Wenn die Träume laufen lernen 2: LANZAROTE. Gabriele Ketterl

Wenn die Träume laufen lernen 2: LANZAROTE - Gabriele Ketterl


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durch die Halle nach draußen, was bei der überschaubaren Größe des Flughafens kein Problem war, und brachte uns zu einem Parkplatz. Dort wartete Alex, an einen uralten Pick-up gelehnt, und wurde – vor allem von den Mädels – sofort ins Herz geschlossen. Ungefähr einen Meter achtzig groß, schwarze Wuschelmähne, derer Herr zu werden er wohl schon lange aufgegeben hatte, Jeans, Turnschuhe, ein knallgelbes T-Shirt und dazu ein fröhliches Grinsen im Gesicht, begrüßte er uns. Ich konnte mir ein Schmunzeln nicht verkneifen. »Waschechter Canario, was?«

      »Mutter aus China, Vater aus Gran Canaria, da kommt dann eben so was wie ich raus«, schmunzelte er.

      Während Sergio und Andy ihm halfen, unser Gepäck zu verstauen, stellte er sich als Sergios rechte Hand vor.

      »Wisst ihr, eigentlich hatte mich Robert Croyden als seinen Fahrer eingestellt, aber den Zahn hat ihm Sergio sofort nach seiner Ankunft gezogen.«

      Ich glaubte kurz, mich verhört zu haben. »Sagtest du als sein Fahrer? Spinnt der Typ?«

      Alex zuckte die Schultern. »Er behauptet, da hier alle auf der falschen Seite fahren, wäre das für ihn lebensbedrohlich. Der Kerl weigert sich, mit dem Auto zu fahren. Jetzt, nachdem ich bei der Security bin, fährt seine Hochwohlgeboren nur noch Taxi.«

      »Das kann ja heiter werden.« Carlos strich sich durch die langen, dunklen Haare.

      Sergio wuchtete den letzten Koffer auf die Ladefläche des Pick-ups. »Da kannst du Gift drauf nehmen. Vor zwei Tagen hat er drei der Reinigungskräfte rausgeworfen, da sie sich geweigert haben, andauernd den Dreck aus den Umkleideräumen und Unterkünften seines Animationsteams zu beseitigen. Wartet ab, bis ihr seht, in welchem Zustand die Anlage ist. Es ist unfassbar.«

      Wir kletterten in den Kleinbus und fuhren los in Richtung Puerto del Carmen.

      Ich lehnte meinen Kopf an die Seitenscheibe und versuchte, so viel wie möglich von der vorüberziehenden Landschaft zu sehen. Die Insel war komplett anders als Teneriffa oder Gran Canaria. Karg und tatsächlich schwarz präsentierte sich unser neues Zuhause. Doch schon nach wenigen Minuten gelang es mir, in den bizarren Felsen und Lavaformationen eine wilde Schönheit zu entdecken. Dank des kanarischen Künstlers César Manrique, der auf der Insel lebte und sich mit Vehemenz dafür einsetzte, dass Lanzarote nicht »kaputtgebaut« wurde, gab es keine hohen Hotelkästen. Weiße, maximal zweistöckige und an die Umgebung angepasste Anlagen schmiegten sich in die Landschaft. Blaue und grüne Fenster, Balkone und Türen lockerten das Bild auf. Die tiefstehende Sonne tunkte die schwarzen Felsen so wie die weißen Häuser in warmes, goldenes Licht. Da ich ein sehr spontaner Mensch war, traf ich meine Entscheidung in Sachen Lanzarote ebenso spontan.

      Ich mochte die Insel.

      »Bisschen steinig, was? Etwas mehr Grün könnte nicht schaden.«

      Aha, Silvies Begeisterung hielt sich noch in erträglichen Grenzen.

      Sergio warf ihr im Rückspiegel einen wissenden Blick zu. »Das dachte ich zuerst auch. Aber wenn du genau hinsiehst, erkennst du, dass die Insel ihren ganz eigenen Charme hat. Zugegeben, es dauert ein bisschen, aber Lanzarote kann recht überzeugend sein.«

      Silvie warf einen weiteren zweifelnden Blick aus dem Seitenfenster. »Das bleibt abzuwarten.«

      Die Fahrt von Arrecife nach Puerto del Carmen dauerte nicht lange. Etwa eine halbe Stunde, nachdem wir den Flughafen verlassen hatten, bog Sergio in eine breite Auffahrt ein, fuhr auf einen freien Parkplatz und stellte den Motor ab. Ich erspähte die Jeeps sofort. »Ah, immerhin habt ihr die gleichen Autos wie auf Ibiza und Teneriffa.«

      »Nun ja, im Prinzip haben wir das schon. Nur haben sich die Herrschaften entschlossen, dass die Jeeps nur für die Leitung und das edle Animationsteam sind. Wenn einer von uns mal rasch irgendwo hinmuss, hat er gefälligst sein Privatfahrzeug zu nehmen.«

      Carlos schüttelte den Kopf. »Langsam reicht es mir alleine schon von deinen Erzählungen. Ich werde zunehmend wütend.«

      Ich zog amüsiert die Augenbrauen hoch. Das könnte interessant werden. Ein wütender Carlos war für die Gegenseite nicht wirklich wünschenswert.

