Fielding Gray. Simon Raven

Fielding Gray - Simon Raven


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friedliche Beschäftigung«, fügte ich an.

      »Sinnlos und zermürbend«, sagte Somerset streng. »Was mich darauf bringt: Was werdet ihr beide in den Ferien machen? Es ist nur noch ein bisschen mehr als ein Monat – man kann nicht früh genug anfangen zu planen.«

      »Ich werde auf unserer Farm in der Nähe von Whereham sein«, sagte Peter, »bis mein Einberufungsbescheid kommt. Was wahrscheinlich Anfang September sein wird.«

      »Und ich bin zu Hause in Broughton Staithe«, sagte ich trübsinnig, »wie immer.«

      »Ein angenehmer Ort zum Arbeiten?«

      »Nicht, wenn meine Eltern da sind. Obwohl sie einen Teil der Zeit wegfahren.«

      »Ohne dich?«

      »Wenn es nach mir geht.«

      »Und natürlich«, sagte Somerset, »hast du Peter ganz in der Nähe, wenn er in Whereham ist. Ich denke, ja, ich denke, ich werde eine Fahrt entlang der Ostküste machen und einmal schauen, was ihr so treibt. Wann sind deine Eltern weg?«

      »Ende August bis Anfang September.«

      »Bestens. Ich komme zu Besuch. Und bringe natürlich meine eigene Lebensmittelkarte mit. Wir können Peter an seinen letzten Tagen in Freiheit ein bisschen beistehen.«

      »Ich hab doch keine Angst vor der Armee«, sagte Peter. »Und deine Eltern erlauben dir das? Einfach so?«

      »Sie vertrauen mir, und sie stellen mir eine adäquate Summe zur Verfügung. Solange ich in Sachen Geld und Vertrauen den gesetzten Rahmen nicht übertrete, kann ich machen, was ich will.«

      Auf der Hügelkuppe auf dem Weg vom Dorf herauf zur Schule kam nun der Founder’s Court in den Blick: auf drei Seiten der geschmacklos klobige, aber unheimlich zweckmäßige Gebäudekomplex, den man in den 1860er-Jahren erbaut hatte, als die Schule aus der Londoner City hierhergezogen war, die vierte Seite war zum Tal hin offen, und in der Mitte, auf dem Rasen, stand eine Statue des elisabethanischen Schlitzohrs und Gründers der Einrichtung.

      »Sir Richard«, sagte ich und zeigte auf die Statue, »sieht meinem Vater ganz ähnlich. Und sie haben auch sonst einiges gemeinsam. Habgier und Sturheit, zum Beispiel.«

      »Du mit deinen Obsessionen! Erst die Liebe, jetzt deine Eltern. Dann erklär mir doch mal«, fuhr Somerset fort, »wie es kommen konnte, wenn dein Vater ach so wenig verständig ist, dass er so einen hübschen Namen für dich ausgesucht hat. Er klingt nicht nach einem ›Tom-Jones‹-Leser.«

      »Den Namen hat meine Mutter ausgesucht. Nach einem alten Freund von ihr, der im Ersten Weltkrieg gefallen ist … Ein begeisterter Cricketspieler, den sie Fielding nannten, weil er mit Nachnamen Legg hieß. Sie freut sich immer, wenn ich beim Cricket gut spiele – genauso wie es meinen Vater ärgert, der auf den Mann eifersüchtig ist.«

      »Eifersüchtig auf einen Mann, der seit dreißig Jahren tot ist?«, brummte Peter.

      »Ich hab’s euch doch gesagt. Er ist gleichzeitig habgierig und störrisch. Er staut gern was auf.«

      »Ein dickes Kapitel Familiengeschichte«, bemerkte Somerset. »Es ist ganz klar, dass dir das Obsessive im Blut liegt. Ich glaube, ich komme sogar ein bisschen früher nach Broughton Staithe und schaue mir den Mann mal an.«

      »Komm, wann immer du willst. Mein Vater hat gerne Freunde von mir als Gäste im Haus. Ihre Schwächen kann er hinterher, wenn sie wieder weg sind, als Munition gegen mich einsetzen.«

      »Womit vermutlich geklärt wäre, warum ich bisher noch nie eingeladen wurde. Bist du sicher, dass du es jetzt riskieren kannst?«

      »Ja«, sagte ich. »Ich lerne so langsam, wie ich ihn nehmen muss.«

      »Wie denn?«, sagte Peter.

