Killer in Texas: Western Sammelband 7 Romane und eine Kurzgeschichte. Pete Hackett

Killer in Texas: Western Sammelband 7 Romane und eine Kurzgeschichte - Pete Hackett


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sehe wahrscheinlich aus, als wäre eine Stampede über mich hinweggedonnert.“

      Tex Dooley zerkaute eine Verwünschung. Spontan rief er dann: „Ich komme hinüber und sehe es mir an, Harrison. Hat dich schon jemand verarztet?“

      „Ich schaffe das schon, Tex. Schlaf ruhig weiter.“

      „Kommt nicht in Frage.“

      Harrison betrat das Haus und machte Licht. Im Schein der Laterne sah sein Gesicht zum Fürchten aus. Die Augen waren fast zugeschwollen. Die Unterlippe war dick und aufgeplatzt. Dunkle Blutergüsse verfärbten die Haut.

      Er ließ sich auf einen Stuhl fallen und seufzte. Seine Unterarme lagen auf den Oberschenkeln. Seine Hände baumelten zwischen den Knien. Die Handknöchel waren aufgeschlagen. Er vermittelte den Eindruck eines geschlagenen Mannes. Das trübe Licht zeichnete düstere Schatten in seine entstellten Züge.

      Tex Dooley kam. Er trug ein Päckchen Verbandszeug. Ihm folgte Slim Winslow auf dem Fuße. Es waren krummbeinige, hagere und falkenäugige Burschen, die die Erfahrungen eines langen Lebens geprägt hatten und die auf den ersten Blick erkannten, ob ein Mann nur angeschlagen oder für alle Zeiten zerbrochen war.

      Dooley knurrte: „Big John beginnt also, Nägel mit Köpfen zu machen, wie. Und er spannt unsere eigenen Leute vor seinen schmutzigen Karren. Pfui Teufel! Das ist an Niedertracht kaum zu überbieten.“

      „Man müsste Bancroft teeren und federn!“, giftete Slim Winslow.

      Harrison hatte das Gesicht gehoben. „Es ist alles so durchsichtig, so durchschaubar. Big John fängt mit mir an, weil mein Land zwischen seiner Nordweide und dem Creek liegt. Auf seiner Nordweide stehen die meisten Longhorns. Weiter südlich gibt es kleine Nebenflüsse und Bäche. Hier im Norden aber braucht er ungehinderten Zugang zum Fluss. Darum will er mich zuerst aus dem Weg räumen, ehe er sich Walker, Faithfull und Hogan widmet.“

      „Und dann kommen die Siedler am Brazos River dran, nicht wahr?“, bellte grimmig Tex Dooleys Organ. „O verdammt! Der alte Despot ist drauf und dran, einen Weidekrieg vom Zaun zu brechen.- Hol mal die Flasche Whisky aus der Anrichte, Slim.“

      Slim Winslow brachte die Flasche. Tex Dooley machte sich daran, die kleinen Wunden in Harrisons Gesicht zu versorgen. Als er sie mit dem scharfen Schnaps auswusch, stöhnte Harrison. Winslow ging ihm zur Hand. Dann klebten eine Menge Pflaster in Harrisons Gesicht. Slim fragte: „Wirst du die Prügel auf dir sitzen lassen, Harrison? Oder ziehst du Bancroft zur Rechenschaft? Ich würde ihn durch Sonne und Mond prügeln. Und ich würde nicht eher locker lassen, als bis er mir reinen Wein einschenkte, was ihn bewog, sich auf die Seite der Brazos River Ranch zu schlagen.“

      „Ich weiß nicht, was ich tue“, versetzte Harrison. „Ich will darüber schlafen. Morgen sieht alles wahrscheinlich schon wieder ganz anders aus. Möglicherweise war es wirklich nur wegen der Rinder, die immer wieder auf Bancrofts Weide laufen. Vielleicht sollten wir wirklich einen Zaun ziehen, um künftigen Verdruss zu vermeiden.“

      Die beiden Oldtimer musterten ihn, als zweifelten sie an seinem Verstand. Dann schluckte Tex Dooley fast krampfhaft, und es entrang sich ihm hastig: „Sollte ich mich am Ende in dir getäuscht haben, als ich vorhin zur Tür hereinkam, Harrison? Da sah ich einen Mann, der zwar eine Schlacht verloren hat, der aber deswegen noch lange nicht die Flinte ins Korn wirft. Haben Sie vielleicht doch alles das, was einen Mann ausmacht, in dir zertrümmert? Wenn das so ist, dann brauchst du dir wegen eines Zaunes keine Gedanken mehr zu machen. Dann solltest du aufgeben und das Land verlassen, um irgendwo neu anzufangen. Denn der Zaun wird Big John und seine Sattelstrolche nicht abhalten, über dich zu kommen wie der Bussard über das Wiesel. Und du wirst ihm nichts entgegenzusetzen haben.“

      Sekundenlang herrschte betroffenes, drückendes Schweigen in dem spartanisch eingerichteten Raum. Doch dann schlug Harrison einem jähen Impuls folgend die flache Hand auf den grobgezimmerten Tisch. Er hatte sich von einem Augenblick zum anderen entschieden. Und als er sprach, lag in seiner Stimme ein abschließender, endgültiger Tonfall. Er sagte: „Du hast recht, Tex. Wir haben es nicht nötig, klein beizugeben. Du hast dich nicht getäuscht. Ich bin entschlossen, Big John und seinen Handlangern die Stirn zu bieten. Und morgen reite ich hinüber zu Bancroft. Mal sehen, wie weit es mit ihm her ist, wenn ihm nicht ein Dutzend B.R.-Schufte den Rücken stärken.“

      „Das ist der Harrison McQuinn, wie ich ihn kenne!“, knurrte Tex Dooley zufrieden.

