Frontschweine. Léon Lancee

Frontschweine - Léon Lancee


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befindet sich nur wenige Stunden hinter uns, und wir bekommen Luftunterstützung der Stukas. Esst und trinkt noch was, denn es kann ein ganz langer und vor allem schwerer Tag werden.“

      Während Leutnant Mayer ging, ließen die Besatzungen sich ins Gras neben der Fahrbahn fallen, um etwas zu essen und zu trinken.

      Sepp nahm einige tüchtige Schlucke aus seiner Feldflasche und blickte dem Leutnant nach.

      „Wenn ihr mich fragt, erwartet er Probleme, und ich habe das Gefühl, dass es tatsächlich noch schwierig für uns werden wird, bevor dieser Tag vorbei ist.“

      Helmuth zuckte die Achseln: „Nicht schwieriger als sonst, meine ich, und bis jetzt ist es nicht so schlimm gekommen. Unser Zug hat alles in allem nur zwei Panzer und zwei Mann verloren. Das ist nicht schlecht nach gut fünf Wochen Krieg. Wenn das so bleibt, können wir uns nicht beklagen, denn mit diesem Tempo sind wir in drei Wochen in Moskau.“

      „Das wäre nicht schlecht“, seufzte Wolff. „Ich habe noch immer keine Post erhalten, und ich möchte eigentlich gern wieder nach Hause.“

      Horst nickte beifällig: „Dafür bin ich auch zu haben. Ich habe diesen Krieg und dieses Leben in und unter einem Panzer satt.“

      Mannfred lachte zu Sepp: „Wir aber noch nicht, was? Zuerst noch mal einige schöne Orden sammeln, um unsere Uniform zu schmücken, sodass die Mädchen uns daheim in Schwärmen um den Hals fallen. Dann noch mal in Moskau auf den Putz hauen und ein Skiurlaub im Ural, bevor wir nach Hause zurückkehren. Aber vor allem möchte ich, dass wir den Rest dieser verfluchten Roten Armee eliminieren und all diese verdammten Ostmenschen auf die andere Seite des Uralgebirges stoßen.“

      Sepp rauchte genießerisch seine kleine Zigarre. „Ha, nach der Ausrottung der kommunistischen Gefahr als Held heimkehren, hört sich nicht schlecht an. Aber an noch mehr Orden habe ich keinen Bedarf. Das Eiserne Kreuz 1. Klasse ist für normale Menschen das Höchste, was sie erreichen können, und das habe ich. Ein Ritterkreuz ist nur den hohen Tieren vorbehalten, also das bekommen wir als gewöhnliche Soldaten nicht.“

      Mannfred schüttelte den Kopf: „Da irrst du dich aber doch ein bisschen, mein Junge. Schau’ doch mal auf Helmuths Bruder. Der trägt auch das Ritterkreuz um seinen Hals, und der ist auch nur ein gewöhnlicher Leutnant bei der Luftwaffe.“

      Sepp blickte überrascht auf Helmuth: „Stimmt das wirklich so?“

      „Ja, mein Bruder hat tatsächlich das Ritterkreuz bekommen. Und der Führer hat es ihm in Berlin persönlich verliehen. Das war im vergangenen Monat, gerade einen Tag, bevor der Krieg mit Russland anfing.“

      „Was für Besonderes hat er denn gemacht, dass er sich das verdient hat? So ´n Ding bekommt man doch nicht nur so geschenkt.“

      „Ach, laut meinem Bruder Günther war das alles nicht so spannend. Er hat als Jagdflieger so um die 30 feindliche Maschinen heruntergeschossen, und das hat dann gereicht, um eins zu bekommen. Er fliegt zurzeit übrigens auch hier an der Ostfront, beim 51. Jagdgeschwader.“

      Horst unterbrach Helmuth: „Der gleiche Bruder Günther ist mehrere Tage mit deinem früheren Chef hinter den russischen Linien umhergestreift.“

      Sepp schaute überrascht drein: „Mit Michael von Losswitz? Seit wann rennen ein Waffen-SS-Mann und ein Flieger der Luftwaffe zusammen in feindlichem Gebiet herum? Wie ist das dann vor sich gegangen?“

      Helmuth fing zu erzählen an: „Das ist eine besondere Geschichte. Von Losswitz war in feindliches Gebiet geraten und wurde von seiner eigenen Einheit abgeschnitten. Ganz alleine hat er dort während seines Rückmarsches zu unseren eigenen Linien ein bildhübsches russisches Soldatenmädchen aus den Händen des NKWD gerettet. Der NKWD ist der Militärgeheimdienst der Sowjets, sozusagen der rote Konkurrent unserer Gestapo. Zusammen mit dieser Puppe war er auf der Flucht vor dem NKWD, von dem er in kurzer Zeit zirka sechs Mitglieder eliminiert hatte.

      Mein Bruder landete sehr zufällig mehr oder weniger an der gleichen Stelle, wo sich die zwei versteckt hatten, als er mit seinem Messerschmidt-109-Jäger wegen Motorpanne eine Notlandung machen musste.