      »Immer wenn er unangenehm wird, einfach aufstehen und gehen. Das ist der einzige Weg, wie man mit jemandem umgehen kann, der Freude daran hat, andere zu schikanieren … bis man groß genug ist, um zurückzuschlagen.«

      »Solange du ihn derweil dann nicht mich schikanieren lässt«, sagte Somerset.

      »Dich kann man nicht schikanieren … Du hast den bösen Blick.«

      Und so wurde ausgemacht, dass Somerset um den 20. August herum nach Broughton zu mir nach Hause zu Besuch kommen sollte und dass wir dann gemeinsam weiter nach Where­ham fahren würden, um einige Tage mit Peter zu verbringen, bevor er zum Dienst für den König einberufen wurde.

      Anfang Juli wurde ich zum Schulrektor bestellt, der zudem, wie ich erwähnt habe, meinem Haus als Leiter vorstand. Er wünschte, wie er mir gleich sagte, in beiden Funktionen mit mir zu sprechen. Er wies mir einen Lehnstuhl zu und verfrachtete seine eigene behäbige Gestalt in einen anderen, der mir gegenüber mit der Rückenlehne zum abendlichen Licht vor dem Fenster stand.

      »Es ist an der Zeit«, sagte der Rektor, »dass einige Dinge klargestellt werden.«

      »Sir?«

      »Im nächsten Schulquartal werden Sie unser Hauskapitän sein. Sie haben gute Aussichten, noch vor dem Sommerquartal im kommenden Jahr dann auch Kapitän der ganzen Schule zu werden. Und niemand könnte behaupten, dass es Ihnen an der nötigen Eignung dafür fehlt.«

      Vor dem Fenster wurde es langsam dunkel. Einige Tage lang war es extrem heiß gewesen, und nun hörte man bedrohlichen Donner. Ein dunkler Wolkenwirbel schraubte sich aus dem Tal empor. In dem Grübchen am Kinn des Rektors hatte sich Schweiß gesammelt.

      »Nein«, sagte der Rektor, »Ihr schlimmster Feind könnte nicht behaupten, dass Sie einer solchen Verantwortung nicht gewachsen wären. Aber … Aber …«

      »Aber was, Sir?«

      »Ich wünschte, ich wüsste etwas genauer, wo Sie stehen. Nach außen hin erfüllen Sie alles, was wir erwarten: Ihre schulischen Arbeiten, Ihre sportlichen Leistungen, das Verhalten, das Sie an den Tag legen. Aber was, was ist Ihre … Ihre Losung, Fielding? Worauf bauen Sie im Leben?

      »Es ist noch etwas zu früh, um das wissen zu können.«

      »Nun«, sagte der Rektor, »es gibt eine ganz bestimmte Sache, bei der wir beide es schon jetzt ganz genau wissen müssen. Wie ist Ihre … Einstellung … was Christopher Roland angeht?«

      Also darum ging es. Jetzt keine Blöße zeigen.

      »Wie immer. Ich kenne ihn jetzt seit fast vier Jahren, und ich mag ihn sehr gern.«

      »Ja. Aber da ist etwas bei Ihnen beiden … wenn Sie zusammen sind … bei dem mir nicht ganz wohl ist.«

      »Dafür gibt es aber keinen Grund, Sir.«

      »Kann ich das als Zusicherung werten? Kann ich wirklich sicher sein, dass Sie sich für das Amt meines obersten Präfekten eignen?«

      Draußen gewann die schwarze Wolke rasch an Umfang, wie ein riesiger Flaschengeist, den man aus der Wunderlampe heraufbeschworen hat. Der Rektor beugte sich in seinem Lehnstuhl nach vorne und erschauerte kurz wie ein großer, angsterfüllter Hund.

      »Sie sind nicht konfirmiert«, sagte er. »Wo stehen Sie – diese Frage muss ich stellen – im Hinblick auf das Christentum?«

      »Das ist keine einfache Frage, Sir … Ich tue mich schwer damit, seine Verbote nachvollziehen zu können, seine Fixierung auf das, was sündig oder falsch ist. Die Griechen haben ihr Augenmerk auf das gelegt, was angenehm und anständig und damit richtig ist.«

      »Christus hatte, als Jude, etwas genauere Moralvorstellungen. Und als Sohn Gottes hatte Er die Autorität, neue Wahrheiten zu verkünden und alte Irrtümer auf den Prüfstand zu stellen.«

      »Hatte er das?«, sagte ich.

      Ein langes Schweigen entstand zwischen uns.

      »Die Griechen standen für Vernunft und Anstand«, sagte ich. »Reicht das nicht aus?«

      »Vernunft und Anstand«, murmelte der Rektor, »aber ohne die Beglaubigung durch eine religiöse Offenbarung …?


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