Schlüssel der Zeit - Band 4: Der Fuchs und der Räuber. Tanja Bruske

Schlüssel der Zeit - Band 4: Der Fuchs und der Räuber - Tanja Bruske


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die aus ein paar Löchern in den Dächern aufstiegen, war kein Lebenszeichen zu sehen, alles lag noch in tiefem Schlaf.

      Peter wies auf eine winzige Hütte am Rand der Siedlung. „Das Haus steht momentan leer, da kannst du Quartier finden. In zwei der Hütten wohnen Köhler, denen es nichts ausmacht, sich das Heim mit Fahrenden wie uns zu teilen. Sie sind schließlich auch nicht gerne in der Stadt gesehen. Am Köhlerplatz weiter westlich wohnen noch weitere Köhlerfamilien.“

      „Und deine Bande von heute Nacht?“

      „Die wohnen nicht alle hier. Das ist die Hütte von Pfeiffers Basti und seiner Familie.“ Peter wies auf das größte Gebäude. Er verzog das Gesicht. „Fünf Koder, der braucht Platz. Lippes ist vor ein paar Tagen dort drüben eingezogen, beim Kahlen Michl. Michl hat Albschoss und konnte nicht mit zur Chesse. Pipp ist der Sohn von Köhler Kress. Die letzte Hütte gehört Hans von der Dhan, dem Langen Landsknecht. Er ist seit einem Jahr abgängig, wir wissen nicht, wo er sich herumtreibt. Seine Schickse, die Franken-Liese, wohnt mit den beiden Kodern noch dort.“ Der Räuber zuckte mit den Schultern. „Du wirst sie schon noch alle kennenlernen.“

      Mittlerweile hatte sich Keyra zusammengereimt, dass „Koder“ wohl Kinder bedeutete – also lebten hier mindestens sieben Kinder. Was Albschoss war, wusste sie allerdings nicht. Hoffentlich nichts Ansteckendes …

      „Und ich kann einfach so in die Hütte einziehen?“

      „Sie gehörte dem Kurzen Karl – nicht dass er sonderlich klein gewesen wäre, aber sein Geburtsname war Karl Kurz. Der ist vor ein paar Monaten in Bad Orb am Henkersplatz an einem der drei Galgen aufgeknüpft worden. Seitdem steht die Hütte leer.“

      „Na, großartig“, murmelte Keyra. Die Hütte eines Toten. Hoffentlich spukt er nicht drin herum. Noch vor einem Jahr wäre ihr niemals ein solcher Gedanke gekommen. Aber seitdem sie es regelmäßig mit Zeitreisen zu tun bekam, hielt sie alles für möglich.

      Peter bemerkte ihr Unbehagen und grinste. „Karl hätte nichts dagegen gehabt. Wenn es dir nicht gemütlich genug ist, kannst du dir morgen ein Quartier in einem der anderen Bayes in der Nähe suchen.“

      „Wie viele Bayes gibt es denn?“

      „Im Huttischen Grund gibt es viele sichere Häuser. Vielleicht findest du in Eckardroth, Romsthal oder Kerbersdorf ein Quartier, oder im Krugbau von Steinau. Auch die Burg in Gelnhausen gilt als kochem.“

      „Eine Burg?“

      „Nein, der Stadtteil, der sich Burg nennt. Dort haben so viele unterschiedliche Herren das Sagen, dass es leicht ist, unterzutauchen.“

      „Ich bleibe erst mal hier.“ Keyra täuschte ein Gähnen vor. „Ich bin erschöpft.“

      „Das glaube ich.“ Peter betrachtete sie mitleidig. „Wo bist du denn auf dem Weg von Aschaffenburg untergekommen?“

      „Hier und da“, meinte Keyra ausweichend. Sie hatte keine Ahnung, ob irgendwelche Bayes auf dem Weg gelegen hätten. „Wollte möglichst wenig Aufsehen erregen.“

      „Sehr vernünftig. Dann ruh dich aus, wir reden morgen weiter. Direkt neben der Tür findest du Schwefelhölzer und ein Wachslicht.“

      Keyra nickte, und als Peter sie auffordernd ansah und stehen blieb, ging sie in die Hütte. Ehe sie die Tür schloss, suchte sie im schwachen Morgenlicht nach der Kerze, fand sie jedoch nicht. Ach, auch egal, dachte sie und zog die Tür zu. Das fahle Licht reichte, um sich in der Hütte zu orientieren. Es gab ohnehin nur eine wacklige Truhe und ein Strohlager auf dem Boden. Der Kurze Karl war wohl nicht besonders anspruchsvoll.

      Keyra setzte sich auf das Strohlager. Obwohl es ihrer inneren Uhr nach in ihrer eigenen Zeit erst früher Abend sein konnte, war sie tatsächlich erschöpft: Der ungewohnte lange Marsch war durchaus anstrengend gewesen. Aber nun wollte sie zunächst einmal in ihr Wächterbuch schauen. Dazu brauchte sie kein Licht, denn die Seiten leuchteten leicht, wie ein E-Book-Reader.

      In ihrer Ledertasche fand Keyra neben dem Buch auch einen Kohlestift. Sie holte beides heraus, auch wenn sie nicht glaubte, dass sie den Stift bereits brauchte. Sie blätterte über die ersten Seiten hinweg, auf denen einzelne Einträge ihrer bisherigen Reisen standen – meist nur einzelne Worte. Auf einer neuen Seite prangten in der Keyra bekannten, akkuraten Handschrift, die nicht ihre eigene war, ein Ort und ein Datum: Kochemer Bayes in der Nähe von Orb, April 1634

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