Die Herrinnen von nebenan - Folge 2. Emanuel J.

Die Herrinnen von nebenan - Folge 2 - Emanuel J.


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legte er sich nach dem Frühstück mit einem Buch aufs Sofa, während Barbara und Daniel oben ihre Kleider in den riesigen Schrank räumten, in dem zwei Drittel der rechten Seite für sie reserviert waren, während das linke Drittel einschließlich einer Garderobenstange ihm zur Verfügung stand.

      Fein säuberlich hängte sie ihre vielen Hosenanzüge an metallene Bügel und lächelnd beäugte sie aus den Augenwinkeln, wie er seine Dessous in die übereinander angeordneten Fächer stapelte, sehr darum bemüht, sie nicht einfach knuddelig reinzustopfen, und ordentlich sortiert nach BHs, Negligés und so weiter.

      „Du wirst sie bald wieder brauchen. Für Mittwochabend hat sich Christian angekündigt.“

      Oh. Dann ging sein Leben also nahtlos weiter? – Aber nichts anderes war zu erwarten gewesen und nichts anderes hatte er sich erhofft. Schließlich war das ja der Hauptgrund gewesen, mit ihr hier einzuziehen.

      Und es wurde noch viel nahtloser, wie er gleich erfuhr: „Elisabeth kommt später mit der Kleinen.“

      Echt? Johanna? (Sie die Kleine zu nennen, hatte er sich abgewöhnt, da sie sich wie eine Kleine nicht benahm, sondern eher wie eine, vor der man Respekt haben musste. Aber nein, nicht man, sondern einer wie er.)

      Mit den Hosenanzügen fertig geworden, begann sie ihre umfangreiche Blusenkollektion an metallene Bügel zu hängen. „Ich nehme an, dass du dich auf sie freust. Zumal wir jetzt einen größeren Tisch mit mehr Platz drunter haben.“

      O Gott! Fast wäre ihm das rosa Röckchen aus der Hand gefallen, das er gerade an einen Bügel hängen wollte. Unterm Tisch? Musste das sein?

      Sie lächelte beschwichtigend. „War nur ein Scherz, ein kleiner.“ (Und gemeiner, hätte er hinzufügen können, was er aber lieber bleibenließ.) „Ein andermal vielleicht wieder. Heute probieren wir mal den roten Teppich aus. Er ist extra flauschig, um deine Knie zu schonen, die süßen.“ Sie hängte die letzte Bluse an den golden schimmernden Garderobenhaken und stopfte achtlos einige ihrer Dessous in eines der Fächer, ohne sie irgendwie zu sortieren. „Ich habe keine Lust mehr auf die Einräumerei.“ Mit einem schelmischen Lächeln zu ihm herüber schloss sie die Schranktür. „Eines Tages, mein geliebter Sklave, wirst vielleicht auch du wieder ein Wörtchen von dir geben.“

      Mit einem hilflosen Achselzucken legte er seine Tops ins obere Fach. „Ja, meine Herrin, bestimmt. Sobald ich alles verdaut habe …“

      Zwei ihrer Kartons waren noch zu einem Viertel gefüllt; diese stellte er draußen auf den Flur. Die drei, die leer geworden waren, brachte er nach unten und verstaute sie vorerst mal im Hauswirtschaftsraum, der sich direkt neben der Gästetoilette befand. Vielleicht würde Gerald sie mitnehmen, wenn er ging irgendwann, wobei er dann ja verabschiedet werden musste … Schon der Gedanke daran weckte tiefe Scham in ihm und schenkte ihm zugleich ein vorfreudiges Kribbeln, doch durfte er nicht immer nur an das eine denken …

      Barbara saß mittlerweile im Wohnzimmer in einem Sessel, damit beschäftigt, die Geheimnisse ihres neuen Tablets zu ergründen, und da es für Daniel momentan nichts zu tun gab, ließ er sich am Schreibtisch nieder und schaltete seinen Computer ein. Nur leider, so merkte er schon bald, konnte er sich auf seine Geschichte nicht konzentrieren, da seine Gedanken wie Wildgänse von Geralds Verabschiedung zu Johannas Begrüßung und weiter zu Christian flatterten, dazu noch zu weiteren sonderbaren Erlebnissen und Erwartungen, nur nicht dorthin, wo sie momentan gebraucht worden wären.

      Gerald zog sich in die Küche zurück, um dort mit dem Kochen anzufangen, und staunend erfuhr Daniel von Barbara, dass er ein sehr guter Koch sei. In der alten Wohnung habe er das nur nicht gezeigt, weil in der Küche dort zu wenig Platz gewesen war und man ihn zudem ständig gestört habe. Und das sei etwas, das er überhaupt nicht leiden könne, da ihn Gesellschaft beim Kochen nervös mache. – Das fand Daniel völlig in Ordnung, weil er aufs Kochen nicht viel Lust hatte und auf Handlangerdienste in der Küche noch viel weniger. Den Tisch musste er aber decken und Gerald also doch stören. Als er die Küche betrat, traf ihn fast der Schlag. Er war in eine wilde Schlacht geraten. Überall standen versiffte Pfannen und Schüsseln herum, in der schwarzen Keramikspüle lagen Kartoffelschalen, dazwischen Kaffeebohnen, wobei man nicht wusste, was die hier suchten. Dichter Dampf sprudelte aus einem großen Topf, aus einer Pfanne spritzte Fett empor, Mehl war überall verstreut und auf dem hellen Fliesenboden ein Stück Kartoffel zermatscht; das alles wieder in Ordnung zu bringen würde einen halben Tag dauern und mit Schrecken dachte Daniel, dass das wahrscheinlich seine Aufgabe sein würde.

