Die Seehunde haben heute Ruhetag. Markus Tönnishoff

Die Seehunde haben heute Ruhetag - Markus Tönnishoff


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      Es war Nini vorbehalten, nun noch einmal eine Zusammenfassung der in Augenschein genommenen Gerätschaften zum Besten zu geben: „Also gut, man kann eine E-Mail an den Eiersalat schicken, der sich dann per Fax mit dem Honig in Verbindung setzt und später die Leselampe über Pu den Bären informiert, sodass der Toaster Klopapier an den Esstisch faxt, der dann wiederum einen Psychologen informiert, wenn man Probleme mit seinem Duschkopf hat und deshalb dauernd pupsen muss, sodass die Ortsgruppe der Weight Watchers sich zusammen mit den Beamten der Steuerfahndung in den Sessel setzt, der dann wiederum den Spiegelschrank anruft, um ihn mitzuteilen, dass die Bienen sich im Toaster verlaufen haben. Ist es so?“

      „Genau richtig“, so Wanzendreher.

      „Klasse. Wir kaufen das alles. Bitte faxen Sie uns die Sachen zu. Und informieren Sie uns, wenn Pu der Bär den Eiersalat an die Bienen verschickt und den Toaster an den Toilettenpapierhalter angeschlossen hat.“

       Tapfer und unerschrocken

       In Berlin ist man in Sachen Einfühlungsvermögen in fremde Kulturen einen triumphalen Schritt nach vorne gegangen: Im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg wurde im November 2017 eine Ausstellung eröffnet, in der es um das glorreiche Handeln von Rauschgifthändlern mit Migrationshintergrund ging. Das Tun dieser Menschen abzulehnen, bedeute, dass man in „postkoloniale Reaktionsmuster“ verfalle. Die Dealer würden „unerschrocken und tapfer ihre Arbeit im öffentlichen Raum“ verrichten, aber ihnen werde „jede Form von Menschlichkeit“ abgesprochen, so Scott Holmquist, der Macher dieser denkwürdigen Schau, der obendrein noch auf die Idee kam, dass den Rauschgifthändlern mit Migrationshintergrund ein Denkmal gebaut werden soll. Keine Frage, diese geistigen Darmwinde mussten unbedingt diskutiert werden.

      Ich finde, der Ausstellungsmacher ist zu kurz gesprungen“, sagte mein alter Freund Robert, der seit Jahren in meiner Nachbarschaft einen Kiosk betreibt, den ich des Öfteren aufsuche. „Wie meinst Du das?“, begehrte ich zu wissen. „Nun, ich vertrete die Ansicht, man könnte auch Steuerhinterziehern eine Ausstellung widmen“, führte Robert die Ergebnisse seiner Großhirnrinde Gassi. Ich fand den Gedanken bemerkenswert, hatte aber doch meine Zweifel. „Aber die führen ja ihre Arbeit nicht im öffentlichen Raum aus“, warf ich ein. „Dafür handeln sie aber unerschrocken und tapfer“, belehrte mich Robert, der gleich noch einmal nachlegte: „Steuerhinterzieher setzen sich mutig über gesellschaftliche Konventionen hinweg, und trotzdem wird ihnen jede Form von Menschlichkeit abgesprochen.“ Ich gewährte diesem Gedankengang kurz in meinem Kopf Asyl, bevor ich meinen Sprechapparat in Gang setzen wollte, was ich dann jedoch bleiben ließ.

      Nachdem wir diesen Punkt zur beidseitigen Zufriedenheit abgehandelt hatten, machte Robert emsig ein neues Fass auf. „Wie wäre es mit einem Denkmal und einer Ausstellung für Diebe?“

      „Ach, Du meinst für den Finanzminister?“

      „Mit Dir kann man wirklich nicht ernsthaft diskutieren“, echauffierte er sich und fügte hinzu: „Das ginge doch gar nicht. Der verfügt ja nicht mal über einen Migrationshintergrund, jedoch muss man anerkennen, dass er seine Arbeit tapfer und unerschrocken im öffentlichen Raum absolviert.“ Das leuchtete mir selbstredend sofort ein – wie oberflächlich man doch manchmal sein kann. Gleichwohl spornte mich Roberts Rüffel zu neuen intellektuellen Höhenflügen an. „Apropos Migrationshintergrund“, hob ich an, „wie wäre es denn, wenn man ein Denkmal für Hitler aufstellen würde?“

      „Bitte?“

      „Na, Hitler.“

      „Warum?“

      „Nun, der hatte doch auch einen Migrationshintergrund, schließlich war er Österreicher“, erläuterte ich. „Ja“, warf Robert ein, „aber nur zuerst. Später wurde dann ja Österreich in Deutschland eingegliedert, und dann war Hitler natürlich seines Migrationshintergrundes verlustig. Obendrein hatte er ja auch keinen richtigen Migrationshintergrund, sondern nur ein bisschen.“

