INTERMEZZI. Clara Claas
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Clara Claas
Intermezzi
Impressum
©2020 Autorin: Clara Claas
Herausgeber: A. Spengler
Fotoausschnitt: https://pixabay.com/de
Covervorlage: www.Canva.com
Verlag & Druck: tredition GmbH,
Halenreie 40-44, 22359 Hamburg
Das Werk, einschließlich seiner Teile,
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des Verlages und des Autors unzulässig.
Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;
Übersicht
„Ti amo“
Nicht schon wieder
Streublümchen
Farbschlag
Pardon, mon cher Monsieur
Bittersüß
Lothar Lothersen
Das Flüstern des Windes
Der Mann an der Bar
Man sieht sich
Noch so’n Spruch
Einer unter vielen
Der andere Name
Omama sinniert
Eskapade in der Nacht
Mittendrin
„Ti amo“
Sie will ihn suchen, will ihn finden,
will wissen, wer er ist.
Einmal mehr hält sie das vergilbte Foto in der Hand.
Behutsam streichelt sie über sein schönes Gesicht, kann den Blick nicht lösen, hat Fragen über Fragen, die keinen Aufschub mehr ertragen.
'mi piaci' oder auch 'ich mag dich',
diese Gewissheit, dieses gute Gefühl, diese herzlichen Worte, sehnt sie herbei.
Jene Momente lassen einmal mehr die Vergangenheit lebendig werden, Bilder aus behüteten Kinderjahren vorüberziehen.
Sie lehnt sich zurück, genießt die wärmende Sonne, schließt ihre Augen und begibt sich auf eine Reise.
Eine halbe Ewigkeit ist es her, dennoch ist ihr, als sei es gestern.
Sie hört die Melodie, hört das Schwärmen der Mutter für den legendären Klassiker 'Die Capri-Fischer'.
Ertönte das Lied im Radio, geriet sie ins Träumen und summte leise mit.
Folgte alsdann der Refrain:
'Bella, bella, bella Marie, bleib mir treu, ich komm zurück morgen früh, Bella, bella, bella Marie, vergiss mich nie',
wurde sie mitgerissen und ihre klangvolle Stimme hallte durch die kleine Stube.
Der erste Liebeszauber flammte wieder auf und die melodischen Klänge schickten ihre Fantasien in ein fernes Land, wenngleich sie sich mit der Gegebenheit begnügen musste, einer kleinen Fotografie, dem Bildnis von Lorenzo.
Alles begann Ende 1955.
Das deutsche Außenministerium und die italienische Regierung unterzeichneten ein 'Gastarbeiter-Abkommen'.
Einer der zahlreichen Migranten war der junge Lorenzo, Lorenzo Russo.
Seine Heimat ist Kalabrien, die südlichste Region an der Stiefelspitze.
Arbeitswillig verließ auch er sein Zuhause. Die geliebte Heimat im Herzen verewigt, zuversichtlich und mannhaft, fuhr er wie viele seiner Landsmänner, in arrangierten Sammelzügen, in ein fernes Land.
Lorenzo landetet wie etliche seiner Kameraden im Kohlenpott und arbeitete auf der Zeche, unter Tage.
Die harte Arbeit überdies eine ungewohnte Kälte, mangelnde Anziehsachen, fehlende Sprachkenntnisse wie auch Unterkünfte in einfachen Baracken, forderten mitunter ihre Disziplin.
Trotz der widrigen Verhältnisse zeigten sie, was ihnen mit in die Wiege gelegt worden war, ihre südländische Mentalität, das italienische Temperament.
Nicht immer konnten die Einheimischen das Verhalten nachvollziehen.
Zurückhaltend beäugten sie die hitzigen Gesellen, die trotz Heimweh und harter Arbeit sangen, tanzten und außerdem den hübschen Mädchen hinterherpfiffen.
Hatten sie damit Erfolg, die Hübschen sich umdrehten oder sogar stehen blieben, knufften sie sich mit dem Ellenbogen.
Bellas Mutter war eines dieser Mädchen, blieb stehen, ließ sich ein, verliebte sich in den attraktiven Lorenzo und erlag seinem südländischen Charme mit jener angeborenen Lebhaftigkeit.
Zum ersten Mal verspürte sie die Köstlichkeiten der Liebe, wie auch seine Stimme sie dahinschmelzen ließ, wenn er inbrünstig „Ti amo“, schwor.
Die schnelle Liebe war nur eine kurze Liebe. Sie konnte nicht gedeihen.
Der Gastaufenthalt nahte sich dem Ende entgegen.
Lorenzo sehnte sich nach Leichtigkeit und Unbeschwertheit, vermisste seine Familie, die ihn zu Hause erwartete.
Sein Heimweh war stark.
Er träumte von der Weite des Meeres, hatte den Geruch vom Fischerhafen in der Nase, das Tuckern der Boote im Ohr, wollte einmal mehr zuhören, wenn die alten Fischer ihre ebenso alten Geschichten erzählten. Lorenzo war hungrig auf die Gerichte der Mutter, auf ein traditionelles, Aromen reiches Essen.
Sie ist seine 'una grande cuoca', die beste Köchin, weit und breit.
„Ciao bella mia“,
rief er eines Tages unbekümmert.
Dann stieg er wieder in den Sammelzug.
Bellas Mutter blieb mit einem gebrochenen Herzen, unerfülltem Verlangen und einem kleinen Foto zurück.
Die Begegnung mit der ersten Liebe hatte sie blauäugig gelebt, spürte mit einem Mal, wie sich ihr Körper und ihr junges Leben veränderten. Sie nahm das Schicksalhafte an und lernte mit einer neuen Verantwortung zurechtzukommen.
Noch gefangen vom italienischen Charme, begleitet von einer Melodie, nannte sie ihr Neugeborenes, Bella-Marie.
Diese Namensgebung hörte sich in jener Zeit eher ungewöhnlich an, so dass die Mitmenschen hellhörig wurden.
Bella's Mutter war eine schöne Frau, hielt ihre langen blonden Haare mit dem selbst genähten Band fest zusammen, fand es schick, ein passendes Tuch zum jeweiligen Kleid zu tragen. Sie war Schneiderin.
Mit viel Fleiß, angetrieben von neumodischen Ideen aus populären Illustrierten, sorgte sie für den Unterhalt.
Vom Vater bekam sie eine 'Singer' Pedal Nähmaschine.
Auf dem schwarzen Gussgestell thronte die schlanke geschwungene Maschine mit goldfarbenen Namensschriftzug.
Unermüdlich nähte sie darauf, mal wurde es ein neues Kleid, mal ein Rock, sie änderte nicht mehr Neues und flickte die Lieblingsstücke ihrer Kundinnen bis spät in den Abend hinein.
Zum Feierabend stülpte sie den rundlichen Holzdeckel über die Maschine, rollte das gelbe Maßband auf, legte es zurück in die