Skippertraining. Rolf Dreyer
mindestens zweimal täglich – Wetterberichte empfangen werden. Das geht oft nicht mehr per Internet. Im Rahmen der Reiseplanung sind die Sendezeiten, Frequenzen und Empfangsmöglichkeiten der Seewetterberichte festzustellen. Das Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) gibt kostenlos eine Übersicht der Sturmwarnungen und Seewetterberichte heraus. Für ausländische Seewetterberichte findet man die Sendezeiten, Frequenzen, Vorhersagegebiete und Inhalte am besten in der Admiralty List of Radio Signals Vol. 3.
Der Autor am Steuer seines Schiffes (X-34).
FUNKPLANUNG
»Funkplanung? Reisevorbereitung in Bezug auf Funk? Was ist das? Haben wir ja noch nie gemacht.« Das sind die üblichen Kommentare vieler Yachties. Und weil sie ihre Reisen bisher immer ohne Funkplanung gemacht haben, halten sie sie für überflüssig. Richtig ist, dass eine Funkplanung so lange nicht benötigt wird, wie alles gut geht. Bei Problemen sind Versäumnisse hier besonders schmerzlich.
Mit Funkplanung ist nicht gemeint, dass sich ein Crewmitglied intensiv mit dem Funkgerät befasst und dafür zuständig ist, bei einem möglichen Problem um Hilfe zu rufen. Das ist zwar wichtig, gehört jedoch zur Sicherheitsrolle (siehe Seite 42).
Funkplanung bedeutet herauszusuchen,
1. welche Küstenfunkstellen Starkwind- und Sturmwarnungen verbreiten, und deren Arbeitskanäle aufzuschreiben – man findet sie im Funkdienst für die Klein- und Sportschifffahrt und im Reeds,
2. welche Küstenfunkstelle bei dringenden Problemen (wenn die Sicherheit des Fahrzeugs oder einer Person gefährdet ist) anzurufen ist.
Zwei wichtige Punkte sind vielen Wassersportlern nicht bekannt:
1. Die Reise muss so geplant werden, dass im Notfall immer ein MRCC (Maritime Rescue Coordination Centre, Rettungsleitstelle) alarmiert werden kann. Darauf zu vertrauen, dass außerhalb der Reichweite einer Rettungsleitstelle im Notfall andere Schiffe alarmiert werden können, ist heute, nach abgeschlossener Einführung des GMDSS, eine grobe Fahrlässigkeit und könnte entsprechende Rechtsfolgen nach sich ziehen.
2. Das MRCC ist nicht erst zu benachrichtigen, wenn ein Notfall eingetreten ist, sondern schon dann, wenn eine Notlage entstehen könnte.
Der heutige Stand der Technik ist ein UKW-Sprechfunkgerät mit integriertem DSC-Controller. Ein solches Gerät ist mit dem GPS-Navigator verbunden und besitzt eine SOS-Taste. Sie muss fünf Sekunden lang gedrückt werden, um einen DSC-Notalarm zu senden. Der enthält die Schiffskennung, mit der das Fahrzeug identifizierbar ist, und die aktuelle Position mit zugehöriger Uhrzeit.
GMDSS
Das weltweit einheitliche Funksystem der Seeschifffahrt heißt GMDSS (Global Maritime Distress and Safety System). Seine Einführung erfolgte von 1992 bis 1999 und brachte eine völlig neue »Rettungsphilosophie«. Früher mussten die Schiffe fernab von den Küsten sich untereinander selbst helfen und auch die Rettung allein organisieren. Heute aber ist so schnell wie möglich ein MRCC einzuschalten. Die Rettungsleitstelle koordiniert von Land aus die Rettungsmaßnahmen; sie entscheidet, welche Schiffe vor Ort an der Rettung teilnehmen, und weist sie entsprechend an.
Jedes Schiff – auch eine Yacht – muss in einem Notfall in der Lage sein, bei einer Rettungsleitstelle Alarm auszulösen. Früher, bevor die Rettungsleitstellen aufgebaut und entsprechende Alarmierungseinrichtungen für Schiffe verfügbar waren, konnte – und musste – eine Yacht weit draußen auf See darauf vertrauen, dass andere Schiffe ihre Notmeldung empfangen und helfen würden.
