Seelenkater. Tamara Schenk

Seelenkater - Tamara Schenk


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Gartenstuhl wurde im Sommer mehr und mehr sein Erholungs- und Rückzugsort. Bei lauem Lüftchen darauf residierend konnte man der Rekonvaleszenz in Ruhe entgegensehen.

      Wie selbstverständlich thronte er da. „Kaiserlich“ nannte es meine liebe Freundin Fiona mal. Als säße er schon immer da. Die Welt vom Balkon des vierten Stocks aus regierend.

      Am Wochenende, wenn wir beide draußen sitzen wollten, war Max oft schneller als Michael und hatte seinen (!) Platz bereits eingenommen. Aber das Herrchen wollte auch irgendwo sitzen. Und was macht der weltbeste Katzenpapa? Sagt ganz einfach: „Genieß Dein Leben, Max“, holte sich einen dritten Gartenstuhl und Max wurde mitsamt seinem Stuhl in die Mitte gerückt.

      Manchmal inspizierte er auch unser Essen. Da bei uns außer dem Katzenfutter alles vegan ist, schmunzelten wir oft, wenn Max unsere Speisen beäugte und auch schon mal beschnupperte. Meist war er dann doch nicht interessiert an weiteren Degustationen. Was für ein Glück für alle Beteiligten!

      Sein erstauntestes Gesichtchen machte er jedoch, als er das erste Mal bewusst einen grünen Smoothie sah. „Also, was die Menschen so alles zu sich nehmen“, schien er zu denken und widmete sich wieder seinem morgendlichen Sonnenbad.

      Wann immer er eine OP hatte und sich erholen musste, war einer seiner liebsten Orte der Balkon und „sein“ Gartenstuhl. Stundenlang konnte er da nachmittags sitzen, die Sonne vorbeiziehen sehen und entspannen. Ganz weit weg schien er zu sein … in seiner Katerwelt!

      Wenn Max den Balkon als sicheres Territorium erklärte, fühlte sich auch Flix sicher und kam mit raus. Er suchte sich dennoch immer einen Platz eng an der Hauswand, ja nicht zu weit am Geländer. Er fühlte sich auf der Loggia wesentlich sicherer. Vor allem ohne Max.

       Der König der Streuner

      Kurz nach Max‘ erster Zahnsanierung, als ich gerade dabei war, die Tierkommunikation mit Flix zu verarbeiten, war dann doch eine gewisse Neugier da. Wie hatte wohl Max‘ Leben ausgesehen? Was trug er auf seiner Seele mit sich rum? Also habe ich Sylvia gebeten, auch mit Max zu sprechen. Ein paar Wochen nach der Operation würde er sicherlich Zeit in seinem Terminkalender finden, um mit Sylvia zu sprechen.

      Auch Max‘ Tierkommunikation hat mich zutiefst berührt. Hier ein paar Auszüge aus dem Gespräch mit Max:

      Ja, die OP hat Max in seinem Selbstbewusstsein einen leichten Knick gegeben, erzählt er mir, denn er lispelt jetzt :-) und es fühlt sich immer noch komisch an im Mund. Blöd!

      Vergangenheit: Was er erlebt hat? Och, … ziemlich viel! (Er zeigt mir zwischendurch ein Bild, wie er durch hohes Gras „stakst“… Also, um sich nicht schmutzig oder nass zu machen. Das ist süß.) Ich war viel draußen. Manchmal war es nicht so leicht. Aber ich war der König der Streuner! (Ja, genauso hat er es gesagt.) Ich war für viele verantwortlich, hatte eine Aufgabe. Habe alle beschützt und aufgepasst. Manche waren krank oder sind einfach verschwunden. Manchmal denke ich noch zurück. Max zeigt mir Bilder… einen großen Bauernhof mit Maschinen und Scheunen und Gebäuden.

      Als ich klein war, war ich krank. Ich sah den Tunnel und das Licht. Wollte nach Hause gehen, weil da ist es warm und leicht. Doch da war eine Frau mit einem guten Herzen und einer sanften Stimme. Sie hat mich gehalten, hat mich zurückgeholt und so bin ich Max geworden (Er grinst).

      Max hatte nie ein richtiges Zuhause und er hasst Unordnung. Für ihn muss alles seine Ordnung haben, jetzt, wo er es so gut hat, sich so unendlich wohlig und heimelig fühlt. Das genießt er so sehr und ist so dankbar dafür!!! Deshalb kann er selten so richtig entspannen, muss immer schauen, ob alles noch an seinem Platz und nicht plötzlich weg ist. Der weiche Teppich, der Bezug auf dem Stuhl, all diese wunderbaren Annehmlichkeiten, die er so sehr genießt, nicht plötzlich verschwinden. Und er aufwacht und alles war nur ein Traum.

      Doch er muss immer noch alles regeln, selbst in die Pfote nehmen, kann sich nie so richtig verlassen, die Seele baumeln lassen (Ganz oben auf dem Kratzbaum gelingt ihm das manchmal, dann „schwebt" er über den Dingen :-) und ja, in seinen Träumen, da ist er noch cooler, als im richtigen Leben :-) ) und dem Lauf der Dinge vertrauen.

