Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland
„Er heißt Brad und ist Barkeeper in einem Club in Spanish Harlem.“
„Brad Mendoza?“, hakte ich nach.
„Ja. Wir sind im selben Block groß geworden und kennen uns seit der Schule.“
„Und Brad Mendoza hat Ihnen Rick Chaves und Gary Bento empfohlen?“
„Chaves hatte einen Kumpel dabei. Wie der hieß, weiß ich nicht.“
„Aber Sie sollten wissen, dass die beiden Ihren alten Bekannten Mendoza umgebracht haben!“
Sie wurde blass. „Das wusste ich nicht“, bekannte sie. „Warum?“
„Genau das möchten wir herausbekommen.“
„Ich verstehe das nicht…“
„Wieso sind Sie mit Chaves in Spanish Harlem herumgezogen, sodass einer der Angestellten des Latin Pop glaubte, dass Sie Chaves’ neue Flamme wären.“
„Das muss er herumerzählt haben, um anzugeben!“
„Möglich! Aber es wurde ihm geglaubt!“
„Chaves hat mich ein paar wichtigen Leuten in Spanish Harlem vorgestellt. Männern, die sehr viel Geld haben.“
„Hieß einer davon zufällig Murray Zarranoga?“, fragte Milo.
„Ja. Ein Geschäftsmann.“
„So sah er sich zumindest selbst. Andere sagen, er war ein Drogenhändler.“
„Sie sprechen von ihm in der Vergangenheit!“
„Er wurde vor seinem Haus ermordet. Wir haben vorhin mit seiner Witwe gesprochen…“
Sie schwieg.
Ich hatte das Gefühl, dass wir an einem Tiefpunkt angekommen waren. Maria Cruz schien weit weniger über Ruck Chaves zu wissen, als wir gehofft hatten.
Ich gab ihr meine Karte.
„Falls Ihnen noch irgend etwas einfallen sollte, oder sich Rick Chaves bei Ihnen meldet…“
„Dann rufe ich Sie sofort an, darauf können Sie Gift nehmen, Agent Trevellian. Wenn er was mit Brads Tod zu tun hat, dann soll dieses Schwein dafür büßen!“
Milo hatte sich bereits in Richtung Tür gewandt.
Manchmal greift man nach dem letzten Strohhalm. Mir fiel noch eine letzte Frage ein: „Gehörte zu den zahlungskräftigen Männern, die Ihnen Chaves vorgestellt hat, zufälligerweise auch ein Arzt namens Dr. James Donovan?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Das war Brads Arzt.“
„Wie bitte?“
„Brad Mendoza litt seit Jahren unter Magengeschwüren. Er hätte keinen seiner Drinks selber genießen können, das hätte ihn sofort umgebracht. Deswegen musste er regelmäßig zu Kontrollen gehen.“
„Komm, Jesse, hier kommen wir nicht weiter!“, mahnte mich Milo.
Aber noch wollte ich nicht locker lassen. „Wenn Sie wussten, wer sein Arzt war, dann scheinen Sie sich ja ziemlich nahe gestanden zu haben“, stellte ich fest.
„Auf freundschaftlicher Ebene – ja.“
„Wussten Sie, dass Brad als Informant des FBI tätig war?“
Sie zögerte etwas und schüttelte schließlich den Kopf. „Davon hatte ich keine Ahnung. Und ehrlich gesagt wollte ich auch gar nicht so genau wissen, was er so nebenbei für Sachen laufen hatte.“
17
„Wieso hatte Chaves sich die Nummer von Brad Mendozas Arzt aufgeschrieben?“, fragte ich, als wir wieder im Sportwagen saßen.
Milo zuckte die Schultern. „Keine Ahnung. Ehrlich gesagt, weiß ich nicht, ob das so wichtig ist!“
„Jede Verbindung zwischen Opfer und Mörder kann wichtig sein – und das ist eine!“
„Ja, schon!“
„Am besten wäre es natürlich, wir könnten Chaves selbst fragen.“
Milo blickte auf die Uhr. „Bevor wir zum Field Office zurück fahren, schlage ich vor, dass wir irgendwo etwas essen. Ich habe einen Mordshunger.“
Wir fuhren über den Vernon Boulevard Richtung Süden, um später über den Queens-Midtown-Tunnel wieder auf die Manhattan-Seite des East River zu gelangen.
