Butler Parker Box 9 – Kriminalroman. Günter Dönges

Butler Parker Box 9 – Kriminalroman - Günter Dönges


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sehr um Strander, aber das nur am Rande.

      Dann ist da ein gewisser Mike Vellers, der Makler ist. Ferner Richard Strollen, ein Schauspieler, dessen große Zeit längst vorüber ist. Er wird von allen immer nur gehänselt und ärgert sich jedesmal prompt wie auf Bestellung. Vor ihm müssen Sie sich besonders hüten, Parker. Er ist geradezu versessen darauf, von alten, besseren Zeiten zu erzählen. Wenn er erst einmal anfängt, dann hört er so leicht nicht wieder auf.

      Dann haben wir es ferner mit Walter B. Winchel zu tun, einem Filmproduzenten, der sich von Strander eine Menge Geld erhofft, um einen Film drehen zu können. Als Lockvogel hat er eine Schriftstellerin mitgebracht, die sich Liz Talbot nennt.

      Und schließlich befindet sich an Bord noch Michael Trotters. Das heißt, er befand sich an Bord …«

      »Darf ich vermuten daß dies der Tote ist, der ermordet wurde?«

      »Richtig, Trotters war Sekretär von Strander. Der angebliche Unfall, der ihm zustieß, ist mehr als merkwürdig. Warum, will ich Ihnen auch gleich sagen, Parker … Vor zwei Nächten, es war gegen Morgen, erscholl der Ruf ›Mann über Bord‹. Selbstverständlich stoppte die ›Sulla‹ sofort. Wir suchten mit dem Scheinwerfer die Wasseroberfläche ab, aber wir konnten einfach nichts ausmachen. Es war wie verhext. Die See lag vollkommen still, dennoch war nichts zu entdecken. Nach stundenlangem Suchen gaben wir bei Helligkeit endlich auf: Trotters blieb verschwunden.«

      »Ich höre, Sir, ich höre …«, sagte Parker nur und malte unverständliche Zeichen in sein Notizbuch.

      »An Bord herrschte natürlich die Meinung, es habe sich um einen Unfall gehandelt, ich aber glaube nicht daran. Es muß ein Mord gewesen sein.«

      »Sir, ich würde sagen, wenn Sie einen Mord vermuten, dann, dann muß ein Mord vorliegen«, erklärte Butler Parker mit Nachdruck. »Darf ich übrigens an dieser Stelle einflechten, daß ich diese Bemerkung nicht als glatte Schmeichelei aufgefaßt wissen möchte. Das Gegenteil ist eher der Fall, denn …«

      »So sind Sie doch um Himmels willen erst einmal still«, sagte Mike Rander und hob in entsetzter Abwehr die Hände. »Lassen Sie mich erst mal ausreden.«

      »Sir, Sie wissen, Ihre Wünsche sind mir immer Befehl gewesen und …«

      »Also, ich komme wieder zur Sache«, redete Mike Rander schnell weiter. »Einige Stunden nach diesem angeblichen Unfall lag ich in meiner Kabine. Meiner Schätzung nach war es etwa um Mitternacht. Im Einschlafen hörte ich plötzlich ein Geräusch, als wenn ein schwerer Gegenstand ins Wasser gefallen wäre … Sie können sich vorstellen, daß ich hochschreckte. Ich trat ans Bullauge, konnte aber nichts sehen. Ich zog mir den Morgenmantel über und rannte nach oben. An Deck war alles vollkommen leer, bis auf einen Matrosen, der hinter dem Aufbau hervortrat und auf mich einen recht nervösen Eindruck machte. Ich fragte den Mann nach dem Geräusch, er aber will nichts gehört haben. Nun, ich beruhigte mich wieder, aber als später dann Trotters vermißt wurde, da kamen mir doch einige Bedenken.«

      »Sir, haben Sie schon mit Mister Strander gesprochen?«

      »Nein …, ich kann ja nichts beweisen …, Parker, wir müssen alles daransetzen, hier Klarheit zu schaffen. Mein Gefühl sagt mir, daß ein Verbrechen vorliegt. Was halten Sie von der Sache?«

      »Sir, natürlich kann ich mir noch kein vollständiges Bild von den Vorfällen machen«, erwiderte der Butler. »Wenn Sie gestatten, werde ich mir eine meiner Zigarren anzünden und nachdenken. Ich hoffe, Sir, daß Sie das nicht stört.«

      »Wie sollte mich das stören«, erwiderte Mike Rander hastig und spurtete bereits zur Tür. »Ich werde natürlich nicht in der Kabine bleiben. Schwefeln Sie Ihre Kabine ruhig aus. Sie erreichen mich in der Bar …«

      *

      Gegen Abend legte die »Sulla« ab, um ihre Fahrt fortzusetzen. Butler Parker, der bereits von Mike Rander den Gästen an Bord vorgestellt worden war, stand an der Reling und rümpfte die Nase. Dann wendete er sich ab und verschwendete keinen Blick mehr an den Hafen. Er schritt an den Aufbauten vorbei, lüftete einige Male höflich seine Melone und stellte sich an den Bug. Wie ein wagemutiger Seemann wirkte er dort gerade nicht, wenn er auch kühne Blicke auf die See hinauswarf. Mit der Krücke seines altväterlichen Regenschirms hielt er sich völlig unnötigerweise die Melone fest und bot auf den ersten Blick das Bild eines Mannes, der sich seinem Schicksal stellen will.

