Wir kommen alle wieder!. Detlef K.H. Würth
die Maschine ist schwarz…..die Tasten sind…runde Tasten!
F: was für eine Farbe haben sie?
A: ….so gold-schwarz…gelb-gold-schwarz!….
F: was ist wichtig zu wissen?
A: …es ist wichtig zu wissen…auf welchen Tasten die Buchstaben sind!…Ich weiß, wo die Buchstaben sind……setz dann dort an!..
F: legst Du Deine Finger einfach auf die Tasten?
A: .. man hat einen Ausganspunkt…beim Schreiben!
F: und wie ist der?
A: …FG…..(unverständlich)…FG…..Leerzeile..
Noch im gleichen Moment, während sie mit Worten versuchte zu erklären, begann etwas Unglaubliches. Frau B. `s Arm lag wie immer ausgestreckt auf dem Sofa. Doch plötzlich begann sich ihr rechter Unterarm gespenstisch langsam mit schlaff herunterhängender Hand anzuheben. Dann begann auch die Hand sich mit bewegenden Fingern aufzurichten. Es wirkte, als hätte sich jemand an die Tasten einer Schreibmaschine gesetzt und die Finger entsprechend auf den Tasten positioniert. Dann begannen sie in der Luft zu schreiben! Sie hoben und senkten sich, genauso, als würden sie die Tasten einer Schreibmaschine just in dem Moment bedienen. Plötzlich hielt sie einen kurzen Augenblick inne, bog den Unterarm leicht nach rechts und es schien, als würde sie etwas ergreifen, um es im gleichen Moment nach links zu schieben. Eben genauso, wie den Hebel einer Schreibmaschine, der die Walze drehte. Dann positionierte sie die Finger erneut und begann mit der gleichen Prozedur. Es war fantastisch und unheimlich zugleich. So etwas hatte ich in meinem ganzen Leben noch nicht gesehen. Es schien, als wäre diese Katharina, die vor knapp hundertvierzig Jahren geboren wurde, wieder vor meinen Augen lebendig geworden. Deutlich sah ich die Fingerbewegungen, die fast schon mühevoll wirkten, um die virtuell schweren Tasten nach unten zu drücken. Schwer, aber dennoch irgendwie schnell. Was sich mir in diesem Moment zeigte, war gelernt, keine Frage, denn es hatte System! Mir fehlten die Worte …
F: das ist ja…das ist ja unglaublich!
A: (unverständlich weiter erklärend)
Sie erklärte immer noch und schrieb in der Luft. Ich muss noch erwähnen, dass es sich nur um ihren rechten Arm handelte, denn Ihr linker sowie der Rest ihres Körpers, lagen absolut ruhig und regungslos da. Frau B. konnte sich in der Nachbesprechung an das Schreiben mit der Schreibmaschine erinnern, war aber völlig überrascht zu hören, dass sich ihr Arm und ihre Finger dazu bewegt hätten. Hier nun ihre Prüfung!
A: ….ich sitze an der Schreibmaschine….und….man bekommt ein Blatt Papier!…..Man verteilt einen Text….den man…zu schreiben hat!….Fehlerfrei….in einer bestimmten Zeit…muss man das geschrieben haben! (wirkt ängstlich und aufgeregt)
F: und wie fühlst Du Dich?
A: ..angespannt! Ich setz…ich…ich mach die Schreibmaschine klar!….Ich setz das Papier ein……ich dreh die Rolle zurück!…….Ich dreh die Papierrolle…ich mach es fertig!…….Ich setz meine Finger auf!…..Ich hab…den Text…neben mir liegen! (sehr nervös und unsicher)
F: kannst Du den Text wiedergeben?
A: …das ist zu viel…(nervös)..das muss alles so schnell gehen!!….Der hat vorne eine Taschenuhr in der Hand…..der Mann in einem schwarzen Anzug! (wirkt sehr nervös)
F: da ist ein Mann im schwarzen Anzug?
A: der trägt eine Taschenuhr in seiner Hand…..er geht auf und ab!…(wirkt immer nervöser)
F: bist Du sehr aufgeregt?
A: ja!!
F: weiter!
A: ….es ist eine Briefform!..
F: erzähl alles!
