Killer in Texas: Western Sammelband 7 Romane und eine Kurzgeschichte. Pete Hackett

Killer in Texas: Western Sammelband 7 Romane und eine Kurzgeschichte - Pete Hackett


Скачать книгу
Kath. Wäre es dir das wert gewesen?"

      Die Frau gab darauf keine Antwort.

      "Es ist verrückt, Kath", murmelte Harrison. "Und es war wohl eine Fügung des Schicksals, dass die beiden Kopfgeldjäger aufgetaucht sind."

      Sie ritten nach Norden. Immer wieder hielten sie an. Von Verfolgern war nichts zu hören. Nach etwa fünf Meilen beschlossen sie, zu kampieren. Sie breiteten in einer Felsengruppe ihre Decken aus. Die Sättel benutzten sie als Kopfkissen. Kath lag dicht bei Harrison. Er hörte sie atmen. Wochenlang hatte er mit ihr unter einem Dach gelebt, ohne dass sie sich näher gekommen waren. Dabei bedeutete Kath dem Mann mehr, als sie vielleicht ahnte. Er spürte ein ungezügeltes Verlangen nach ihr. Nur der Gedanke an Ben Walker, der erst wenige Wochen tot war, hielt Harrison zurück. Er tröstete sich damit, dass die Zeit Wunden heilen würde.

      Plötzlich sagte Kath leise: "Du hast recht, Harrison. Es wäre verrückt gewesen. Ich war wohl ziemlich verblendet in meinem Hass. Himmel, ich bin schuld daran, dass Ken Winword sterben musste. Ich machte den drei jungen Narren Hoffnungen. Sie wollten mir imponieren und mischten sich ein, als die beiden Kopfgeldjäger..."

      Ihre Stimme erstarb. Sie rollte sich näher an Harrison heran.

      "Ken Winword und seine Kumpels hätten sich auch eingemischt, um dir zu imponieren, wenn du ihnen keine Hoffnungen gemacht hättest. Sie waren verknallt in dich, Kath. Du musst dir keine Vorwürfe machen. Dass du sie zu dem Bankraub überreden wolltest, hat mit der Schießerei von heute Abend nichts zu tun. Dadurch, dass sie sich eingemischt haben, haben sie uns gerettet."

      "Nimm mich in die Arme, Harrison", sagte sie leise. "Es - es ist zwar erst wenige Wochen her, seit Ben starb. Aber... Großer Gott! Ben würde sicher nichts dagegen haben. Nimm mich in die Arme, Harrison. Ich - ich..."

      Er griff nach ihr und spürte die Wärme ihres Körpers. "Du bist mir nichts schuldig, Kath", murmelte Harrison. "Gar nichts. Wir haben wochenlang..."

      Sie legte ihm den Zeigefinger auf die Lippen. "Diese Zeit brauchte ich, um über Bens Tod hinwegzukommen. Ich danke dir dafür, dass du mich nicht gedrängt hast." Sie machte eine kleine Pause, dann fuhr sie mit leiser, aber klarer Stimme fort: "Während der vergangenen Stunde habe ich begriffen, dass ich in meinem Hass drauf und dran war, einen nicht wieder gutzumachenden Fehler zu begehen. Ben hätte es sicher nicht gewollt, dass ich mich seinetwegen ins Unglück stürze. - Küss mich, Harrison."

      "Bist du dir sicher?"

      "Ja. Wenn Ben mit einem Mann an meiner Seite einverstanden wäre, dann mit dir, Harrison."

      Er nahm sie in die Arme. Und dann fanden sich ihre Lippen zu einem langen und innigen Kuss. Und irgendwie, das spürte Harrison ganz deutlich in der Minute, in der er sie küsste, würde alles gut werden. Alles...

      Sie löste sich von ihm.

      Harrison sagte: "Wir werden unsere Ranches zu einer großen Ranch vereinen, Kath. Vorher aber..."

      Er verstummte bitter. Solange er nicht vom Vorwurf des Mordes rehabilitiert war, solange gab es keine Zukunft für ihn. Ebenso wenig für Kath, die ebenfalls gesucht wurde, weil sie ihn aus dem Gefängnis befreit und zur Flucht verholfen hatte.

      Reinwaschen konnte er sich aber nur, wenn er Sheriff Jim Hickock den wirklichen Mörder Bob Bancrofts präsentierte.

      Hoffnungslosigkeit wollte Harrison befallen. Er hatte keine Ahnung, wie er an Big John Steele und Flint Dexter herankommen sollte. Harrison war nahe daran, zu resignieren. Er dachte einen Moment daran, mit Kath nach Kalifornien oder Oregon zu gehen und dort völlig neu zu beginnen. Dann aber sagte er sich, dass Weglaufen nicht die Lösung war. Die Vergangenheit würde ihn einholen. Irgendwann, wahrscheinlich dann, wenn er am wenigsten damit rechnete.

