Tote Augen – stumme Schreie. Karin Varch
wurde, der sie auf dem Weg ins aktive Leben zurückbegleitet. Hier spielt ebenso das verloren gegangene Vertrauen eine Rolle. Als Erstes müssen diese Menschen lernen, wieder Vertrauen zu fassen. Nur wenn ein gewisses Maß an Vertrauen da ist, sind sie in der Lage, über derart einschneidende seelische Verletzungen zu sprechen.
Verdrängung ist kein unerschöpfliches Potenzial, gleichgültig, wie dick die Mauern sind, die sie um sich herum errichtet haben. Nach und nach stürzen sie ein und immer wieder tauchen neue Flashbacks auf, die sie ins Nichts zurückwerfen. Der Fall ins Bodenlose ist vorprogrammiert. Dies geht so weit, bis alle Schutzmechanismen ausgeschaltet sind. Dieser Tatsache stehen sie schutzlos gegenüber. Der Schmerz, der dabei entsteht, ist mit nichts zu vergleichen. Die Opfer haben das Gefühl, innerlich zu verbrennen. Es fühlt sich an, als würde ihnen jemand die Haut von der Seele ziehen, die dann wie ein blutiger Klumpen in ihrem Inneren liegt. Es dauert oft Monate, wenn nicht Jahre, bis Betroffene so weit sind, dass sie die Vergangenheit abschließen können, ihre Seele heil werden kann und dieser wahnsinnige Schmerz in ihrem Inneren aufhört.
Das Kind spricht auf seine Weise
In den meisten Familien müssen beide Elternteile arbeiten, um für den Familienunterhalt aufkommen zu können. Eine Problematik der heutigen Gesellschaft, dass zu wenig Zeit für unsere Kinder bleibt.
Zu wenig Zeit für ihre Sorgen.
Zu wenig Zeit für ihre Interessen.
Zu wenig Zeit für ihre Kümmernisse.
Zu wenig Zeit, ihnen zuzuhören, sie zu beachten und zu beobachten.
Aber genau das ist wichtig. Kinder, vor allem kleinere, reden nicht nur in Worten mit uns. Ihre kleinen Körper sprechen eine andere Sprache, als sie uns mit Worten sagen können.
Kinder können wunderbare Geschichten erfinden und gehörte nacherzählen. Sie können berichten, was sie in Filmen gesehen, mit Freunden erlebt, in der Schule oder im Kindergarten gemacht haben, und sie können Erlebnisse gut beschreiben.
Aber sie können nicht darüber sprechen, was ihnen sexuell angetan wurde. Wie sollen Kinder in der Lage sein, in Worte zu fassen, was sie mit ihrem Bewusstsein nicht begreifen können? Sie verstehen nicht, was mit ihnen und ihrem Körper passiert. Instinktiv wissen sie, dass dies Unrecht ist. Die kleinen Körper wehren sich auf ihre Weise. Daher ist es wichtig, das Gesamtverhalten unserer Kinder zu beobachten. Ein missbrauchtes Kind wird im Alltag kaum Auffälligkeiten zeigen. War ein Kind beim Musikunterricht, beim Sport, bei Freunden, Bekannten oder Verwandten zu Besuch und zeigt danach Auffälligkeiten, wird es Zeit, aufmerksam und hellhörig zu werden. Erzählt ein Kind etwas, genügt es nicht, die Worte zu hören. Wir müssen die Botschaft erkennen, die dahinter steckt.
Ist ein Kind fröhlich, wenn es außer Haus geht, wirkt aber bei der Heimkehr bedrückt, verstört oder in sich gekehrt, ist unter Umständen Gefahr im Verzug. Es genügt nicht zu denken: „Na ja, es hatte vielleicht Streit mit einem Freund oder das Training war anstrengend, oder sonst irgendetwas hat ihm nicht gepasst.“ Das ist zu wenig. Es ist unerlässlich, die Ursache des Verhaltens zu hinterfragen.
In Missbrauchsfällen funktioniert der vielfach bewährte Trick mit dem Lieblingsstofftier nicht: Sie leihen dem Kuscheltier des Kindes Ihre Stimme, fragen nach, was es bedrückt, und das Kind erzählt dem geliebten Teddy oder Stoffhund, was los ist.
Dieser Trick ist gut anwendbar bei kleineren Problemen, nicht aber, wenn es um massive Eingriffe in das Leben des Kindes geht wie sexueller Missbrauch. Nur durch die Körpersprache kann ein Kind die Umwelt auf seine Notlage aufmerksam machen. Diese Körpersprache zu verstehen ist schwer.
Fasst sich ein fünfjähriges Kind an die Genitalien, ist dies für sein Alter absolut normal. Es beginnt, seine Sexualität zu entdecken. War ein Kind irgendwo zu Besuch, wirkt danach verstört und fasst seine Genitalien an, ist es wichtig zu fragen, ob ihm etwas weh tut. Befragen Sie Ihr Kind in so einem Fall vorsichtig, werden Sie eine Antwort bekommen. Doch auch hier gilt: Ein Kind kann nicht sagen, was passiert ist. Es kann nur auf seine Weise versuchen, darauf aufmerksam zu machen. Es ist unsere Pflicht, genau hinzuhören und hinzusehen, was uns das Kind sagen möchte.
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