinen Fall aufdringlich sein, Sir«, schickte Parker voraus, »aber es würde mich doch brennend interessieren, woher diese Schwellung rührt, die ich in Ihrem Nacken gefunden habe.«
»Woher wohl? Ich bin niedergeschlagen worden.« Rander fühlte sich schon wieder besser und richtete sich auf. »Als ich hierher zur Garderobe wollte, bekam ich den Schlag ab!«
»Ich darf nicht hoffen, Sir, daß Sie den Täter gesehen haben?«
»Leider nicht, Parker. Ich ging sofort zu Boden, kam dann wieder hoch und flüchtete hierher …!«
»Ein abscheuliches Attentat«, erklärte Parker nachdrücklich. »Ob es mit dem Mordbrief ein Zusammenhang besteht, den Sie und meine Wenigkeit heute morgen erhalten haben?«
»Dann hätte man wohl auf mich geschossen, Parker, oder?«
»Allerdings, Sir!«
»Zerbrechen wir uns nicht unnötig den Kopf, Parker. Früher oder später bekommen wir heraus, wer mich zu Boden geschickt hat. Was haben Sie inzwischen gemacht, als die Malcona draußen auf der Bühne mit einem Wurfmesser beworfen wurde?«
»Darf ich dieses Messer einmal sehen, Sir?«
»Hier ist es …! Moment mal, jetzt sind es ja zwei …!«
»Eben, Sir. Dieses handliche Wurfmesser, dies hier in meiner linken Hand, wurde auf dem Parkplatz unfreundlicherweise auf mich geschleudert. Und dieses Messer hier dürfte von der Bühne stammen. Beide müssen aus der gleichen Kollektion stammen, wenn ich nicht sehr irre …!«
»Denken Sie mal an die Unterschrift unter unserem Drohbrief.«
»Sie spielen damit auf die ›Langen Messer‹ an, nicht wahr?«
»Natürlich. Worauf sonst, Parker. Merken Sie was! Ob das zweite Messer gar nicht der Malcona galt?«
»Sie glauben, es sei auf Sie geschleudert worden, Sir?«
»Immerhin saß ich sehr nahe an der Bühne …!«
»In beiden Fällen ein mehr als miserabler Messerwerfer«, stellte Parker kopfschüttelnd fest.
»Hoffentlich bedauern Sie das nicht zu sehr«, spottete Mike Rander. »Was mich anbetrifft, so bin ich verdammt froh darüber. Die Dinger sind nämlich rasiermesserscharf.«
»Ich erlaube mir, mir einige Gedanken zu machen, Sir.«
»Nichts dagegen einzuwenden. Was brüten Sie denn aus?«
»Ich denke an einen Drohbrief, der nichts anderes enthält als eine lupenreine Mordandrohung, Sir, die sich auf Sie und meine bescheidene Wenigkeit bezieht.«
»Schön, aber das sind inzwischen alte Hüte, Parker.«
»Ich denke ferner an die Unterschrift Sir, die eindeutig drauf hinweist, daß Messerhelden in des Wortes wahrster Bedeutung tätig werden wollen.«
»Na und?«
»Nun, Sir, in zwei Fällen sind diese Messerhelden bereits aktiv geworden was Sie nicht abstreiten können. Und in beiden Fällen erweisen sich die Messerhelden als das, was man im Volksmund so treffend Nieten nennt.«
»Und die Schlußfolgerung? Auf so etwas wollen Sie doch hinaus?«
»Vielleicht, Sir, haben wir es gar nicht mit Messerhelden zu tun.«
»Ich verstehe kein Wort, Parker.« Mike Rander sah seinen Butler mit verständnislosem Kopfschütteln an.
»Ich leider auch nicht, Sir«, gestand Josuah Parker. »Meine Gedanken bedürfen erst noch einer gründlichen Klärung, ein Vorgang, den Sie mir bitte erlauben wollen.«
»Melden Sie sich, wenn es soweit ist«, gab Mike Rander ironisch zurück. »Kümmern wir uns inzwischen aber um Rita Malcona. Sie braucht sehr viel Zeit, um den Drink zu besorgen …!«
*
Parker sorgte sich um die »Weiße Göttin«.