      *

      Kath blieb in Lamesa zurück. Harrison bestand darauf. Er ritt alleine weiter. Es war Nacht, als er Tage später in Stamford ankam. Niemand erkannte ihn. Er stellte sein Pferd am Holm vor dem Sheriff's Office ab. Jim Hickock war nicht in seinem Büro. Aber die Tür war nicht verschlossen. Harrison setzte sich hinter dem Schreibtisch auf den Stuhl des Sheriffs und wartete.

      An der Wand tickte ein Regulator. Dann schnurrte das Schlagwerk, und schließlich waren zehn Schläge zu vernehmen. Eine Viertelstunde später kam der Sheriff.

      "Hallo, Jim", sagte Harrison.

      Der Sheriff zuckte zusammen. In der Finsternis, die im Büro herrschte, hatte er den späten Besucher nicht gesehen. Jetzt, da sich seine Augen an die herrschenden Lichtverhältnisse gewöhnten, nahm er die schattenhafte Gestalt auf dem Stuhl war. "Wer sind Sie? Was wollen Sie?"

      "Mach Licht, Jim. Du wirst mich erkennen." Harrison erhob sich und kam um den Schreibtisch herum. In seiner Faust lag der Colt. Der Daumen lag quer über der Hammerplatte. Harrison hatte keine Ahnung, wie der Gesetzeshüter reagieren würde. Darum hatte er den Sechsschüsser in die Hand genommen.

      "O verdammt!", stieß Jim Hickock hervor, als die Lampe brannte und der Lichtschein die Gestalt umriss. "Du..."

      Hickock, der am langen Arm die Winchester trug, wollte sie unwillkürlich an die Hüfte ziehen, um auf Harrison zu zielen.

      Harrison spannte den Hahn. Es knackte metallisch. Der Sheriff stand starr wie ein Pfahl. Harrison sagte zwischen den Zähnen: "Ich wäre bestimmt nicht freiwillig zurückgekehrt, wenn ich Bancroft tatsächlich ermordet hätte, Jim. Ich bin zurückgekommen, um meine Unschuld zu beweisen."

      "Das Gericht hat dich für schuldig befunden, McQuinn. Verdammt! Du bist ein zum Tode verurteilter Mörder."

      "Zum Tode verurteilt - ja. Aber kein Mörder, Jim. Den Mord, für den ich verurteilt wurde, hat ein anderer begangen. Ich nehme an, Flint Dexter. Den Auftrag dazu hat Big John gegeben."

      "Zur Hölle mit dir, Harrison. Weißt du, dass du mich in einen verdammten Gewissenskonflikt stürzt?"

      "Ben Walker wurde ebenfalls ermordet, Jim. Hast du seinen Mörder überführen können?"

      "Nein. Kath hat die Sache selbst in die Hand genommen und dich befreit. Mir liegt keine Aussage vor. Niemand weiß, was sich auf der Walker-Ranch zugetragen hat. Sicher ist nur, dass die Ranch niedergebrannt wurde und dass Ben tot ist."

      "Wer außer Big John hätte ein Interesse an Bens Tod haben sollen, Jim?"

      "Ich war bei Big John Steele", versetzte der Sheriff. "Natürlich wusste er von nichts. Und einen Beweis gegen die Brazos River Ranch gab es nicht."

      "Ich werde den Beweis erbringen, Jim", sagte Harrison hart. "Und du musst mir dabei helfen."

      "By Gosh, ich kann nicht mit einem flüchtigen..."

      "...Mörder? Himmel, Jim, glaub mir doch endlich. Ich habe mit dem Tod Bancrofts nicht das Geringste zu tun. Ich ritt zu ihm, um ihn zurechtzustutzen. Als ich auf der Ranch ankam, war Bancroft tot. Der Streit am Vorabend seines Todes im Saloon war gesteuert. Bancroft war von Dexter aufgehetzt worden. Ich wurde zusammengeschlagen. Der Tod Bancrofts sollte nach Rache meinerseits aussehen. Und der wahre Mörder hat erstklassige Arbeit geleistet. Hätte Kathy mich nicht befreit, hättest du einen Unschuldigen gehängt, Jim."

      Der Sheriff schaute versonnen drein. In seinem Gesicht arbeitete es. Plötzlich stieß er hervor: "Wenn es schief geht, bin ich fertig hier, Harrison. Wie hast du es dir vorgestellt?"

      "Pass auf..."

      *

      Vor Harrison lagen die Gebäude seiner Ranch. Er beobachtete. Im Corral standen sechs Pferde. Von Jim Hickock wusste Harrison, dass die Brazos River Ranch hier drei Cowboys stationiert hatte. Der Himmel war düster, und von den Bergen her schoben sich dichte, schwarze Wolkenbänke über das Land. Es war jedoch windstill. In den Bäumen und Büschen regte sich kein Blatt. Schließlich kam weit hinten, über den Bergen, der erste fahle Schimmer des Morgens hoch.

      Harrison hatte sich auf dem Kamm eines Hügels bei einem Felsen niedergesetzt. Sein Pferd stand im Schutz einer Buschgruppe. Aus der Mannschaftsunterkunft kam ein Mann. Sein Oberkörper war nackt, über seiner Schulter hing


Скачать книгу