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beschützen. Weißt du, was das heißt? Weißt, was für eine Strafe darauf steht?“
„Du verblendeter Narr!“, keifte Slim Winslow. „Merkst du denn nicht, dass du dich zum Werkzeug der B.R. machst?“
Flint Dexter ließ das Schwefelholz fallen, als er sich fast schon die Finger verbrannte. Er stieß mit einer wütenden Bewegung seinen Colt ins Holster, dann ging er hinaus. Die Männer aus der Stadt und von der Brazos River Ranch hatten sich im Hof versammelt. Einige Fackeln loderten und verbreiteten trüben Lichtschein, der jedoch schon wenige Yards im Umkreis endete.
Vor der Eingangstür blieb Dexter stehen. Er ließ seine metallische Stimme erklingen: „Die beiden alten Narren haben sich für McQuinn geopfert! Drin liegt Dooley. Ich musste ihn in Notwehr erschießen. Sie haben Harrisons Flucht gedeckt.“
Er setzte sich wieder in Bewegung und näherte sich dem Pulk, der sich um Slim Winslow herum zusammengerottet hatte.
Sheriff Jim Hickock stieß hervor: „Heraus mit der Sprache, Winslow. Wohin ist McQuinn geflohen?“
„Keine Ahnung“, näselte der Oldtimer. Das unwirkliche Licht, das die Fackeln verbreiteten, schien die Linien und Furchen in seinem Gesicht zu vertiefen. Im ständigen Wechselspiel von Licht und Schatten funkelten seine Augen wie Glasstücke.
Obwohl Slim Winslow alles andere als ein Angsthase war, spürte er angesichts der versteinerten, unversöhnlichen Mienen ringsum doch ein mulmiges Gefühl. Es bereitete ihm fast körperliches Unbehagen. Nach außen hin aber zeigte er sich furchtlos und unerschrocken.
„Wir können es aus ihm herausprügeln!“, fauchte einer der Männer im Pulk.
Flint Dexter war heran. „Ein Pferd konnte sich McQuinn nicht nehmen“, gab er zu verstehen. „Er musste zu Fuß fliehen. Die nächste Farm ist die von Ben Walker. Fünf Meilen den Fluss hinunter. Und er hat allenfalls eine Viertelstunde Vorsprung. Mike, Hank und Joe, holt unsere Pferde. Wir folgen ihm.“
Die drei Aufgerufenen eilten davon und verschwanden in der Dunkelheit.
An den Sheriff gewandt sagte Dexter: „Sperr Winslow ein, Hickock. Er hat mit der Waffe in der Faust die Flucht eines Mörders gedeckt und wird sich vor Gericht verantworten müssen. Kümmert euch auch um den Toten im Haus. Die Arbeit mit McQuinn nehmen meine Männer und ich euch ab. Wir liefern ihn bis zum Morgengrauen bei dir ab, Sheriff. So oder so. Es wird ganz an ihm liegen.“
Sekundenlang hing Schweigen zwischen Dexter und dem Sheriff. Es war, als müsste Hickock die Antwort auf dieses Ansinnen erst in seinem Kopf vorformulieren. Schließlich erwiderte er schroff: „Es ist genug Blut geflossen, Dexter. Außerdem ist McQuinns Schuld nicht erwiesen. Sicher, der Anschein spricht gegen ihn, der Beweis allerdings ist nicht erbracht. Und solange er nicht schuldig gesprochen ist, gilt er vor dem Gesetz als unschuldig. Darum reite ich mit euch, damit Recht und Ordnung gewahrt werden, falls euch McQuinn in die Hände fällt.“
„Du traust uns also nicht!“, schnarrte Dexter. Seine Worte fielen wie Peitschenhiebe. „Ist die Saat, die McQuinn in deinen Verstand gestreut hat, aufgegangen? Denkst auch du, dass wir von der B.R. Dreck am Stecken haben? Sprich es schon aus, Hickock! Der Verdacht, den McQuinn äußerte, ist bei dir auf fruchtbaren Boden gefallen.“
Er nahm eine herausfordernde Haltung ein – eine Haltung, die ebenso herausfordernd war wie seine Worte.
„Ich vertrete das Gesetz“, antwortete Hickock fast gelassen. „Und ich dachte darauf, dass alles mir rechten Dingen zugeht. Was ich denke und glaube, das musst du schon meine Sache sein lassen, Dexter.“
Der Sheriff wandte sich nach diesen Worten ab. Er rief: „Harrison, Turner und Tucker, ihr bringt Winslow nach Stamford und sperrt ihn ein. Nehmt auch den Toten mit und liefert ihn beim Undertaker ab. Wir anderen reiten den Fluss hinunter. Es ist wahrscheinlich so, dass McQuinn tatsächlich zu Walker flieht, um sich dort ein Pferd auszuleihen und sich mit allem Notwendigen für seine weitere Flucht zu versorgen.“
Die Pferde wurden herangeführt.
Und schon wenig später hatte Harrison ein Rudel unversöhnlicher Jäger auf seiner Fährte sitzen.
