Von Menschen verstoßen – bei Jesus geborgen. Jan Vermeer

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Dorfbewohner beneiden mich. Ich sollte eine arme Witwe sein. Und ich habe tatsächlich nicht viel Geld, es reicht gerade zum Überleben. Dennoch bin ich unermesslich reich, weil ich Jesus kenne und durch Jesus mit euch verbunden bin. Als ich nichts zu essen hatte, habt ihr jemandem von der indischen Kirche geschickt, der mir Lebensmittel brachte.

      Ich will euch danken! Dank euch hat mein Glauben diese Schicksalsschläge überstanden.

       Viele Segenswünsche aus Indien

       Kusum

      „Dank euch hat mein Glauben diese Schicksalsschläge überstanden.“ – Nach meinen ersten Besuchen in Indien hatte ich mich gefragt, ob es überhaupt einen Sinn machte, was wir da taten. Zwei Jahre lang hatte mich diese Frage gequält – und die Antwort jetzt war ein deutliches „Ja“. Ja, was wir tun, bewirkt etwas!

      Aber das ist nur ein Teil der Dinge, die ich von den verfolgten Christen in Asien gelernt habe.

      Dieses Buch ist eine Reise nach Indien – in das Herz der Verfolgung und an das Herz Jesu. Es ist eine reiche Sammlung von 14 geistlichen Lektionen, die ich während meiner Reisen nach Indien entdeckt habe. Von der ersten haben Sie gerade in diesem Kapitel gelesen.

      Im weiteren Verlauf dieses Buches werden Sie noch mehr aus Kusums Leben erfahren, aber ich werde Ihnen auch andere verfolgte Christen vorstellen.

      Sie werden etwas über Vipur erfahren, der um Haaresbreite einen Mordversuch überlebt hat und manchmal den Angreifer mitten auf dem Markt trifft, weil die Polizei sich weigert, ihn festzunehmen.

      Sie werden an meinem Gespräch mit der 19-jährigen Reena teilhaben, die entführt und von Gott auf wundersame Weise von ihrem Trauma geheilt wurde. Heute lehrt sie indische Kinder christliche Werte.

      Sie werden Christen kennenlernen, die der Verfolgung widerstanden haben, und Gläubige, die dem Druck nicht standhalten konnten.

      Jede Geschichte ist eine Lektion, in der wir etwas über Gott und das Leben lernen können. Am Ende jedes Kapitels lade ich Sie dazu ein, noch etwas mehr in die Tiefe zu gehen, indem Sie über den jeweiligen Bericht und einen passenden Bibelvers nachdenken.

      Ich hoffe, dass die Informationen über die verfolgten Christen in Indien Ihr Leben bereichern werden. Vor allem aber bete ich dafür, dass Sie in diesem Buch Jesus begegnen, so wie ich ihm jedes Mal begegne, wenn ich in die Augen eines (verfolgten) Bruders oder einer (verfolgten) Schwester blicke.

       Kapitel 2

       Ihre Gebete geben Kraft zum Singen

      Seit meinem ersten, schon lange Jahre zurückliegenden Besuch in Indien ist Pastor Samuel ein guter Freund von mir. Sein Team wird von Open Doors unterstützt (auf welche Art das geschieht, darf ich aus Sicherheitsgründen nicht offenlegen), und er leitet sein Team mit viel Engagement. Er ist bescheiden, glaubt leidenschaftlich an Jesus und verbreitet mutig das Evangelium. Sein großes Herz hat mich nachhaltig beeindruckt. Ich könnte ihm stundenlang zuhören und möchte Ihnen die Worte, mit denen er die Zustände in Indien beschreibt, direkt wiedergeben. Er erklärt, was dort geschieht, was er zu tun versucht, warum unsere Hilfe so bitter nötig ist und um welchen Einsatz es geht. Dabei macht er sich auch Gedanken zu Habakuks Gebet: „Herr, wie lange?“

      Doch dies soll als Einleitung reichen. Doch lassen wir Pastor Samuel selbst berichten: „Ich befand mich in einem kleinen Krankenzimmer eines Hospitals, zusammen mit einer trauernden Familie. Im Bett lag ein junger Teenager. Sie war missbraucht worden, weil sie und ihre Eltern Christen sind. Meine Gedanken kreisten wild durcheinander. Ich wollte sagen, dass alles besser werden würde, dass sie das überstehen würden und dass Gott ein liebender Gott sei … Aber jedes Wort, das ich sagte, schien einfach im Nichts zu verhallen.

      ‚Sie spricht nicht mehr‘, erklärte ihre Mutter. ‚Dabei hat sie so eine schöne Stimme. Sie hat immer so gerne gesungen.‘

      ‚Kannst du für uns singen? Für Jesus vielleicht?‘, bat ich das Mädchen. Doch es wandte seinen Kopf ab.