      Wir kletterten aus dem Auto, während Alex unsere Koffer auslud und vor die Rezeption stellte. Noch immer ließ sich kein Mensch blicken und langsam kochte uns allen die Galle über. Müde wie wir waren, auch noch komplett ignoriert zu werden, war doch zu viel für unser Nervenkostüm. Carlos schob die Ärmel seines Hemdes nach oben, was seine martialische Lederbandsammlung bestens zur Geltung brachte, stapfte die drei Stufen zur Rezeption hoch und öffnete die Doppeltür aus blau und grün gestrichenem, schwerem Holz.

      »Guten Abend! Gleich mal aus Prinzip: Diese Tür steht in den Costa-Azul-Clubs von sieben Uhr am Morgen bis zehn Uhr in der Nacht offen, okay?«

      Ui, er war richtig in Fahrt. Neugierig folgten wir ihm, als er in der geräumigen Eingangshalle verschwand.

      Hinter dem geschwungenen Tresen am Empfang saß eine blonde Frau.

      »Wenn ich das richtig verstanden habe, wollen Sie, dass die Tür offenbleibt«, sagte sie mit ausgesprochen giftigem Unterton. »Erstens haben das nicht Sie zu entscheiden und zweitens zieht es dann, also bleibt sie geschlossen.«

      Ich zog eine schmerzliche Grimasse. Fehler, blöder Fehler!

      Carlos wandte sich ihr mit nachsichtiger Miene zu. »Zum Mitschreiben, junge Frau. Die Türen bleiben offen. Wenn du frierst, dann zieh dich warm an. Das würde ich dir ab heute sowieso empfehlen. Und außerdem habe ich das sehr wohl zu entscheiden. Ich bin Carlos, das sind Caroline, Silvie, Roberta, Lise, Andy, Fernando und Oliver.« Er zog uns nach vorne. »Wir sind das von Jaime angekündigte Team aus Ibiza. Und nun würde ich eigentlich ganz gerne mit Robert sprechen.«

      Zwar starrte sie Carlos mit einer Mischung aus Faszination, Neugier und Zorn an, schaffte es aber tatsächlich, zügig zu antworten.

      »Robert lässt sich entschuldigen, er musste zu einem Geschäftsessen nach Puerto del Carmen. Leider werdet ihr hier warten müssen.«

      Carlos trat an den Tresen, stützte sich mit den Ellbogen auf und beugte sich vor, sodass sein Gesicht ganz nah an ihrem war.

      »Das glaube ich kaum. Jaime hat unsere Ankunft mehrmals angekündigt, soweit ich informiert bin, und vertraue mir, das bin ich fast immer. Ferner hat Mercedes angeordnet, dass unsere Unterkünfte pünktlich bereitstehen. Daher wirst du nun deinen Noch-Chef sofort anrufen, wo auch immer er ist, und dafür sorgen, dass er innerhalb einer halben Stunde hier aufschlägt. Währenddessen sorgt jemand dafür, dass wir unsere Studios beziehen können. Habe ich mich nun auch für dich verständlich ausgedrückt?«

      Das Ja kam dem Fauchen einer wütenden Katze recht nah. Immerhin umrundete sie tatsächlich den Tresen, erblickte Sergio und knurrte ihm zu, er solle uns ins Restaurant führen und dafür sorgen, dass wir etwas zu essen bekämen. Sie würde sich um die Unterkünfte und alles andere kümmern.

      Sergio legte eine Hand hinters Ohr. »Verzeihung?«

      Langsam lief die Dame so hochrot an, dass ich begann, mir Sorgen um ihren Blutdruck zu machen.

      »Würdest du sie bitte ins Restaurant bringen?«

      Ein nachsichtiges Lächeln erschien auf den Lippen des Sicherheitsmannes. »Jetzt habe ich es verstanden.« Er wandte sich uns zu und machte eine einladende Geste. »Kommt mit, ich habe auch noch nichts gegessen. Bis die das hier auf die Reihe bekommen, könnt ihr euch schon mal die beiden Restaurants ansehen.«

      Neugierig schloss ich zu Sergio auf. »Wie sind denn die Restaurants hier? Was gibt’s in den zwei unterschiedlichen?«

      Er wandte sich mir mit trauriger Miene zu. »Kurzversion: bescheiden und das Gleiche. Kommt einfach mit.«

      Er lief mit Carlos voraus und wir folgten, während wir die Umgebung eingehend musterten. Das, was wir zu sehen bekamen, bestätigte unsere schlimmsten Befürchtungen. Nicht abgeräumte, schmutzige Tische im Poolbereich, überfüllte Aschenbecher, und obwohl es schon dunkel wurde, waren die Matten am Pool noch nicht weggeräumt. Papierkörbe quollen über von Müll, sodass Verpackungen


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