      Slim Winslow nickte wiederholt und unterstrich damit Dooleys Aussage.

      *

      Bob Bancroft verließ sein Haus. Auch seine Ranch lag am California Creek. Alles wirkte grau in grau, heruntergekommen und abgewirtschaftet. In Bancrofts Zügen hatte die vergangene Nacht unübersehbare Spuren hinterlassen. In seinem vom regelmäßigen Alkoholgenuss aufgedunsenem Gesicht zeigten sich erste Anzeichen von Verwahrlosung und Lasterhaftigkeit.

      Harrisons Fäuste hatten Schwellungen, Blutergüsse und Platzwunden hinterlassen. Und sicherlich befand sich Bancroft in einer ähnlich schlechten körperlichen Verfassung wie Harrison, der sich erst der Übermacht geschlagen geben musste.

      Bancroft war verkatert. Seine Augen waren gerötet und wässrig. Mundhöhle und Hals waren trocken wie Wüstensand. Am Holm stand noch das Pferd unter dem Sattel. Es ließ müde den Kopf hängen und peitschte mit dem Schweif nach den blutsaugenden Bremsen.

      Es war bereits heller Vormittag. Die Sonne hatte den Morgendunst vertrieben. Die Hitze brütete über dem Land. Vögel zwitscherten im Ufergebüsch. Bancroft streckte und dehnte sich, leckte sich über die rissigen, trockenen Lippen, und ging zum Brunnen. Er zog die Füße durch den Staub wie ein alter Mann, der keine Kraft mehr hatte. Seine Muskeln arbeiteten nur noch automatisch, von keinem bewussten Willen gesteuert. Bancroft fühlte sich ausgehöhlt wie eine faule Nuss.

      Die Winde knarrte rostig, als Bancroft einen Eimer voll Wasser in die Höhe hievte. Er stellte ihn auf der gemauerten Brunneneinfassung ab und griff mit beiden Händen hinein.

      Da peitschte der Schuss. Bancorft verspürte einen furchtbaren Schlag zwischen den Schulterblättern. Die Wucht des Treffers warf seinen Oberkörper über den Brunnenrand und ließ ihn nach unten pendeln. Die Detonation stieß über Bancroft hinweg. Der Knall wurde zwischen die Hügel und Felsen getragen und verebbte nach und nach.

      Als gegen Mittag Harrison auf der Bancroft-Ranch auftauchte, um Rechenschaft zu fordern, fand er nur noch einen Toten. Voll zwiespältiger Gefühle schaute er sich um. Er konnte nichts entdecken, was einen Schluss auf den heimtückischen Schützen zuließ. Über dem Leichnam hing eine schwarze Wolke von Stechmücken, angelockt vom süßlichen Blutgeruch.

      Harrison war ziemlich ratlos. Angestrengt dachte er nach. Indes er nach einer Lösung suchte, nahm er Bancrofts Pferd Sattel und Zaumzeug ab und tränkte das arme Tier. Dann trieb er es in die Fence zu einem kleinen Rudel weiterer Pferde.

      Als ferner, rumorender Hufschlag an sein Gehör drang, wurde er sich bewusst, dass er ein riesiges Problem am Hals hatte. Nach der vergangenen Nacht kam nur einer als Bancrofts Mörder in Frage, und das war er. Also war es besser, wenn er hier nicht gesehen wurde. Harrison lief zu seinem Pferd, war mit einem Satz im Sattel und trieb es auf den Fluss zu. Er verschwand hinter dem Ufergestrüpp und folgte dem Creek nach Nordosten.

      Zehn Minuten später zügelten ein halbes Dutzend Reiter im Hof der Bancroft-Ranch ihre Pferde. Kaum die Lippen bewegend presste Flint Dexter, der rothaarige Vormann Big Johns, hervor: „Ich ahnte es! McQuinn hat Bancroft eine blutige Rechnung für die Tracht Prügel von gestern Abend präsentiert. Bei Gott, dafür wird McQuinn hängen. – Legt Bancroft auf ein Pferd. Wir bringen ihn in die Stadt und erstatten Anzeige. Jetzt ist das Gesetz gefordert.“

      Als seine Begleiter von den Pferden sprangen und er sich unbeobachtet fühlte, verzog sich sein dünnlippiger Mund zu einem zynischen Grinsen. Es mutete an wie die teuflische Grimasse eines Fauns ...

      *

      Es war dunkel. Auf dem langgezogenen Hügel westlich des California-Creek zügelten fast ein Dutzend Reiter die Pferde. Das Hufgeräusch verklang. Nur noch Hufestampfen, das Klirren der Gebissketten


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