      „Wie meinst Du das?“

      „Denk‘ doch mal nach, er war ja nicht schwarz oder Araber“, erklärte Robert. „Das finde ich jetzt aber diskriminierend“, rief ich aus. „Ist jetzt der Migrationshintergrund eines Weißen nicht so wertvoll wie der eines anderen?“

      „Doch, aber…“

      „Und außerdem“, spielte ich jetzt meinen größten Trumpf aus, „hat Hitler ja wohl seine Arbeit tapfer und unerschrocken im öffentlichen Raum verrichtet!“

      „Aber er war eben nicht schwarz“, insistierte Robert. „Dafür hatte aber sein Schäferhund einen eher dunklen Teint“, warf ich ein. Robert wälzte den Gedanken in seinem Kopf herum, kurze Zeit später wartete er mit einem neuen Vorschlag auf: „Wie wäre es mit einer Ausstellung über die Tiere von Diktatoren und Straftätern? Soviel ich weiß, hatte Mao mal einen Papagei.“

      „Wunderbar. Papageien kommen ja meist aus Südamerika, sie haben also einen lupenreinen Migrationshintergrund“, freute ich mich. Robert verfiel abermals ins Grübeln und gestattete mir dann einen Blick auf die Ergebnisse dieses Vorgangs. „Meinst Du, dass man mir eine Ausstellung widmet, wenn ich bei Rot über die Straße gehe?“

      „Nein.“

      „Und wenn ich dabei Steuern hinterziehe?“

      „Nein.“

      „Und was ist, wenn ich bei Rot über die Straße gehe, dabei Steuern hinterziehe und einen Weltkrieg anfange?“

      „Für solche Lappalien bekommst Du nicht mal eine Kurzmeldung in einer Tageszeitung“, erklärte ich ihm. In seiner Verzweiflung lief Robert nun zur Bestform auf. „Und was ist, wenn ich bei Rot über die Straße gehe und dabei einen Papagei auf der Schulter trage, der Steuern hinterzieht, einen Weltkrieg anfängt und mit Rauschgift handelt?“ Bei diesem Szenario war ich mir unsicher, sodass ich mein Handy zückte und die Berliner Initiatoren der Dealer-Ausstellung anrief. Und siehe da, ich konnte frohe Kunde überbringen: „Der Papagei würde ein diamantenbesetztes Denkmal aus Gold bekommen.“

       „Wer bekommt die 52?“

       Man muss sich auch mal etwas gönnen – einen schönen Abend in einem Restaurant zum Beispiel. Und genau das haben meine Freundin Nini und ich kürzlich gemacht, zusammen mit Gabi und Lothar, einem Pärchen, das wir schon seit Ewigkeiten kennen. Das Problem: In der Speisekarte hatten, wie heutzutage üblich, die Gerichte eine Nummer, die man bei der Bestellung nennt. Und die sollte man sich tunlichst merken, sonst können sich ungeahnte Folgen einstellen.

      Einen schönen Tisch hatten wir ergattert, die Bestellungen waren aufgegeben und schon nach kurzer Zeit eilte ein Kellner zu unserem Tisch, um uns unsere Gerichte zu kredenzen. „Wer bekommt die 13?“, fragte er in die Runde… und erntete erst mal ein kollektives Schweigen. „Hattest Du nicht die 13, Schatz?“, richtete Lothar das Wort an seine Frau. „Nein, ich hatte irgendwas mit 20.“ „Wer kriegt die 35?“, ließ sich nun ein zweiter Kellner, der an unserem Tisch aufgetaucht war, vernehmen. „Ich glaube, ich hatte die 37, aber ohne Paprika“, informierte Nini, die hübscheste Frau diesseits des Universums, die beiden Kellner. „Aber genau weiß ich es auch nicht mehr“, fügte sie noch hinzu. „Wo ist eigentlich mein Bier?“, schaltete ich mich jetzt ein. „Die Getränke kommen gleich, jetzt haben wir erst mal eine 13 und eine 35“, erklärte Kellner Nummer eins. „Was ist denn eigentlich die 13?“, so Lothar. „Wenn es ein Schnitzel ist, könnte es meins sein.“

      „Ich weiß nicht, was es ist.“

      „Sie müssen doch wissen, was da auf dem Teller ist.“

      „Weiß ich ja, die 13.“

      „Geben Sie her, ich ess‘ das jetzt, ich hab‘ Hunger“, sprach Lothar und bekam die 13 auf den Tisch gestellt hierbei handelte es sich übrigens um eine Kinderportion Pommes Frites.

      „Und wer bekommt jetzt die 35?“, war von Kellner Nummer zwei leicht genervt zu hören. „Also ich hatte die 17 oder die 39, vielleicht aber auch die 63. Auf jeden Fall war es


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