Dr. Norden Bestseller 344 – Arztroman. Patricia Vandenberg

Dr. Norden Bestseller 344 – Arztroman - Patricia Vandenberg


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      Sie hörte aus seinen Worten doch heraus, daß er wenig auf ihre Andeutungen gab, die sie zu ihrer eigenen Rechtfertigung meinte, vorbringen zu müssen.

      Dr. Behnisch wußte nicht, was sich in dieser Familie abgespielt hatte, aber jetzt konnte er Rückschlüsse ziehen. Er hatte viel mit Eberhard Ruhland gesprochen und einen überkorrekten Bürokraten kennengelernt. Er kannte Frau Ruhland, eine labile Frau, die stets darauf bedacht war, alles um sie herum im besten Licht erscheinen zu lassen, die unsicher und verzagt war, daß ihr Mann nun nicht mehr bestimmen konnte. Er kannte auch Irene Ruhland, die trotz ihrer einunddreißig Jahre zwischen kindisch-albern und raffiniert-berechnend einzuordnen war, typisch die verwöhnte höhere Tochter, die sich überall Liebkind machen wollte und nicht zur Kenntnis nahm, wenn sie ignoriert wurde.

      Nun hatte Dr. Behnisch auch Dr. Beatrice Ruhland kennengelernt, eine selbstbewußte, kluge und sehr attraktive Frau, die beeindruckend wirkte, ohne wirken zu wollen.

      Ja, er konnte sich in etwa vorstellen, was sich da unter den Schwestern abgespielt haben mochte, als Beatrice heranwuchs. Aber sie würde sich ganz gewiß nicht einschüchtern lassen. Sie würde ihren Weg weitergehen wie bisher, dessen war er sicher.

      Zum erstenmal machte sich Marga Ruhland darüber Gedanken, als sie auf dem Heimweg war. Sie hatte sich vor dem Wiedersehen mit Beatrice gefürchtet, weil sie wußte, daß sie im Unrecht war, wenn sie das auch gar zu gern leugnen wollte.

      Sie mochte auch nicht zugeben, daß Beatrice ihnen allen haushoch überlegen war, als sie zu Hause Irene antraf, von der sie mit mürrischer Miene begrüßt wurde.

      »Du kommst spät, Mama«, sagte sie.

      »Ich habe noch mit Dr. Behnisch gesprochen, und vorher traf ich Beatrice vor der Klinik.«

      Irenes Augen begannen zu funkeln. »Sie hat es aber eilig«, sagte sie boshaft, »sie meint wohl, daß es wieder mal ans Erben geht.«

      Es gefiel Marga nicht, sie so reden zu hören, aber sie hatte auch nie gewagt, ihr zu widersprechen. Und nun fuhr Irene auch gleich fort: »Wir sollten lieber schon beiseite schaffen, was von Wert ist, damit sie nicht alles an sich raffen kann.«

      »Ich glaube nicht, daß sie das tun würde. Vergiß nicht, daß sie uns nie auf der Tasche gelegen hat.«

      »Aha, jetzt kommen schon die Vorwürfe gegen mich. Aber warum bin ich denn immer noch bei euch? Weil ich euch nicht allein lassen wollte. Meine liebe Schwester hat sich ja nie um euch gekümmert. Sie hat es sich gutgehen lassen bei Großmutter und sie dann ja auch ganz allein beerbt.«

      »Dir ist es ja wohl auch nicht schlecht ergangen bei uns«, sagte Marga bebend. »Beatrice legt keinen Wert darauf, mit uns länger zusammen zu sein. Sie wohnt bei den Bertrams.«

      Irene wurde blaß. Ihr Gesicht verzerrte sich. »Das ist doch typisch, sie hat überhaupt keine Hemmungen. Es macht ihr nichts aus, daß sie von Klaus mal den Laufpaß bekommen hat. Und jetzt tut sie auch noch seiner Frau schön.«

      »Ich weiß wirklich nicht, wie du alles siehst«, sagte Marga bestürzt. »Aber darüber will ich nicht diskutieren. Ich habe andere Sorgen. Mit Beatrice hat Eberhard sich unterhalten, als ich kam, war er wieder zu müde dazu.«

      »Er weiß doch gar nicht mehr, was er redet. Er war schon das ganz letzte Jahr so eigenartig. Ich bin auch nicht mehr mit ihm klargekommen.«

      »Es war wohl auch deshalb, weil wieder mal eine Verlobung auseinanderging, Irene. Er hat sich gefragt, warum du keine dauerhafte Bindung eingehen kannst, und ich frage mich das auch.«

      »Guter Gott, ich prüfe mich halt und auch die Männer, und wenn sich herausstellt, daß es nicht gutgehen kann, trenne ich mich lieber.«

      »Aber bei Robert hatte es doch den Anschein, daß er sich von dir getrennt hat.«

      »Weil er nicht erreicht hat, was er wollte«, sagte Irene mit einem frivolen Lächeln. »Man muß Grenzen setzen.«

      Marga war sich allerdings nicht sicher, daß ihre Tochter Irene Grenzen setzte. Sie hatte in all den Jahren schon oft genug erlebt, daß Irene keine Skrupel kannte, wenn ihr ein Mann gefiel. Aber sie wußte auch, daß sie den Kürzeren ziehen würde, wenn sie darauf zu sprechen käme.