*
Er hörte sie kommen. Der Hufschlag rollte vor ihnen her durch die Nacht. Die Füße brannten Harrison schon in den engen Reitstiefeln. Für den Weg bis zur Walker-Ranch hatte er anderthalb Stunden eingeplant gehabt. Nun war eine halbe Stunde seit seiner Flucht vergangen. Irgendwann war der Schusslärm weit hinter ihm im Rauschen der Blätter und dem Gurgeln des Flusses zu seiner Rechten versunken.
Die Hoffnung, dass Tex Dooley und Slim Winslow kein Leid zugefügt worden war, beherrschte sein Denken. Doch die Sorge um die beiden ließ sich nicht verdrängen. Und jetzt galt es, die eigene Haut zu retten. Denn Harrison sagte sich, dass seine Häscher nicht lange fackeln würden, wenn er ihnen vor die Läufe kam. Sie würden erst schießen und dann die Fragen stellen.
Das Hufgetrappel wurde deutlicher und prallte heran wie eine Botschaft von Unheil und Verderben. Sie kamen direkt auf seiner Fährte. Harrison schlug sich ins Ufergebüsch. Zweige zupften an seiner Jacke, peitschten sein Gesicht, er stolperte in der Finsternis über eine Wurzel und stürzte um ein Haar. Auf dem Fluss spiegelte sich das Mondlicht. Harrisons Hände saugten sich regelrecht am Gewehr fest.
Nach nicht ganz zehn Minuten schälte sich der Trupp aus der Nacht. Unwillkürlich duckte Harrison sich. Er zog den Kopf zwischen die Schultern. In diesen Sekunden stand er unter einer ungeheuren inneren Anspannung und Erregung.
Aber das Aufgebot zog vorüber. Der Hufschlag wurde leiser und leiser und verklang schließlich. Der Aufruhr der Gefühle in Harrison legte sich. Er verließ seine Deckung und setzte seinen Weg fort. Er war hellwach und auf ansatzlose Reaktion eingestellt. Und er fragte sich unablässig, was wohl aus Dooley und Winslow geworden war. Allein der Gedanke, dass sie seinetwegen vielleicht der gnadenlosen Stimmung einiger aufgebrachter, auf Rache erpichter Männer zum Opfer gefallen waren, war ihm unerträglich. Und er quälte sich mit Zweifeln, die auf ihn einstürmten und ihm unbarmherzig einhämmerten, dass es ein Fehler gewesen war, die beiden Oldtimer der rücksichtslosen Horde zu überlassen.
Seine Füße brannten bald wie Feuer. Er schätzte, dass er die halbe Strecke zurückgelegt hatte. dass sein Plan, sich zu Walker durchzuschlagen, durchschaut worden war, wusste er. Darum wollte er sich der Ranch erst nähern, wenn er sicher sein konnte, dass die Luft rein war. Er setzte darauf, dass sie sich bei Walker nicht aufhalten würden, wenn sie ihn nicht fanden.
Harrison zog die Stiefel aus. Die Blasen, die er sich an den Fersen und Zehen schon gelaufen hatte, waren zum Teil bereits aufgeplatzt und stachen, als würde sich ihm glühender Stahl ins Fleisch bohren. Er knüpfte die Stiefel zusammen und hängte sie sich über die Schulter. Auf Socken ging er weiter. Er trat auf einen spitzen Stein und stöhnte vor Schmerz.
Und dann sprang ihn eine höhnische Stimme an: „Ich habe es geahnt, McQuinn. Du hast uns gehört und an dir vorbeireiten lassen. Darum haben wir uns von den Dummköpfen aus der Stadt verabschiedet und sie alleine weiterziehen lassen. Der Sheriff denkt, dass wir uns auf dem Weg zur B.R. befinden. Wir aber haben uns hier auf die Lauer gelegt.“
Ein blechernes Lachen folgte. Gewehre wurden mit hartem Knacken durchgeladen.
Harrison war wie erstarrt. Seine Gedanken wirbelten und überschlugen sich. Im Ufergebüsch steckten die Kerle von der Brazos River Ranch, und die hohntriefenden Worte eben waren aus Flint Dexters Mund gekommen.
Und jetzt erklang wieder Dexters Stimme: „Lass deinen Schießprügel fallen, McQuinn, und schnall den Revolvergurt ab. Du solltest es ohne Hintergedanken tun, denn auf dich zielen ein halbes Dutzend Gewehre, und du bist gut auszumachen im Mond- und Sternenlicht. Wenn wir abdrücken, verwandeln wir dich in ein Sieb.“
Hart stieß Harrison die Luft durch die Nase aus. Die Lähmung, die die letzte Faser seines Körpers erfasst hatte, konnte er überwinden. Mit dem Gedanken, sich ihnen auf Gedeih und Verderb auszuliefern, wollte er sich nicht abfinden. Alles in ihm wehrte sich dagegen. Sicher, das Unabänderliche seiner Lage wurde ihm voll und ganz bewusst. Aber er war nicht