A: ….“Sehr geehrte Damen, sehr geehrte Herren!“….So….fängt es an!…..Ich schreibe das…….so schnell ich kann……..es ist laut!!…(atmet schneller)..
Man kann sich sehr gut vorstellen, welch ein Lärm durch den Raum drang, als plötzlich alle Teilnehmerinnen mit ihren Schreibmaschinen in die Tasten drückten.
F: bist Du sehr angespannt?
A: (nervös und ängstlich klingend)… ja!
F: klappt das alles gut?
A: ….ich weiß es nicht!!….(ganz nervös)…Ich schreibe das, was da steht….ich schaue…..dreh die Zeilenspule…Schreibe…Zeilendrehen… Spulen…Schreiben… Drehen…Spulen… Schreiben…..Stopp! Zeit ist um!
F: Zeit ist um?
A: ja!
F: hast Du alles geschafft?
A: neiiin!!
Die Anspannung und Nervosität war in Frau B.´s Gesicht nicht zu übersehen und ihre Atmung verriet deutlich das Stressmuster von Katharina. Den Ablauf, den sie so schnell nacheinander schilderte, lässt erkennen, wie vertraut sie mit dem Bedienvorgang gewesen sein muss. Ein antrainierter Automatismus wie man ihn heute bei jeder Schreibkraft finden kann. Frau B. hat das Schreibmaschinenschreiben nie gelernt! Allerdings gibt es hierzu eine sehr interessante Geschichte von ihr, die ich kurz erzählen möchte. Sie trug schon als kleines Kind den Wunsch in sich, mal eine alte schwarze Schreibmaschine zu besitzen. Von ihren Eltern im Anliegen völlig ignoriert, bekam sie nach Jahrzehnten des Wartens, von ihrem späteren Freund eine Schreibmaschine geschenkt. Dieser meinte es zu gut und besorgte ihr eine moderne Elektrische. Frau B. hatte noch keine drei Stunden damit verbracht, so landete das Gerät für immer nutzlos in einer Ecke. Sie gab mir hierzu lächelnd folgende Erklärung: „Es fühlte sich irgendwie nicht echt an!“. Warum sie unbedingt eine alte Schreibmaschine wollte, konnte sie sich damals selbst nicht erklären. Aber nach dieser Sitzung hatten wir das beide verstanden.
F: fehlt noch viel?
A: drei Sätze!! (aufgeregt, enttäuscht)
F: was bedeutet das?
A: ich weiß es nicht!
F: und jetzt?
A: nehme ich das Blatt raus!…..Ich unterschreibe……das Blatt…..mit einer Feder!..
A: er nimmt die Blätter mit!
F: ja, weiter! Bist Du immer noch aufgeregt?
A: …müde!
F: war das so anstrengend?
A: ja! (klingt müde, wirkt ganz ruhig)
F: wo spürst Du es?
A: in den Fingern…..in den Händen! Es ist schwer!
F: und was passiert jetzt?
A: ….der Mann unterhält sich noch mit der Leiterin!
F: hörst Du, was er sagt?
A: …nein! Ich sitze ganz hinten…ich sehe nur, wie er sich mit ihr unterhält!
F: und?
A: er nimmt die Sachen alle mit!……Er hat zu uns gesagt…dass wir das gut gemacht hätten…und….in einer Woche….das Ergebnis bekommen!…..(atmet lange und tief aus)
F: weißt Du woher der Mann kam?
A: ………ich weiß nicht genau……so ein….Professor!
Im Hinblick auf die müden Finger wollte ich unbedingt einmal solch eine alte Schreibmaschine bedienen. Glücklicherweise fand ich dann auch eine auf einem Flohmarkt. Sie war zwar etwas moderner aber es genügte durchaus ein Verständnis für die Anstrengung mit den Fingern zu erlangen. Die eigentliche Schwierigkeit lag darin, die Tasten tief und fest zu drücken, damit der Buchstabe auch sichtbar wurde. Zudem lagen die Tasten so weit auseinander, dass ich einmal sogar mit meinem Finger dazwischen geriet. Aber noch etwas Interessantes konnte ich feststellen, denn diese Schreibmaschine besaß schon einen Hebel für die Drehung der Walze. Die von Katharina besaß ihn anfänglich noch nicht, denn sie beschrieb