      Ja, es war schwer, sich so manches einzugestehen, weil sie letztlich nicht mehr rückgängig machen konnte, was sie in einer blinden Liebe zuviel getan hatte für die eine Tochter, zuwenig für die andere. Und was hatte Irene ihren Eltern gedankt?

      Jetzt ging ihr auch dies durch den Sinn, aber für sie war Irene das »süße« und wirklich bildhübsche Kind gewesen und später eine Schönheit, die ihresgleichen suchte. Freilich nur in ihren Augen. Beatrice war das Pummelchen und wurde dann ein Trotzkopf. Für Irene erträumte sich Marga einen Märchenprinzen, und nun? Ein Frösteln kroch durch ihren Körper, als sie das blasse Gesicht ihrer Tochter betrachtete, tiefe Ringe unter den Augen, scharfe Falten, die sich von den Mundwinkeln herabzogen. Eine Diätkur in den letzten Wochen trug noch mehr dazu bei, ihr Gesicht härter wirken zu lassen.

      Wenn sie Beatrice sieht, wird sie ganz aus den Fugen geraten, dachte Marga, und zum erstenmal war sie ganz ehrlich zu sich selbst, weil sie sich eingestand, daß Beatrice diejenige war, der ihre Freundin Babette ein erfolgreiches und glanzvolles Leben vorhersagte.

      Die Vorhersage hatte Babette gemacht, als Beatrice noch gar nicht geboren war.

      »Du wirst eine Tochter haben, die eine große Karriere machen wird, und sie wird auch einen sehr angesehenen Mann heiraten«, hatte sie ihr verkündet. Und natürlich hatte sie alles auf ihre Irene bezogen und sie verhätschelt nach Strich und Faden, während das Pummelchen hintenan gestellt wurde.

      Eberhard hatte sich darum nicht viel gekümmert. Er war mit seinem Amt verheiratet, dachte nur an seine Beförderungen, und wenn er sich mit den Kindern befaßte, dann meist nur, wenn es Zeugnisse gab, und da hatte er schon manches Mal gesagt, daß in Beatrice wohl doch mehr Ehrgeiz stecken würde als in Irene, aber Margas Argument war denn gewesen, daß Irene eben hübscher und lieber sei und ganz sicher mal eine blendende Partie machen würde.

      Ja, sie hatte es erlebt, daß ihr Mann hin und wieder anzügliche oder gar mißbilligende Bemerkungen über Irene machte, und sie hatte dann wie ein begossener Pudel dagestanden und nicht gewußt, was sie sagen sollte. Widersprechen konnte sie ihm ja nicht.

      »Warum redest du eigentlich gar nichts mehr, Mama?« fragte Irene. »Außerdem habe ich Hunger. Wollen wir nicht essen gehen?«

      »Ich habe keine Lust. Es sind noch grüne Bohnen von gestern da.«

      »Dieses Proletenessen. Ihr habt überhaupt keinen Stil. Wie soll man da zu einem Mann kommen, der Wert auf Repräsentanz legt.«

      »Dein Boutiquenbesitzer denn etwa?« brach es jetzt aus Marga hervor. »Oder hat er dir auch wieder den Laufpaß gegeben?«

      Irene sprang auf. »Was erlaubst du dir? Das ist eine Unverschämtheit.«

      »So wie du mit mir redest aber auch.«

      »Ich merke schon, Beatrice hat dich aufgehetzt. So habe ich es mir auch gedacht, wenn sie kommt.«

      »Du bist gewaltig im Irrtum. Sie will nichts von uns. Sie ist Ärztin und macht Karriere. Nein, sie braucht niemanden. Sie geht ihren Weg.«

      »Aber einen Mann hat sie auch noch nicht an Land gezogen«, sagte Irene gehässig.

      »Ich glaube nicht, daß sie darauf bedacht ist. Und was hat es dir genutzt, daß du ihr damals Jürgen abspenstig gemacht hast? Gar nichts. Das war auch bloß ein Strohfeuer.«

      Ein paar Minuten herrschte Schweigen. Dann sagte Irene: »Du hast verdammt schlechte Laune, Mama, ich gehe lieber noch aus. Ich habe keine Lust, mir dein Gewäsch anzuhören.«

      Da packte Marga der Zorn. »Jedenfalls scheinst du auch nicht gerade in den besten Kreisen zu verkehren, was deine Ausdrucksweise anbetrifft«, sagte sie gereizt. »Und jetzt möchte ich meine Ruhe haben.«

      So was erlebte Irene allerdings auch zum erstenmal, und ihre Wut


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