Heute darf eine Yacht nur noch Seegebiete befahren, in denen sie mit ihrer eigenen Funkausrüstung ein MRCC erreichen kann. Um es klarzustellen: Es besteht zwar keine direkte Funkausrüstungspflicht für Sportboote, aber es wäre ein Verstoß gegen die Sorgfaltsregeln für Wassersportler (und damit grobe Fahrlässigkeit), sich über die Reichweite der bordeigenen Funkausrüstung hinaus von Land zu entfernen. Wie in anderen Fällen gilt auch hier: Solange nichts passiert, interessiert sich niemand dafür. Nach einem Unfall aber wird geprüft, ob der Schiffsführer gegen Empfehlungen verstoßen hat, die in der BSH-Broschüre Sicherheit im See- und Küstenbereich gegeben werden. Wer nur über ein UKW-Sprechfunkgerät verfügt, sollte A1-Seegebiete besser nicht verlassen.
GMDSS-SEEGEBIETE
Zur nautischen Reiseplanung gehört zu wissen, welche Seegebiete (siehe Folgeseiten) befahren werden und wie im Fall von Not oder Dringlichkeit die Alarmierung eines MRCC erfolgen kann.
SEEGEBIET A1
Ein von der zuständigen Verwaltung festgelegtes Gebiet innerhalb der Sprechfunkreichweite mindestens einer UKW-Küstenfunkstelle, die ununterbrochen für DSC-Alarmierungen zur Verfügung steht.
SEEGEBIET A2
Ein von der zuständigen Verwaltung festgelegtes Gebiet (ohne Seegebiet A1) innerhalb der Sprechfunkreichweite mindestens einer GW-Küstenfunkstelle, die ununterbrochen für DSC-Alarmierungen zur Verfügung steht.
SEEGEBIET A3
Ein Gebiet (ohne Seegebiete A1 und A2) innerhalb der Überdeckung eines geostationären Inmarsat-Satelliten (70° N bis 70° S), der ununterbrochen für Alarmierungen zur Verfügung steht.
SEEGEBIET A4
Ein Gebiet außerhalb der Seegebiete A1, A2 und A3 (alle Gebiete jenseits von 70° Breite).
Auf Fahrten außerhalb von A1-Gebieten sollte zumindest eine EPIRB mitgeführt werden. EPIRBs (Emergency Position Indicating Radio Beacons) sind Seenotfunkbojen. Im Notfall senden sie Alarmzeichen, die von Satelliten empfangen und mit höchster Priorität über Küstenerdfunkstellen und das Telefonnetz an Rettungsleitstellen weitergeleitet werden. Dabei werden auf 406 MHz die Seefunkrufnummer und die Position des Schiffes übermittelt. Keine sichere Alarmierung bieten 121,5-MHz-Funkbojen. Auch die auf 243 MHz sendenden Baken sind nicht vergleichbar.1
DRINGLICHKEITSMELDUNG
Schon in einer Situation, die sich zu einer Notlage entwickeln könnte, ist ein MRCC anzurufen – nicht erst, wenn ein Notfall eingetreten ist! Das wissen viele Wassersportler nicht. Sobald die Sicherheit eines Fahrzeugs oder einer Person bedroht ist, ist ein MRCC per Dringlichkeitsmeldung zu benachrichtigen. Ein Wassereinbruch ist sicherlich ein solcher Fall (siehe Seite 167), auch eine schwer verletzte oder erkrankte Person. Ein Mastbruch auf einer Segelyacht oder ein Motorschaden auf einer (einmotorigen) Motoryacht kann die Sicherheit des Fahrzeugs ebenfalls bedrohen. Über solche Fälle ist das nächstgelegene MRCC per Dringlichkeitsmeldung zu unterrichten. Im GMDSS muss eine Dringlichkeitsmeldung zunächst durch einen DSC-Dringlichkeitsanruf angekündigt und dann per Sprechfunk verbreitet werden1. Zur Reiseplanung gehört es daher auch, die MRCC und ihre Rufnummern (MMSI) bereitzulegen.
Cospas-Sarsat-EPIRB (406 MHz).