Auf der Höhe von Hunters Point fanden wir eine Snack Bar und besorgten uns jeder einen Hot Dog.
Das musste für den Rest des Tages reichen.
Den Sportwagen hatte ich auf einem Parklatz an der Ecke Vernon Boulevard und 44th Drive abgestellt und gerade meinen ersten Bissen genommen, als uns ein Anruf des Field Office erreichte.
Es war Mr McKee.
„Gary Bento ist gerade dabei auszusagen“, berichtete er uns.
„Ich kann nur hoffen, dass der Staatsanwalt ihm kein allzu gutes Angebot gemacht hat“, meinte Milo. „Verdient hat er das nämlich nicht!“
„Wenn er mithilft einen Mord zu verhindern, vielleicht schon“, widersprach Mr McKee. „Rick Chaves ist zu einem gewissen Dr. James Donovan unterwegs, um ihn auszuquetschen und zu töten. Gary Bento wurde dieser Job auch angeboten, aber er hat kalte Füße bekommen und wollte erst einmal Gras über die Sache mit Mendoza wachsen lassen.“
„Auf diesen Dr. Donovan sind wir auch schon gestoßen“, sagte ich. „Er hat Brad Mendozas Magengeschwüre behandelt.“
„Er war Mendozas Quelle!“, erklärte Mr McKee. „Durch ihn wusste unser Informant von den Gerüchten um das fremde Syndikat und den Road Killer.“
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„Ich möchte nicht, dass der Mörder meines Mannes der Polizei in die Hände fällt“, sagte Mrs Zarranoga. Ihr feingeschnittenes Gesicht hatte ein paar hartgeschnittene Linien um die Mundwinkel bekommen. Ihr Blick drückte finstere Entschlossenheit aus. Sie drehte sich herum und sah ihrem Neffen Allan in die Augen. „Hast du mich verstanden, Allan?“
„Natürlich.“
„Die Geschäfte wirst du weiter führen, so wie es Murray zu seinen Lebzeiten festgelegt hatte.“
„Ich habe in letzter Zeit ohnehin schon das meiste für ihn erledigt. Der Krebs hat ihm vieles von seiner Kraft genommen, auch wenn er sich das äußerlich nicht anmerken ließ.“
„Ja, wem sagst du das!“
„Und dann kam auch noch diese Anklage. Er hat großes Glück gehabt, dass Mister Williamson ihn gegen Kaution aus dem Gefängnis holen konnte.“
„Er hätte immer noch die Möglichkeit gehabt, sich der Justiz gegenüber vollständig zu offenbaren, was seinen Gesundheitszustand anging“, glaubte Mrs Zarranoga. „Wir wissen doch beide, dass er nicht haftfähig gewesen wäre.“
Aber Allan schüttelte entschieden den Kopf. „Nein, dann hätte die Gefahr bestanden, dass alles zusammenbricht. So ist das nun einmal in dem Geschäft, in dem dein Mann tätig war. Das ist wie in einem Rudel Wölfe. Wenn irgendwo eine Schwäche gewittert wird, dann ist die Autorität des Alpha-Tieres dahin.“
Nur ein Kreis von Eingeweihten hatte gewusst, dass Murray Zarranoga an Krebs erkrankt war. Aber der Wechsel an der Spitze der Organisation war gut vorbereitet worden und Allan konnte daher damit rechnen, dass alles reibungslos über die Bühne ging.
Wie schlimm es wirklich um den großen Drogenboss gestanden hatte, war jedoch nicht einmal dem Kreis von Eingeweihten klar gewesen. Sie hatten geglaubt, dass die Krankheit mehr oder minder unter Kontrolle