      Kaum auf dem Boden sah er zwei Lkw mit Sowjetsoldaten auf sich zukommen, und nahm die Beine in die Hand in Richtung der Hügel. Und von dort aus fing dann einer an, die Sowjets aus großer Distanz Stück für Stück abzuknallen, sodass mein Bruder diesen Leuten entkommen konnte. Und der Schütze war, wie sich herausstellte, von Losswitz mit seinem Mädchen. Nach Ansicht meines Bruders war sie das hübscheste Ding, das er je gesehen hatte. Nachdem sie zusammen einige Tage vor den NKWD-Truppen auf der Flucht gewesen waren, gerieten sie in eine Klemme, mehr oder weniger eingekesselt.

      Mein Bruder wurde fortgeschickt, um sich selbst zu retten und um Hilfe zu holen, während Von Losswitz und das Mädchen den Kampf mit den Russen aufnahmen, um ihm eine Chance zu geben, zu entkommen.

      Es war seine Absicht, dass das Mädchen mit meinem Bruder mitgehen sollte, aber sie weigerte sich und wollte unbedingt zusammen mit ihm sterben.

      Mein Bruder wurde Stunden später von Maschinen seines eigenen Geschwaders entdeckt, und unsere Abteilung wurde in feindliches Gebiet geschickt, um ihn zu retten. Und am nächsten Tag wurden die beiden anderen auch geortet, als das 51. Jagdgeschwader nach ihnen suchte. Sie wurden unversehrt von einem kleinen Fieseler-Storch Verbindungsflugzeug aufgeschnappt und zur Basis gebracht. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass die beiden im letzten Kampf alle dreißig NKWD-Männer getötet hatten.“ (siehe “Kanonenfutter“)

      „Nicht zu glauben“, reagierte Sepp, „Aber soweit ich Michael kenne, glaube ich diese Geschichte ohne Vorbehalt. Ich hatte euch erzählt, dass ich zusammen mit ihm mein Eisernes Kreuz 1. Klasse in Frankreich verdient habe. Dieser Bursche fürchtet weder Tod noch Teufel und hat nach mir ewig einen Schutzengel auf der Schulter. Das war übrigens eine schöne Geschichte. Vielleicht begegnen wir ihm binnen kurzem noch mal. Wie es verlautet liegt meine alte Einheit, die zweite Waffen-SS Panzergrenadierdivision ´Das Reich` seit kurzem nicht so weit von hier im Frontbogen bei Jelnja. Das ist in der Luftlinie nur dreißig Kilometer von uns entfernt. Also ist es nicht wirklich unmöglich, dass ich ihm demnächst in die Arme laufe.“

      Der schrille Ton von Leutnant Mayers Pfeife machte dem Gespräch ein Ende, und jeder sprang auf. Das Zeichen zum Aufbruch! Sie rafften blitzschnell ihre Sachen zusammen und kletterten an Bord des Panzers. Der Lärm der schweren Motoren und der rasselnden Raupenketten begleitete die Soldaten auf ihrer weiteren Fahrt tief in feindliches Gebiet. Die Sonne war mittlerweile am strahlend blauen Himmel hochgeklettert und hatte die Straßendecke getrocknet, sodass eine enorme Staubwolke die Position der Kolonne für jeden in der Gegend klar sichtbar machte.

      4

      Während die Besatzung des ´242` hinter dem Panzer von Leutnant Mayer herfuhr und immer weiter in feindliches Gebiet eindrang, um eine Öffnung in der Verteidigung um die russische Stadt Roslawl herum zu finden, lag Untersturmführer Michael von Losswitz, Kommandant einer Kradfahrer Einheit, die aus vier Motoren mit Seitenwagen bestand, auf seiner Pritsche in einem tief im Erdreich ausgegrabenen Bunker, der Teil einer Schützengrabenstellung bei der Stadt Jelnja war.

      Seit mehreren Wochen wurde um diese von den Deutschen eroberte Stadt am Fluss Desna heftig gekämpft.

      Es war die östlichste Position der deutschen Wehrmacht und ab diesem Punkt waren die Deutschen nur noch dreihundert Kilometer von der russischen Hauptstadt entfernt.

      Die deutschen Stellungen hier lagen an der Ostseite der Stadt Jelnja und ragten dreißig Kilometer breit und fünfunddreißig Kilometer tief in die russischen Linien.

      Hierdurch bildete das Gebiet eine sehr gute Ausgangsstellung für den weiteren deutschen Aufmarsch zur russischen Hauptstadt Moskau.

      Auch die Russen wussten, welche Drohung von dieser Ausstülpung in der Front ausging und versuchten durch massive Angriffe und Beschüsse die Deutschen aus dieser Position zu vertreiben.

      Die Mannschaften der Infanteriedivision, die bis vor kurzer Zeit diesen Teil der Stellungen verteidigt hatten, hatten in letzter Zeit solch schwere Verluste erlitten, dass sie von der Front zurückgezogen werden mussten.


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