Die Herrinnen von nebenan - Folge 2. Emanuel J.
mehr verschandelt. Barbara öffnete das weiße Gittertor und Gerald lenkte den Transporter auf dem ockerfarbenen Pflaster rückwärts bis dicht vor den seitlich angebrachten Eingang, was sehr praktisch war. Der Vorgarten, so sah Daniel, war nicht mehr vertrampelt von schweren Bauarbeiterschuhen, sondern wieder halbwegs ansehnlich hergerichtet mit einem Kiesweg am Haus entlang, einigen kleinen Sträuchern, die den Umbau überlebt hatten, und neu gepflanzten Bodendeckern, die aber erst noch wachsen mussten, um die gefräste braune Erde zu überwuchern.
Barbara, die heute zur Abwechslung mal keinen noblen Hosenanzug trug, sondern in Jeans und T-Shirt recht arbeitsam aussah, stand am Eingang und schloss die elegante weiße Aluminiumtür auf, die ein gläsernes Dach und gläserne Wände an zwei Seiten vor der Witterung schützten. Neugierig folgte Daniel ihr hinein in das Haus, in dem er fortan also wohnen sollte. Elegant sah auch die Diele aus. Beigefarbener Fliesenboden, kleiner, roter, runder, flauschiger Teppich, ein Garderoben- und ein Schuhschrank, beide in Weiß. Linker Hand war zwischen zwei anthrazitfarbenen Türen ein deckenhoher Spiegel angebracht. Rechts gab es zwei weitere anthrazitfarbene Türen, von denen eine in die Küche, die andere zur Kellertreppe führte, und geradeaus schaute man durch eine breite Glastür in einen großen hellen Raum mit Wohn- und Essbereich. – In dem, man sah es schon von hier aus, mittendrin an einem freien Platz eine dicke Kette von der Decke baumelte! Jeder, der hereinkam, sah also schon beim ersten Blick, dass es hier anders zuging als anderswo.
Offenbar konnte Barbara seine Gedanken schon wieder lesen, denn sie lächelte sadistisch. „Tja, so ist das halt bei mir. – Aber zieh dich erst mal richtig an, bevor es weitergeht.“ Sie drückte ihm die Einkaufstasche in die Hand, die sie mit aus dem Transporter genommen hatte. „Hier drin findest du, was du brauchst. Du kannst ins Bad gehen.“ Ihr Blick wies zur Treppe, die rechts neben dem Eingang nach oben führte und recht extravagant aussah: eine Spindeltreppe mit Stahlrohrrahmen und hellen Holzstufen, die ohne hintere Verblendung aufgeschraubt waren. „Gleich die erste Tür links.“
Der Flur oben war mit rötlichem Parkett belegt und es gab vier weiße Türen, zwei vor ihm direkt nebeneinander, dann eine rechts der Treppe und eine links, die er sachte öffnete. Oh! Das Badezimmer, das er betrat, war das luxuriöseste, das er je in echt gesehen hatte. Allerdings sagte das nicht viel aus, da er nicht in wohlhabenden Kreisen verkehrte. Die Badewanne, die beiden Waschbecken, die Toilettenschüssel und das Bidet waren taubenblau, die Wände lindgrün gekachelt, der Boden war mit dunklem Schiefer belegt. Hinten in der Ecke gab es eine barrierefreie Dusche mit halbrunder durchsichtiger Glaswand und durch die herabgelassene, aber nicht geschlossene Jalousie fiel schattiges Tageslicht herein.
In der Tasche fand er einen rosafarbenen kurzen Faltenrock und sah ansonsten nur noch Weiß, einen spitzenbesetzten String, eine Strumpfhose, noch in der Packung, einen BH samt Füllungen, ein kurzärmeliges dünnes Top mit züchtigem V-Ausschnitt – und Damenschuhe, Sandaletten mit dünner Sohle und nicht allzu hohem Blockabsatz. Er hatte gar nicht gewusst, dass es solche Schuhe auch in Größe sechsundvierzig gab. War die Zeit der Ballettschuhe etwa vorbei? Sie passten einigermaßen und die ersten zaghaften Probeschritte verliefen ermutigend. Er knickte nicht um, brach sich nicht die Beine, konnte ganz gut damit laufen, war Barbara dankbar dafür, dass sie keine dünnen hohen Absätze für ihn ausgewählt hatte, und bedauerte es anderseits ein bisschen, da es nicht reizlos gewesen wäre …
Ordentlich zurechtgemacht ganz in Weiß mit ein bisschen Rosa, schritt er wieder die Treppe hinab, um halbwegs eleganten Gang bemüht, was aber offenbar nicht so recht klappte, denn Barbara, die gerade aus dem Wohnzimmer kam, schüttelte tadelnd den Kopf. „Du polterst hier runter wie ein Trampeltier. – Bis nächsten Samstag muss das anders sein. Aber du hast ja Gelegenheit zum Üben.“
Gerald schleppte einen Karton herein und stellte ihn in der Küche ächzend auf dem Boden ab. Beim Aufrichten wischte er sich über sein schweißnasses blaues T-Shirt, als würde es davon trocken werden. „Wir haben’s gleich. Ist nicht mehr viel.“ Sein Blick schweifte von Daniel zu Barbara, die ihm beide gefolgt waren mit leeren Händen, und besorgt runzelte er die Stirn. „Es ist jetzt schon heiß wie im Backofen und für heute Mittag sind fünfunddreißig Grad angekündigt. Er wird in seiner Strumpfhose eingehen wie eine Primel.“