      Sein Hirn arbeitete bereits auf Hochtouren. Er unterstellte von vornherein, daß die Beobachtungen Mike Randers richtig waren und zutrafen. Wenn man von einem Mord ausging, so blieb die Frage offen, warum man Trotters, den Sekretär des Schiffseigners, umgebracht hatte. Aus Haß, Feindschaft oder aus Habgier?

      Parker wendete sich ab und grüßte sehr gemessen und zurückhaltend einige Gäste Stranders, die in Liegestühlen lagen, ihm amüsiert nachschauten und dann ungeniert einige mehr als treffende Bemerkungen machten. Butler Parker war es gewohnt, daß man ihn nicht ernst nahm. Im Grunde war er mit solch einer Einschätzung durchaus einverstanden. Man gab ihm so wenigstens Gelegenheit, ungestört arbeiten und ermitteln zu können.

      »Na, Parker, haben Sie sich mit den Örtlichkeiten vertraut gemacht?« erkundigte sich Mike Rander, der ihn am Niedergang zu den Kabinen abgefangen hatte.

      »Sir, ich glaube, einen Weg gefunden zu haben, den Fall zu klären«, sagte Parker.

      »Ich wußte es … Das Fahrgeld ist also nicht umsonst ausgegeben worden. Aber bevor Sie in Einzelheiten steigen, Parker, wollen wir erst einmal zu Abend essen …, es ist bereits gedeckt. Sie essen an meinem Tisch. Wir haben das Vergnügen, mit Strander zusammenzusitzen. Er ist überrascht, daß ich einen echt englischen Butler aufweisen kann … Ich dürfte in seiner Achtung ungemein gestiegen sein. Es kann durchaus sein, daß er Sie engagieren will.«

      »Sir, ich sehe, wenn ich mir die vorlaute Bemerkung erlauben darf, solchen Versuchen mit einigem Vergnügen entgegen«, meinte der Butler. »Jedoch möchte ich darauf hinweisen, daß ein Butler niemals am Tisch seines …«

      »Wenn Sie mit dieser Regelung nicht einverstanden sind, können Sie aussteigen und zurück nach Cienfuegos schwimmen«, erwiderte Rander. »Soweit ich mich erinnere, haben Sie ja ein Schlauchboot mitgebracht …«

      »Sir, nur unter Protest werde ich mich mit Ihnen an einen Tisch setzen«, erwiderte Parker würdevoll. »Sie vergewaltigen meine Berufsethik und meine Standesmoral.«

      »Es wird Ihnen hoffentlich dennoch schmecken«, sagte Rander. »Vielleicht können wir das Gespräch auf Trotters bringen … Strander wird nur zu gern darauf eingehen.«

      Die Gäste des Ölmagnaten fanden sich nacheinander in dem kleinen Salon ein, in dem gegessen wurde. Man gab sich recht zwanglos und hatte, wie Parker entsetzt feststellte, noch nicht einmal Messejacketts oder Smokings angezogen. Von Abendkleidern ganz zu schweigen. Die beiden Stewards hatten alle Hände voll zu tun, um die reichhaltigen Speisen zu servieren. Butler Parker stocherte nur lustlos in dem Essen herum. Er war mit seinen Gedanken wieder bereits bei dem Fall Trotters.

      Etwas ungeniert nahm er dann zur Kenntnis, daß Helen Grade, die Schauspielerin, mit Strander flirtete. Miss Grade war höchstens etwas über zwanzig Jahre alt, besaß honigblondes Haar und einen naiv-dümmlichen Gesichtsausdruck. Dennoch war sie nicht ohne Reiz.

      Mister Strander schien etwas geistesabwesend zu sein. Er aß maßlos, war dick und besaß ein feistes, glänzendes Gesicht. Seine Augen strömten Kühle aus, wenngleich er auch mit Miss Grade intim tat.

      Mike Vellers, der Makler, war ein hagerer Mann von vielleicht fünfzig Jahren. Die wenigen Haare, die seine Glatze säumten, waren eisgrau und kurz geschnitten. Er wirkte übertrieben nervös, schien immer auf dem Sprung zu sein. Da er an einem Nebentisch saß, mußte er seinen Kopf immer etwas verrenken, wenn er Strander anschauen oder beobachten wollte.

      Walter B. Winchel, der Filmproduzent, redete währenddessen unaufhörlich auf Vellers ein, der sich aber nicht mehr für Strander zu interessieren schien.

      Liz Talbot, die Schriftstellerin, plauderte höflich mit Richard Strollen, dem Schauspieler, der seine Worte mit übertrieben


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