      Wie er dem Flix begegnet ist, möchte ich wissen. Also da war ein Auto und das hat ihn mitgenommen, erzählt er mir. Und dann war er im Tierheim. Und da war der Flix. Und Flix tat ihm leid, weil er so traurig war und irgendetwas in ihm hat ihn daran erinnert, an diese Traurigkeit. Sie hat an seiner Seele gerührt und er hat sich verantwortlich gefühlt, ihn beschützt, so, wie er immer alle beschützt hat. Das ist wohl meine Aufgabe, sagt er augenzwinkernd. Es ist in mir drin. Und so wird es immer sein. Wir sind alle verbunden. Er schaut in die Ferne und ich fühle, dass ich eine alte Seele vor mir habe, die schon viele Male gelebt hat und in sich eine Weisheit trägt, die über ein normales Katzenleben hinausgeht.

      Ja, sagt er, ich muss auf sie aufpassen. Ich habe sie gefunden. So, wie sie mich. Es war wie mit Flix. Ein Gefühl innendrin. Es sollte so sein. Ich möchte, dass sie glücklich sind. Sich nicht so viele Sorgen machen über Dinge, die es nicht wert sind. Das Leben hält oft Wunder bereit, man muss sie nur sehen und Gelegenheiten ergreifen. Immer wachsam sein.:-) Das mit dem Vertrauen muss ich noch lernen. Sag ihnen bitte, dass ich sie sehr liebe. Und ich mag es, wenn der Boden warm ist (Im Bad?) und ich mag einfach alles, so, wie es ist. DANKE!!!

      Als ich las, wie er Flix getroffen hat und sich ihm sofort angenommen hat, weil er so traurig war, das trieb und treibt mir immer wieder Tränen in die Augen. Mein Max, so ein tapferer Held. Ein Retter, immer zur Stelle. Sich immer verantwortlich fühlen, die Dinge in die Pfote nehmen, für andere da sein. Feline Führungsstärke. Leadership. Max.

      Was für eine wunderbare Seele… mein Max!

      Und ja, die Zahnsanierung hat sein Katerselbstbewusstsein empfindlich gestört. Darüber wollte er nicht weiter sprechen. Oh ja, ich kann es mir vorstellen. Und doch gab es dazu keine Alternative. Die kaputten Zähne hätten seine Nieren nur noch weiter geschädigt und ihm bald noch mehr Schmerzen bereitet.

       Mal wieder beim Tierarzt

      Kurz vor Weihnachten waren wir mit beiden beim Tierarzt. Max‘ Nieren-Check mit geriatrischem Blutbild stand an. Und für Flix wollten wir ebenfalls ein geriatrisches Blutbild machen lassen sowie ihn untersuchen lassen, da sein Erbrechen immer phasenweise wiederkam. Es konnte nicht mehr nur darauf zurückgeführt werden, dass er Stress hatte.

      Max ließ sich Blut abnehmen und den Blutdruck messen. Alles unter Bekundung seiner Missachtung der Vorgänge, begleitet von gelegentlichem Fauchen in Richtung der Tierärztin. Sie meinte nur: „Was war Max brav, als er das erste Mal bei uns war und sein Blutdruck so im Keller war.“ Wohl war. Also das Problem hatte er definitiv nicht mehr. Sein Blutdruck war eher im oberen Toleranzbereich, aber so, dass er noch nicht behandelt werden musste.

      Leider war sein Kreatininwert kaum gesunken, worauf wir durch das Extrahieren der kranken Zähne gehofft haben. Er war jedoch auch nicht angestiegen, was auch schon mal eine positive Nachricht war. „Stabil schlecht“, brachte es seine Tierärztin lapidar auf den Punkt. Sie riet uns außerdem in naher Zukunft an die oberen Backenzähne ranzugehen, da diese sich in wenigen Monaten bereits weiter verschlechtert hätten. Sogar ich konnte das sehen. Das Zahnfleisch war leicht entzündet und der Zahnstein hatte sich im Rekordtempo nachgebildet. Schmerzen schien Max jedoch keine zu haben, sodass wir das Frühjahr dafür anpeilten, um genügend Abstand zur vorigen OP zu haben. Mein armer Max, noch eine Zahn-OP in nächster Zukunft. Nun ja, es half ja nichts. Wenn wir dadurch seine Nieren länger stabil und damit sein Leben angenehm gestalten konnten, mussten wir da eben durch.

      Dann war Flix an der Reihe. Er war so nervös, dass er knallrote Pfötchen bekam. Er ließ sich voller Anspannung untersuchen und Blut abnehmen. Nach dem Abtasten seines Darmes wurde eine Ultraschall-Untersuchung gemacht. Ich war die ganze Zeit an seinem Köpfchen und habe ihn gestreichelt, mit ihm gesprochen. Er hat sich zwar für einzelne Momente entspannt, aber nur um sich dann gleich wieder anzuspannen. Das machte die Ultraschalluntersuchung nicht gerade einfacher und schon gar nicht kürzer.

      Seine Darmwände waren entzündlich verdickt. Seine Nieren


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