Barbara, die einem der herumstehenden Kartons eine Packung Zucker entnommen hatte, um sie in einem der taubenblauen Schränke zu verstauen, winkte ab. „Er hält schon was aus. Eine solche Strumpfhose sagt ihm zu jeder Sekunde, dass er mein Sklave ist. Sie ist völlig unverzichtbar. Sozusagen das Symbol seiner Unterwerfung. Er kann froh sein, dass er nicht auch nachts eine anhaben muss.“ Sie hatte einen geeigneten Platz für den Zucker gefunden, im obersten Fach des Schrankes, wo sie kaum hinkam, und drückte ihn Daniel in die Hand, damit der ihn dort abstelle. „Und wer als Lustobjekt dient, darf sich über einige Unannehmlichkeiten nicht beklagen. Unzählige geknechtete Frauen könnten dir das bestätigen.“
Leicht auf die Fußballen gereckt deponierte Daniel den Zucker dort oben wie seinerzeit bei Franziska an jenem magischen Abend, damals, als er noch ein normaler Mann gewesen war und nicht für das Unrecht hatte büßen müssen, das man all den armen Frauen angetan hatte im Laufe der Jahrhunderte. Das Symbol seiner Unterwerfung also … Jetzt wusste er auch, weshalb ihm eine Strumpfhose ein so reizvolles Kribbeln schenkte, selbst dann noch ein bisschen, wenn es wirklich zu warm dafür war …
Fürs fleißige Schaffen eignete sich seine Kleidung jedenfalls nicht, weshalb Gerald die letzten Kartons ohne Murren und Klagen alleine hereinschleppte. Für die Küchenarbeit aber reichte es und so begann Daniel mit Barbara zusammen und natürlich nach ihrer Anweisung, die Küche mit weißem Geschirr, eleganten Gläsern, hochwertigem Besteck, schweren Töpfen und Pfannen einzuräumen, alles Dinge, die sie in dieser Woche neu gekauft und direkt hierher hatte bringen lassen, wie sie berichtete. Die Erbschaft, die sie gemacht hatte, schien neben dem Haus auch noch eine stattliche Summe Geld beinhaltet zu haben. Als der Transporter leer war, schleppte Gerald noch einen Kasten Mineralwasser herein, stellte einige Flaschen in den noch leeren Kühlschrank und trank eine von ihnen auf einen Zug halb leer. Den Rest verstaute er in der angrenzenden Speisekammer, die so geräumig war, dass man auf ihren Regalen Vorräte für eine ausgewachsene Fußballmannschaft hätte unterbringen können. Dann klopfte er sich den Staub aus seiner schmuddeligen Jeans und fuhr einkaufen.
Kaum hatte er das Haus verlassen, wandte sich Daniel an Barbara. „Darf ich bitte zur Toilette gehen, meine Herrin?“
Sie lächelte verstehend. „Hast du gewartet, bis er gegangen ist?“
Durchschaut! Was wieder mal nicht schwer gewesen war, da sie doch genau wusste, wie schwer ihm diese schändliche Bitte von den Lippen kam und dass es ihm noch viel beschämender vor fremden Ohren erschien, vor einem Mann gar noch. Dass Gerald alles andere als ein Fremder war und Daniels Verwandlung in einen Schulbuben öfter schon hatte miterleben dürfen, machte es auch nicht besser. „Verzeiht mir bitte, meine Herrin … Aber es ist nicht leicht …“
Mit einem nachsichtigen Lächeln legte sie eine Handvoll Gabeln ins vorgesehen Fach der Besteckschublade. „Du sollst es ja auch nicht leicht haben, sondern mir ein guter Sklave sein … Es ist vermutlich ziemlich dringend?“
„Ja, meine Herrin.“
„So ist das halt, wenn man es so lange rausschiebt, weil man sich geniert … Eigentlich sollte ich dich zur Strafe noch eine Weile warten lassen.“ Sie sah seinen erschrockenen Blick und winkte großmütig ab. „Dann geh halt, bevor es zu spät ist.“
Die Gästetoilette befand sich gleich neben dem Eingang. Wie es sich gehörte, ließ er die Tür offen stehen, während er vor der taubenblauen Schüssel auf dem blauen flauschigen Vorleger niederkniete, denn an diesen Regeln, so nahm er mal an, würde sich wohl auch im neuen Haus nichts ändern. Vermutlich galt das für sämtliche anderen Vorschriften ebenso. Waschlappen und Handtücher hatte Barbara schon bereitgelegt, sodass er hygienisch einwandfrei in die Küche zurückkehren konnte.
Sie hatten schon fast alles eingeräumt, als Gerald wieder erschien mit einer bis obenhin beladenen rot-weißen Klappbox, die er auf die vermutlich tonnenschwere bläulich schimmernde granitene Arbeitsplatte wuchtete. Jede Menge Lebensmittel hatte er mitgebracht, dazu einen Laib Brot und drei gebratene halbe Hähnchen mit Pommes. Das Mittagessen.