Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland

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prickelte durch ihren fiebrigen Körper. »Aufgeben ist unmöglich«, murmelte sie.

      Es war nicht diese unverhoffte Zuversicht, die ihr Mut machte, zu schreien. Noch hatte sie viel zu viel Angst. Es war das schlichte, aber dringende Bedürfnis, zur Toilette zu müssen. »Hilfe! Hört mich jemand? Hilfe!«

      Licht flammte auf .Theresa schloss geblendet die Augen.

      Als sie sie wieder blinzelnd öffnete, stand ein Mann in einer Tür: Rothaarig, jungenhafte Gesichtszüge, weißes T-Shirt, Goldkettchen mit Kreuz.

      Der Taxifahrer.

      In seinen Augen flackerte die Schutzlosigkeit eines gehetzten Wildes. Nicht mit dem Kopf, aber mit dem Bauch durchschaute Theresa ihn in einem einzigen Augenblick.

      »Ich... ich muss mal...«

      Der Mann wich ihrem Blick aus, griff in die Hosentasche und war mit einem Schritt bei ihr. Er zog einen kleinen Schlüssel heraus, und Theresa registrierte, dass sie mit Handschellen an eine Heizung gefesselt war.

      Die Heizung befand sich an einer gekachelten Wand, und die Wand lag gegenüber einer Badewanne, die aus dem letzten Jahrhundert stammen musste - sie hatte verschnörkelte, gusseiserne Beine, und unter ihr sah Theresa außer dem Rest einer Seife und zwei leeren Shampooflaschen so viele Staubflocken wie in ihrem ganzen 48jährigen Leben noch nicht.

      Der Rothaarige sah schweigend zu, wie sie sich ächzend aufrichtete und ihre Glieder streckte. Er deutete hinter sie, und als sie sich umdrehte, sah sie eine Kloschüssel, bei deren Anblick Ekel in ihr aufstieg.

      Unschlüssig stand sie vor der Schüssel. Sie wandte sich zu dem jungen Mann um. Er machte keine Anstalten, das Bad zu verlassen. Ihre Blicke begegneten sich sekundenlang.

      Theresa sah die feinen Falten um seine Augen und auf seiner Stirn. Das jungenhafte Gesicht erschien ihr plötzlich uralt.

      Er ist mindestens 30, dachte sie.

      »Gehen Sie vor die Tür. Bitte.«

      Er zögerte einen Moment, bevor er das Bad dann doch verließ. Die Tür ließ er angelehnt.

      Während sich Theresa erleichterte, starrte sie auf die Tür. Die alte Farbe hing an unzähligen Stellen wie Fetzen eines Grauschleiers ab. Den Steinzeitbadeofen daneben verunzierten genauso viele Rostflecke wie Emaillereste. Ähnlich die Badewanne, nur dass sich ein schwärzlicher Fettfilm unter ihrem Rand entlang zog.

      Theresa dachte an das große, mit Marmor ausgelegte Bad im Erdgeschoss ihrer Villa. Die Hässlichkeit hier tat ihr körperlich weh.

      »Endlich fertig?« Es klopfte an der Tür. Theresa sah sich vergeblich nach Toilettenpapier um.

      Hastig zog sie den Slip hoch, drückte die Spüle und drehte den Wasserhahn des schief hängenden Waschbeckens auf.

      Der Rothaarige kam herein. Verlegen strich Theresa mit ihren nassen Händen ihren Unterrock glatt.

      Wieder begegneten sich ihre Blicke. Das Gefühl der Erniedrigung trieb ihr die Hitze ins Gesicht.

      »Wo sind meine Kleider?«

      Statt zu antworten, deutete er auf die Heizung.

      »Wie heißen Sie?« Schweigend legte er ihr die Handschellen an.

      »Ich will meine Kleider.«

      Er drehte den Schlüssel um, steckte ihn in die Tasche seiner ausgebleichten Jeans und ging zur Tür.

      »Hören Sie.« Theresas Stimme war heiser.

      Der Rothaarige drehte sich zu ihr um und sah sie an.

      »Haben Sie eine Mutter?«

      Theresa hatte den Eindruck, dass sich seine Augen weiteten und dass er eine Spur hastiger die Tür hinter sich schloss, als er sie zuvor geöffnet hatte.

      Das Licht ging aus.Theresa erschrak.

      »Bitte lassen Sie das Licht an!«, rief sie mit flehender Stimme.

      Sie lauschte in die Dunkelheit. Schritte vor der Tür. Das Licht flammte wieder auf.