Nachdem er sich noch einmal vergewissert hatte, daß er seinen jungen Herrn allein zurücklassen konnte, verließ er die Garderobe und suchte nach Rita Malcona. Wie gesagt, seiner bescheidenen Ansicht nach hätte sie längst mit dem Drink zurück sein müssen. Wo war sie geblieben? Was war passiert?
Nun, der Butler wurde seiner Sorgen enthoben, als er sie plötzlich aus einem Zimmer kommen sah. Er merkte sofort, daß sie zumindest leicht beschwipst war. Sie taumelte leicht und hielt eine Flasche Whisky in der Hand. Als sie den Butler erkannte, winkte sie ihm mit einer unsicheren Handbewegung zu.
»Na, Alterchen«, meinte sie dann sehr aufgeräumt, »Sehnsucht nach mir gehabt? Nur nicht ungeduldig werden, Rita kommt immer wieder zurück. Sie hat nur einen kleinen Schluck getrunken. Bin jetzt wieder vollkommen in Ordnung …!«
»Ihre Angst muß ungewöhnlich groß sein«, gab Parker gemessen zur Antwort.
Wieso Angst? Wieso soll ich Angst haben?« erwiderte sie mit schriller Stimme. Sie lachte plötzlich nicht mehr und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand des Korridors. »Los, sagen Sie schon, weshalb ich Angst haben sollte?«
»Mr. Rander wartet auf den Drink«, erwiderte Parker, schnell das Thema wechselnd. »Darf ich Sie zur Garderobe begleiten?«
»Ich will hier weg«, gab sie zur Antwort und tat nichts mehr, ihre Angst zu verbergen. »Los, alter Knabe, bringen Sie mich weg …! Ich weiß, daß ich umgebracht werden soll.«
»Und von wem, wenn mir diese höfliche Frage gestattet ist?«
»Von Harris …!« sagte sie leise. So leise, daß Parker diesen Namen gerade noch verstehen konnte.
»Meinen Sie etwa Lee Harris?« fragte Parker erstaunt zurück.
»Wen denn sonst …! Wenn Lee sich was in den Kopf gesetzt hat, dann tut er es auch. Los, bringen Sie mich weg! Ich trete nicht mehr auf!« Sie stehen unter Mr. Randers Schutz«, erklärte Parker nachdrücklich.
»Von meinem bescheidenen Schutz erst gar nicht zu sprechen, Miss Malcona. Kommen Sie!«
Sie ließ sich willig zur Garderobe geleiten und nickte Rander nur flüchtig zu, der sie erstaunt ansah. Rita Malcona raffte einige Kleidungsstücke an sich und verschwand hinter dem Vorhang, hinter dem Parker sich erst vor wenigen Minuten verborgen hatte.
Rander sah seinen Butler fragend an, doch Josuah Parker schüttelte nur betont den Kopf. In Anwesenheit von Rita Malcona wollte er nichts sagen.
Die »Weiße Göttin« zog sich sehr schnell um und an. Es dauerte nur wenige Minuten, bis sie wieder hinter dem Vorhang hervortrat. Sie trug jetzt ein einfach geschnittenes, fast unauffälliges Kostüm. Ihr Gesicht war nur noch eine Maske. In ihren Augen aber stand die nackte Angst.
»Worauf warten wir noch?« fragte sie Rander. »Bringen Sie mich weg! Sie wollen mir doch helfen, oder?«
»Und wohin dürfen wir Sie bringen, Miss Malcona?« erkundigte sich Josuah Parker. »Dürfte es Ihre Wohnung sein, Madam?«
»Sind Sie wahnsinnig?« fragte Rita Malcona nervös. »Wie ich Lee kenne, wird er gerade dort auf mich warten.«
»Sie sprechen erneut von jenem Mr.