      Finster vom gestressten Gerald beäugt, brachte er Teller, Besteck und Gläser zum Esstisch hinüber und kurz huschte sein Blick zu Barbara. „Für vier Personen, nicht wahr?“

      „Ja, sicher. Was sonst?“

      Natürlich. Was sonst? Etwas anderes hatte er nicht erwarten können. Als der entkorkte Rotwein atmen konnte und auch das Mineralwasser bereitstand, nutzte Daniel noch schnell die Gelegenheit, die so günstig wie momentan wohl nicht mehr so bald sein würde: „Darf ich bitte zur Toilette gehen, meine Herrin?“

      Sie erlaubte es ihm großherzig, und als er ins Wohnzimmer zurückkehrte nach kurzer Zeit, betrachtete sie ihn mit einem lobenden Lächeln. „In den Schuhen kannst du ja schon ganz gut gehen. Sieht fast nicht mehr nach Trampeltier aus.“ Irgendwie schien ihre Stimmung zur Rüschenbluse zu passen oder umgekehrt; hätte sie sich ein Blümchen ins Haar gesteckt, wäre ihm das nicht verwunderlich erschienen.

      Ein raumfüllendes dunkles Gongen klang von der Diele herein und erfreut zog sie die Augenbrauen hoch. „Ach, da sind sie ja. Fast pünktlich. – Machst du auf?“

      Was? Er? Das hatte er doch nie tun müssen?

      Auffordernd reckte sie das Kinn nach vorn. „Hier ist es ab sofort deine Aufgabe, die Tür aufzumachen! Immer! Kein Versteckspiel mehr. – Jetzt geh schon! Oder willst du, dass sie in der Sonne schmelzen?“

      Nein, das wollte er natürlich nicht. Und das Geschimpfe, dass man ein Haus doch nicht mit der Terrasse nach Norden und dem Eingang nach Süden bauen könne, half jetzt auch nicht weiter. Zaudernd setzte er sich in Bewegung. Wenn es doch wenigstens eine Gegensprechanlage gäbe! Aber nein, darauf hatte man verzichtet. Die Pforte draußen war nicht abgeschlossen, sondern nur eingeklinkt, wer immer auch kommen mochte, stand direkt vor der Eingangstür. So etwas war doch nicht mehr zeitgemäß! Und was, wenn die Zeugen Jehovas draußen standen oder ein Nachbar, der Zucker ausborgen wollte? Bereit, sie notfalls sofort wieder zuzuknallen, öffnete er die Tür.

      Es waren Elisabeth und Johanna, die draußen standen. Elisabeth hatte einen langen bunten Sommerrock an und eine rosafarbene rüschenbesetzte Bluse, die sehr der Barbaras und seiner glich. Komischer Zufall. Ihr Lächeln war ein bisschen irritiert, da sie wohl nicht damit gerechnet hatte, von ihm anstatt von Barbara die Tür aufgemacht zu bekommen. Fast ausdruckslos war Johannas Miene, nur der Hauch des Anflugs eines Lächelns war darin zu erkennen, und dieses war vermutlich gar nicht so blasiert, wie es den Anschein hatte, sondern eher unsicher und verlegen. Eine rosa Bluse mit Rüschen hatte sie nicht an, sondern ein halbrund ausgeschnittenes weißes Top, dazu einen lindgrünen Faltenrock.

      Da seine Begrüßung nicht aus Worten bestand und er sowieso nicht wusste, was er hätte sagen sollen, versuchte er sich einfach ein einladendes Lächeln abzuringen und wich schweigend vor ihnen zurück bis zum roten Teppich, auf dem er wie ferngesteuert niederkniete. Die beiden folgten ihm wie am Angelhaken hängend, was ein bisschen paradox war, da es doch eigentlich umgekehrt hätte sein müssen, und wie nicht anders zu erwarten, da sie ihrer kleinen Schwester bei der Ankunft immer vorausging, tauchten zuerst Elisabeths weiße Sandaletten vor seinen Augen auf. Er beleckte sie ohne Scheu, küsste die rot lackierten Zehennägel, ließ die Zunge um die hohen dünnen Absätze kreisen, da aber entfernten sie sich schon. Die Fußnägel Johannas leuchteten im gleichen dunklen Rot, vielleicht hatten sie sich den Nagellack ja geteilt. Er versuchte die Zehen in den Mund zu saugen, was aber nicht gelang, musste sich mit zärtlichen Küssen begnügen, leckte das weiße glatte Leder hingebungsvoll sauber, die breiten und nicht allzu hohen Absätze ebenso, vergaß auch nicht das zierliche Riemchen über dem Knöchel zu küssen …

      „Das reicht! Komm hoch!“ Es war Barbaras Stimme,


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