Fürstenkrone Staffel 6 – Adelsroman. Marisa Frank

Fürstenkrone Staffel 6 – Adelsroman - Marisa Frank


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      »Guten Morgen, entschuldigt.« Ansgar stand nochmals auf und küßte beide Eltern. Sie hatten alle drei ein hervorragendes Verhältnis, was nicht zuletzt daran lag, daß sein Vater zu den wenigen Vätern begabter Söhne gehörte, die bereit waren zu übergeben, sobald der Sohn seine Ausbildung abgeschlossen hatte und erfahren genug war, um den väterlichen Besitz zu verwalten.

      »Es geht um die Blumendekoration«, erklärte Ansgar nun und setzte sich wieder hin.

      »Ach ja«, erinnerte sich Otto Hohenried, »du wolltest ja mit einer anderen Gärtnerei sprechen. Stimmt etwas nicht?«

      Ansgar zuckte die Achseln.

      »Keine Ahnung. Die Besitzerin stellt sich an. Sie weigert sich, mit mir zu reden, schickt immer ihren Angestellten vor, sogar am Telefon. Ein netter älterer Mann, der über vierzig Jahre sich um die Sternheimschen Blumen kümmerte. Und, wie man weiß, mit viel Erfolg.«

      »Das ist richtig. Ich habe früher auch gelegentlich in der Sternheimschen Gärtnerei Blumen für Dekorationen gekauft. Besonders, wenn ich Rosen wollte«, erinnerte sich Otto Hohenried.

      Ansgar nickte.

      »Eben. Das Geschäft ist auch jetzt für seine besonders schönen Rosen bekannt.«

      »Und wo liegt die Schwierigkeit?« wunderte sich seine Mutter.

      »Eben darin, daß ich nicht an die Besitzerin rankomme. Sie ist es, die die Dekorationen und Gestecke macht, aber sie weigert sich, mit irgend jemandem zu verhandeln. Es wird wohl eine verschrobene, alte Jungfer sein«, schloß er verärgert und biß kräftig in sein Honigbrötchen.

      »Nun, dann paßt ihr ja gut zusammen«, fand Gertrud Hohenried etwas spöttisch. Ansgar verdrehte die Augen, sagte aber nichts. Er wußte, daß seine Mutter der Ansicht war, er würde ein alter Hagestolz werden, den keine vernünftige Frau mehr nahm, wenn er sich noch immer nicht für eine der vielen jungen und auch durchaus anziehenden jungen Damen entscheiden wollte, die alle gern auf Hohenried eingezogen wären.

      »Warum bist du nicht mit dem Gärtner zufrieden, wenn er so kompetent ist, wie du sagst?« wollte sein Vater wissen, der zwar die Sorge seiner Frau verstand, aber doch meinte, je mehr man seinem Sohn diesbezüglich zuredete, um so sturer würde er sich verhalten.

      »Ich möchte etwas Besonderes, und darüber will ich mit ihr reden. Wenn ich es erst diesem Herrn Buchner erzähle und der es dann an seine Arbeitgeberin weitergibt, weiß man nie, wie es bei ihr ankommt.«

      »Man könnte es auch schriftlich machen«, fand sein Vater.

      »Nein, das kann man nicht«, beharrte Ansgar ungeduldig und trank dann schweigend seinen Kaffee. Eigentlich wußte er selbst nicht, weshalb er so auf einem Treffen mit der Besitzerin bestand. Sicher, die Dekoration mit den Gloria-Dei-Rosen war die schönste gewesen, an die er sich erinnern konnte. Trotzdem…

      »Wie heißt denn die Frau?« fragte seine Mutter.

      »Keine Ahnung. Das Geschäft nennt sich ›Rosengarten‹. Nicht mal auf den Rechnungen erscheint ihr Name, und die Unterschrift ist, wie Unterschriften zumeist, unleserlich.«

      »Ich gebe zu, das reizt auch meine Neugierde«, meinte Gertrud vergnügt. »Soll ich es für dich versuchen?«

      »Nein«, erwiderte Ansgar energisch. Er setzte nicht hinzu: Weil es für eure Goldene Hochzeit ist, aber seine Eltern errieten es wohl ohnehin.

      »Fahr doch einfach zu dem Geschäft hin«, schlug sein Vater vor.

      »Wenn Buchner nicht da ist, bleibt der Laden geschlossen«, war die saure Erwiderung. Er hatte es schon zweimal versucht.

      »Dann verabrede dich mit Buchner«, meinte sein Vater gelassen, »und versuche ihn auf deine Seite zu ziehen.«

      »Im Grunde ist er auf meiner Seite, aber er scheint sich nicht zu trauen. Sie muß wohl ein rechtes Biest sein.«

      »Tja, dann kann ich dir auch nicht raten.« Sein Vater zuckte die Achseln.

