Boxkämpfe. Winfried Rochner

Boxkämpfe - Winfried Rochner


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      Boxkämpfe

      politische + andere #Satiren

      Winfried Rochner

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      Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

      Cover gestaltet von © Jane Gerber

      Lektorat: Redaktions- und Literaturbüro MTM: www.literaturredaktion.de

      ISBN: 978-3-86196-902-0 - Taschenbuch

      ISBN: 978-3-96074-159-6 - E-Book

      *

      Inhalt

       Eine zufällige Begegnung

       Die hohe Schule am Herd

       Studentische Befindlichkeiten

       Ein schleichender politischer Aufstieg

       Boxkämpfe

       Die Flüchtlinge sind unterwegs

       Die Maulwürfe wandern aus

       Ehen und Patchworkeleien

       Gelegentliche Ein- und Ausblicke im Parlament

       Die Energiewende – mal aussichtsreicher

       Das einmalige Fahrrad

       Frischluft für Beamte

       Hausierer im neuen Gewand

       Markttreiben

       Tatattooismus

       Theater

       Wir schaffen das

       Wir ziehen um

       Wo ist nur der Name geblieben

       Der Alte Fritz

       Der Autokauf

       Handwerkers Lied

       Der Autor

      *

      Eine zufällige Begegnung

      Mich überkam die Lust, einen Spaziergang in meinem Kiez zu unternehmen. Ich ging aus meiner Werkstatt zur U-Bahn und wollte gerade die Treppe hinabsteigen, als mir ein älterer Mann treppauf entgegenkam. Er lief mühselig und langsam, sodass ich ihn näher sehen konnte.

      Dieser Mann kam mir sofort bekannt vor mit seiner Schirmmütze und dem markanten kleinen Spitzbart, seiner alten abgetragenen Kleidung, die einen Fleck auf der Hose deutlich zeigte. Die Schuhe, alte Modelle, die mir von einer Fotografie her bekannt erschienen.

      Ich drehte mich auf der Treppe um und ging dem eher kleinen Mann hinterher. Mein leichtes Schulterklopfen ignorierte er erst, aber dann, bei einer nochmaligen Berührung, drehte er sich um und musterte mich mit stechenden Augen.

      „Sind Sie nicht Herr Lenin, Wladimir Iljitsch, der große Revolutionär?“, fragte ich irritiert.

      „Woher kennen Sie mich?“, bekam ich zur Antwort.

      „Von Bildern und aus Ihren Werken, die ich während der Schulzeit und des Studiums lesen musste.“

      Er nickte mit dem Kopfe. „Es gleicht schon einem Wunder, dass mich noch jemand kennt“, meinte er leutselig.

      „Verehrter Meister, möchten Sie mich in meine Werkstatt begleiten, die sich hier ganz in der Nähe befindet? Ich stelle als selbstständiger Handwerker Holzspielzeug her. Im Sozialismus war ich der einzige Selbstständige, der – bei einer Einwohnerzahl von 170.000 Menschen – Holzspielzeug für die hiesige Bevölkerung auf den Markt brachte und jetzt noch bringt.“

      Wladimir zeigte sich sofort interessiert, eine Person zu treffen, die im Sozialismus noch selbstständig arbeiten konnte. Seine früheren schnellen Bewegungen waren jetzt durch sein Alter sehr eingeschränkt.

      „Sie fuhren doch in einem Viehwaggon durch Deutschland“, so sprach ich weiter, „danach haben Sie in Russland die Revolution initiiert und von Deutschland für Ihre Revolution noch ein paar Millionen bekommen.“

      „Ganz richtig, der Viehwaggon war jedoch als solcher nur getarnt. In Wirklichkeit saß ich darin wie in einem Pullmanwagen, wenn Sie wissen, was ich meine.“

      Ich überging diesen Einwurf und fuhr fort, seine Taten zu loben, die Kanonenkugeln, welche von der Aurora abgefeuert wurden, und den Sturm auf das Winterpalais.

      „Ja, ich erinnere mich ganz dunkel, den Film habe ich gesehen. Der Sturm auf das Winterpalais war ein Fehler, denn die Matrosen haben alles geplündert und auf dem Schwarzmarkt verscheuert“, meinte er und kratzte sich an seiner Glatze unter der Schirmmütze.

      „Die Aurora liegt immer noch im selben Hafen und rostet vor sich hin“, redete ich weiter, „ja, und Stalin hat nach Ihrem Tode den Posten eines Generalsekretärs übernommen und sich später Generalissimus genannt.“

      „Hören Sie auf, von diesem Schleimer und Massenmörder will ich gar nichts mehr wissen. Ich hatte ihn immer schon in Verdacht, dass er mich umbringen wollte – vielleicht hat er das auch getan, aber ich bin ihm in meinem 53. Lebensjahr durch einige Schlaganfälle zuvorgekommen. Nun liege ich gut einbalsamiert im Mausoleum an der Kremlmauer. Stalin wurde und wird


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