Der Nicht-tot-Mord. Lena M. Grimm
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Der Nicht-tot-Mord
Eine Kriminalgeschichte
Lena M. Grimm
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Impressum
Alle handelnden Personen, Orte sowie die Handlung selbst sind frei erfunden. Mögliche Ähnlichkeiten mit Personen, Orten oder Situationen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.
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© 2017 – Papierfresserchens MTM-Verlag GbR
Mühlstr. 10, 88085 Langenargen
Telefon: 08382/9090344
Alle Rechte vorbehalten.
Erstauflage 2017
Lektorat: Melanie Wittmann
Herstellung: Redaktions- und Literaturbüro MTM
Coverbild: © lorabarra – lizenziert Adobe Stock
ISBN: 978-3-86196-727-9 - Taschenbuch
IS´BN: 978-3-96074-203-6 - E-Book
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Prolog
Eine dunkle Gestalt lief die Gasse entlang. Sie ließ sich Zeit. Um diese Uhrzeit war niemand mehr auf der Straße. Alles schlief tief und fest. Außer der Verabredung. Vermutlich stand sie da und wippte nervös mit den Füßen auf und ab, einerseits aus Angst, erwischt zu werden, andererseits, weil es in ihr eine nervöse Aufregung verursachte, sich zu treffen.
„Wo warst du denn so lange?“, fragte sie, als diese sie endlich erreichte.
„Ich musste warten, bis alle im Bett waren. Hast du es?“
„Natürlich, sonst wäre ich nicht hier.“
„Und es wirkt auch ganz sicher?“
„Ja, jeden Tag zwölf Tropfen. Am besten abends.“
„Gut, danke.“
„Warte. Was ist mit meiner Bezahlung?“
Die Gestalt griff in die Tasche und zog ein ledernes Beutelchen hervor. Dann drehte sie sich um und machte sich auf den Heimweg. Als sie um die Ecke gebogen war, wurde das Lederbeutelchen geöffnet. Darin befand sich nichts außer einem parfümierten Taschentuch. Sie nahm es heraus und sog den Duft tief ein.
*
Kapitel 1
Betty klopfte um sieben Uhr an die Tür. Merkwürdig. Normalerweise weckte sie ihn erst um halb neun. Und so war es auch abgemacht. Er legte sich in Gedanken schon eine Strafpredigt zurecht, während er sich seinen Morgenmantel überstreifte und zur Tür lief. Wenn er etwas verabscheute, dann war es, zu früh geweckt zu werden. Was das anging, war er etwas empfindlich.
„Betty, ich hatte Ihnen doch gesagt, erst um halb neun!“, sagte er gereizt, als er die Tür öffnete.
„Verzeihung, Inspector, aber das hier kam gerade per Eilpost, ein Brief für Sie, es scheint dringend zu sein.“
Er seufzte. Vermutlich war es ein neuer Fall. Oder sein Vater, der ihn daran erinnerte, dass sein Onkel Harry Geburtstag hatte. Allerdings hatte Onkel Harry erst vor drei Monaten Geburtstag gehabt. Oder die Nachricht war von Isaac, der ihn zu einem Besuch überreden wollte.
Er hasste die Stadt. Alles war vollkommen überfüllt, ständig wurde man zu irgendwelchen langweiligen Teepartys eingeladen und man musste sich siebenmal im Jahr eine komplett neue Garderobe zulegen, weil die vorherige schon wieder als altbacken galt. Und wenn man sie trotzdem in der Öffentlichkeit trug, riskierte man einen Aufstand oder theatralische Ohnmachtsanfälle einiger feiner Londoner Damen, die den ganzen Tag nichts Besseres zu tun hatten, als literweise Tee zu trinken, über Miss Langweilig und die Lady von Uninteressant zu tratschen und Flaschen von französischem Parfum in die Luft zu sprühen. Nein, der Inspector hasste die Stadt. Er hoffte inständig, es war ein Fall.
„Betty, wären Sie so lieb und machen mir mein Frühstück jetzt schon?“
„Natürlich, es ist in 15 Minuten bei Ihnen.“
„Danke“, sagte er und schloss die Tür. Dann machte er sich auf zu seinem Schreibtisch und öffnete den Brief.
Sehr geehrter Herr Inspector,
auf Sutherten hat sich vor wenigen Augenblicken eine fürchterliche Tragödie abgespielt. Der jungen Lady Berrington ist etwas Schreckliches zugestoßen. Man sagte mir, Sie wären einer der besten Ermittler in der gesamten Grafschaft. Wir bitten Sie inständig, diesen Vorfall so schnell wie möglich aufzuklären. Wie Sie sicherlich wissen, ist die Familie Berrington eine der einflussreichsten des ganzen Landes.
Wir hoffen daher auf Ihre Diskretion. Sobald der Täter gefasst ist, wird die Familie ihn privat angemessen bestrafen. Diese Sache sollte möglichst nicht in der Öffentlichkeit breitgetreten werden.
Hochachtungsvoll
Charles Sawlt
Verwalter
Er faltete den Brief wieder zusammen und steckte ihn zurück in das Kuvert. Dann nahm er ein Blatt Papier und schrieb seinerseits eine Nachricht.
Isaac,
entschuldige diesen unordentlichen Brief. Wir haben einen Fall. Bitte, komm so schnell wie möglich.
Dein guter Freund Jonathan
Er adressierte ihn vollständig und fing dann an, sich gesellschaftsfein zu machen. Gerade als er den letzten Knopf seines Mantels zugemacht hatte, klopfte Betty mit dem Frühstück.
Betty Monroe war eine Dame Anfang 60. Sie war eine rundliche Person mit blondem, schon von vielen weißen Strähnen durchgezogenem, immer ordentlich hochgestecktem Haar. Sie war die Besitzerin des Gasthofs in Sutherten Hill. Ihr Mann war schon vor über zehn Jahren bei einem Feuer umgekommen und seitdem leitete sie das Geschäft alleine.
Nun stellte sie das Tablett auf den Schreibtisch.
„Betty, wären Sie so gut und schicken diesen Brief so schnell wie möglich nach London?“ Wenn er Glück hatte, würde die Nachricht bereits heute Mittag dort sein. London war nur zwei Stunden von Sutherten Hill entfernt, vielleicht würde Isaac Drew schon am Nachmittag hier eintreffen. „Ach ja, wie komme ich von hier so schnell wie möglich nach Sutherten?“
Betty riss ihre Augen auf. „Sagen Sie bloß, es gab einen Mord auf Sutherten? Wer ist es? Lord Berrington?“
„Tut mir leid, Sie wissen doch, dass ich dazu nichts sagen darf. Aber sagen Sie mir bitte trotzdem, wie ich dort hinkomme.“
„Ja, natürlich, Sie gehen die Straße entlang in Richtung Wald, dann müssen Sie ein Stück am Waldrand entlang, etwa 200 Meter. Sie überqueren den Fluss, ehe Sie rechts abbiegen und bereits das Eingangstor zum Gut sehen.“
„Vielen Dank, Betty, ich denke, ich bin zum Mittagessen wieder da.“
Hastig trank er zwei Schlucke seines Tees und biss ein Stück seines Toasts ab. Auf dem Weg zur Tür nahm er seinen Hut vom Haken und setzte ihn auf. Als er nach draußen trat, peitschte ihm ein eiskalter