      »Einmal versuche ich es noch«, sagte Ansgar, »und rufe vorher Buchner an. Vielleicht gelingt es mir doch irgendwie, diese geheimnisvolle Rosenfreundin selbst zu sprechen.«

      Das Haustelefon läutete, und er stand auf. Sein Geschäftsführer hatte eine Frage.

      »Ich komme«, sagte Ansgar knapp, zog das Sakko seines eleganten Armani-Anzuges an, rückte die korrekt dazu passende Krawatte und das Einstecktuch aus der gleichen Seide zurecht, hob grüßend die Hand und verließ das Frühstückszimmer.

      *

      Schloß Hohenried war ein im Karree gebautes Wasserschloß. Zur Barockzeit war es, wie viele Schlösser, erweitert worden. Im Hauptbau lagen die Gesellschaftsräume des jetzigen Hotels: die großartige Eingangshalle mit der zweiflügeligen Marmortreppe, die in den ersten Stock führte. Im Osten lag im Erdgeschoß der Frühstücksraum, im Westen befanden sich die beiden säulengeschmückten Speiseräume. Im Obergeschoß waren die Festsäle, im zweiten Obergeschoß befanden sich die etwas kleineren und nur mehr vier Meter hohen Konferenz- und Banketträume. Die Festsäle waren in barockem Stil eingerichtet: Möbel, Gemälde, Spiegel und auch der Stuck und die Deckengemälde stammten aus dieser Zeit. Das zweite Obergeschoß sowie das Erdgeschoß waren in reinem Renaissance mit prächtigen hölzernen Stuckdecken, eingelegten Parkettböden und appetitanregenden Stilleben von erstklassigen Künstlern dieser Zeit an den Wänden. Halle und Aufgang waren mit eindrucksvollen Jagdtrophäen aus der Zeit geschmückt, in der zu Schloß und Park noch große Waldgebiete gehörten.

      Im rechten Flügel waren die Gästezimmer untergebracht, modern ausgestattet mit eleganten Marmorbädern – nur Schränke, Kommoden und Gemälde waren antik und gaben den Zimmern einen besonderen, schloßartigen Charakter. Das Haus hatte achtzig Betten.

      Im rückwärtigen Teil befanden sich die Wirtschaftsräume und die Wohnungen des zahlreichen Personals.

      Der linke Flügel war privat. Im vordersten, an den Hauptteil angrenzenden Raum befand sich Ansgars Büro samt Vorzimmer.

      Das Schloß wurde von einem Wassergraben umgeben, in welchem Seerosen wuchsen und Goldfische schwammen. Auch ein dekoratives Schwanenpaar lebte hier. Darüber führte eine ehemalige Zugbrücke, die allerdings im Laufe der Jahre renoviert worden war.

      Otto von Hohenried hatte in weiser Voraussicht Landwirtschaft und Forst verkauft, als ihm klarwurde, daß diese Betriebszweige keine große Zukunft hatten. Da andere Grundbesitzer sich nicht so entschlossen von ihrem Eigentum trennen wollten, sondern sogar versuchten, durch Vergrößern der landwirtschaftlichen Liegenschaften die geringeren Einnahmen auszugleichen, erzielte er dafür einen hervorragenden Preis. Das Geld investierte er in den Um- und Ausbau des alten Schlosses in ein hochmodernes und elegantes Hotel – eines der ersten Schloßhotels überhaupt und auch deshalb besonders gut eingeführt.

      Selbstverständlich hatte er sich einige Gründe behalten, von denen er wußte, oder richtiger vermutete, daß sie einmal Baugrund werden würden. Sobald es sich bewahrheitete, stellte er darauf einige Wohnhäuser für das Personal, soweit man es nicht im Schloß selbst unterbringen konnte. Die ehemaligen Wirtschaftsgebäude, ehrwürdig und alt wie das Schloß selbst, hatte er klugerweise dazu verwendet, sie als Reitstall mit Reithalle auszubauen, ein Reiterstüberl einzurichten, nebst Umkleideräumen für Reiter, Golfer und Tennisspieler, denn im Laufe der Zeit hatte er auch Tennisplätze und einen Golfplatz mit achtzehn Löchern auf dem verbliebenen Grund angelegt. Lauter erstklassige Investitionen.

      Dank des beachtlichen Geschäftssinns des alten ›Uhus‹ war Hohenried auch ohne Wald- und Landwirtschaft noch immer ein schöner und ertragreicher Besitz, den Otto Hohenried mit Stolz an seinem siebzigsten Geburtstag seinem Sohn übergab, der zum Glück seinen Geschäftssinn geerbt hatte, und nicht nur den Besitz und die Nase, wie es bei anderen Familien oft der Fall war, was zu einem Zerbröckeln des Erbes in allerkürzester Zeit zu führen pflegte.

      *

      Nicht zuletzt aus diesen Gründen war Dr. Ansgar von Hohenried gewohnt, daß jeder, der eine Chance bekam, mit dem Schloßhotel in


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