      Heute früh erhielt ich drei Textnachrichten. Eine davon berichtete von drei Christen, die wegen ihres Glaubens brutal zusammengeschlagen wurden. In der nächsten ging es um zwei Pastoren, die ins Krankenhaus gebracht werden mussten, nachdem sie von hinduistischen Fundamentalisten gefoltert worden waren. Einer von ihnen befand sich in kritischem Zustand. Die dritte Textnachricht handelte von einem körperlich eingeschränkten Pastor, der von einem über hundert Personen starken Mob angegriffen wurde.

      Fast täglich stelle ich mir die Frage: ‚Herr, wie lange? Wie lange wirst du diese Gewalt gegen deine Leute noch zulassen?‘

      Das Wunderbare an der Bibel ist, dass dort in Gottes Wort schon fast alle unsere Gebete aufgezeichnet wurden. So wie ich betete der Prophet Habakuk: ‚Wie lange wird die Ungerechtigkeit noch herrschen?‘ Ich kann Habakuks Seelenqual nachfühlen. Es ist meine eigene Pein und sicher auch die Ihre.“

      Pastor Samuel berichtet weiter: „Wenn ich davon erzähle, kann ich Ihre Frage förmlich hören: Was ist denn eigentlich in Indien genau los?

      Kurz zusammengefasst: Hinduistische Nationalisten versuchen Indien in ein ‚Hindustan‘ zu verwandeln, in dem es keinen Platz für Christen, Muslime oder anderweitig religiöse Menschen gibt. Das geschieht über staatliche und bundesstaatliche Regelungen, Willkommensveranstaltungen (bei denen Nicht-Hindus durch hinduistische Rituale im hinduistischen Glauben ‚willkommen geheißen‘ werden) sowie Druck und Gewalt an der Basis. So versuchen sie, einen idealen Staat zu schaffen: Wenn jemand Inder ist, dann muss er auch ein Hindu sein. Wenn jemand kein Hindu ist, dann ist er auch kein Inder. So sehen das die hinduistischen Nationalisten.

      Wir, die indischen Christen, lieben unser Land. Wir beten jeden Tag für unser Land. Das Christentum ist keine fremde Religion – es ist seit 2.000 Jahren Teil unseres Landes. Wir sind Christen und wir sind Inder.

      Wir beten darum, dass mehr Menschen uns akzeptieren. Vor Kurzem habe ich den Bericht eines Christen gehört, der von Leuten aus seinem Dorf zusammengeschlagen wurde, nachdem sie ihn bereits fünf Jahre lang unter Druck gesetzt hatten. Jedes Mal hatte er geantwortet, dass er Jesus mit Freuden nachfolgt. Nach fünf Jahren der verbalen Attacken wurden sie dann wirklich handgreiflich.

      Wir hören aus immer mehr Orten in Indien, dass so etwas geschieht. Bevor die Christen körperlich attackiert werden, werden sie beschimpft, bedroht, geächtet und manchmal sogar aus dem Dorf gejagt. Dieses Schicksal erwartet jeden Hindu, der sich zum christlichen Glauben bekehrt.

      Und es gibt keinen Ort, an dem man sich verstecken kann. Die Menschen bemerken es, wenn jemand die Götterdarstellungen aus seinem Haus und Garten entfernt, aufhört den Tempel zu besuchen und den hinduistischen Ritualen fernbleibt. Dann werfen sie demjenigen vor, dass er die Dorfgötter verärgert. Sie sind davon überzeugt, dass sie etwas dagegen unternehmen müssten. Und wer erst einmal die meisten Dorfbewohner gegen sich aufgebracht hat, kann kaum auf Unterstützung von der Polizei hoffen.

      So war es auch bei Jitendra. Die Dorfbewohner legten einen Entwässerungskanal direkt vor seinem Haus an und warfen ihren ganzen Müll dort hinein. ‚Sie haben unser Zuhause in eine Kloake verwandelt‘, erzählte er. Als er trotzdem nicht wieder zum Hinduismus konvertierte, schlugen ihn die Dorfbewohner und drückten seinen Kopf dabei in den Kanal. ‚Mir blieb nichts als zu beten: Herr, nur du kannst mir helfen!‘

      Jenes Gebet ist wie ein Echo von Habakuks Flehen: ‚Wie lange?‘

      In Habakuk 1 finden wir Gottes Antwort: ‚Seht euch einmal unter den Völkern um! Ja, schaut genau hin, und ihr werdet aus dem Staunen nicht mehr herauskommen! Was ich noch zu euren Lebzeiten geschehen lasse, würdet ihr nicht für möglich halten, wenn andere es euch erzählten.‘ Und in Habakuk 2: ‚Der Herr dagegen wohnt in seinem heiligen Tempel. Seid still vor ihm, ihr Menschen auf der ganzen Welt!‘

      Das ändert alles. Gott ist gegenwärtig. Er handelt. Er lenkt alles. Er ist der Höchste. Und deswegen können wir gemeinsam


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