      Eine mit Fliegendreck übersäte Glühbirne erhellte das kleine Bad. Sie hing an einem Kunststoffkabel direkt vor dem Waschbecken zwischen Kloschüssel und Wanne von der Decke herab. Theresa starrte in ihren Schein.

      Lange saß sie so und fixierte die Glühbirne.

      Irgendwann löste sich eine Motte aus einer Ecke, flatterte gegen die Glühbirne, stieß sich ab, umkreiste sie, sprang sie an, stieß sich ab immer dasselbe Spiel, Minute für Minute, Stunde für Stunde...

      7

      Wir bogen von der Lexington Avenue in die 91. Straße ein. Hier, inmitten der Villen des New Yorker Geldadels, bewohnten die Vanhouvens ein prachtvolles Jugendstilhaus, das man über eine mit weißem Kies bestreute Zufahrt erreichte.

      »Wenn man hier lebt, sollte man besser auf seine Frau aufpassen«, sagte Milo, bevor er aus dem Wagen stieg.

      Der dunkelhäutige kleine Mann, der uns die Tür öffnete, schien mir der Butler oder der Chauffeur zu sein.

      Er führte uns durch eine weitläufige, bis in die zweite Etage offene Halle, die mich spontan an das Foyer eines Museums erinnerte. Porträts in wuchtigen Rahmen säumten den Treppenaufgang. Die Ahnengalerie der Vanhouvens, schätzte ich.

      Während wir dem Butler zu einer zweiflügeligen, mit rotem Leder gepolsterten Tür folgten, stieß mich Milo mit dem Ellenbogen an, um mich auf einige Ölgemälde aufmerksam zu machen ausnahmslos Motive aus der Seefahrt.

      Hinter der Tür lag ein in dunklem Rot gehaltener Raum eine Mischung aus Bibliothek und Büro. Überall Mahagoni und Leder.

      Zwischen einem Bücherregal, das bis zur Decke reichte, und einem schweren Schreibtisch Mahagoni saß ein massiger Mann in feinem pflaumenblauen Zwirn. Auf seinem Kopf wucherte eine dunkelgraue Haarmähne, wie ich sie zuletzt bei diesem ungarischen Dirigenten gesehen hatte, als mich meine vorletzte Verflossene zu einem Sinfoniekonzert in die Avery Fisher Hall abgeschleppt hatte.

      Der Mann ich schätzte ihn Anfang 50 erhob sich und reichte uns die Hand. »William Vanhouven.«

      Ich stellte uns beide vor. »Tut uns sehr Leid, Mr. Vanhouven. Bitte berichten Sie.«

      Das Wenige, was er zu berichten hatte, erzählte er mit einer monotonen Bassstimme: Seine Frau war gestern zu einer Reise nach Amsterdam aufgebrochen. Entgegen ihrer Gewohnheit hatte sie sich nach ihrer Ankunft nicht telefonisch bei ihm gemeldet. Dafür hatte ihn heute Morgen ein Anrufer aus dem Bett geklingelt, um ihm mitzuteilen, dass seine Frau entführt worden sei.

      »Er will sich im Lauf des Tages wieder melden«, sagte Vanhouven und hörte nicht auf, den geschliffenen Rosenquarz anzustarren, der vor ihm auf dem Schreibtisch einen Stapel Papier beschwerte.

      Wir befragten ihn nach Details. Umstände der Abreise, Kleidung seiner Frau, Anlass des Fluges, Flugnummer, Hotel in Amsterdam und so weiter.

      »Hat der angebliche Entführer aus Europa angerufen?«, wollte ich wissen.

      »Ich hatte den Eindruck«, sagte Vanhouven, ohne den Rosenquarz aus den Augen zu lassen. »Er sprach mit niederländischem Akzent.«

      Dummerweise konnten sich weder er noch sein Butler an die Nummer des Taxis erinnern.

      Wir ließen unseren guten Prewitt kommen, und während die Techniker Vanhouvens Telefon mit Fangschaltung und Aufnahmeelektronik präparierten, zauberte der Zeichner ein Phantombild des Taxifahrers auf den Monitor seines Notebooks.

      Aus der Zentrale forderten wir einen weiteren Agenten an, der in der Vanhouven-Villa das Telefon überwachen sollte.

      Wir sahen uns im Haus um und ließen uns Fotos von Theresa Vanhouven geben.

      Vanhouven schärften wir ein, von dem Anrufer


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