Gemordet wird in langen Sommernächten: Krimi-Lesefutter Thriller Paket. A. F. Morland

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geht um den MS-kranken Schriftsteller, um Merchand. Unser Trucker hat ihn nicht erwischt. Der Mann ist äußerst wendig mit seinem Rollstuhl. Er konnte dem LKW ausweichen.«

      »Und die Krankenschwester?« Neben einer Speditionsfirma, diversen Restaurants und dem Seniorenheim besaß die Chefin auch noch einen privaten Pflegedienst. Und natürlich das Hotel. Marylin nahm an, dass das längst nicht alles war, aber die Chefin verriet selbst ihren engsten Mitarbeitern - und dazu gehörte Marilyn - nur das Nötigste.

      »Sie ist zu labil für den Job. Ich habe mich entschlossen, Sie nicht in unsere Geschäfte einzuweihen.«

      Wahrscheinlich hatte die Chefin nichts gegen die Pflegeschwester in der Hand. Sie zog nur Leute ins Vertrauen, von denen sie Dinge wusste, die für mindestens zehn Jahre Gefängnis reichten. Marilyn gab sich diesbezüglich keinen Illusionen hin. Aber das war für sie in Ordnung. Schließlich wusste sie auch über die Geschäfte der Chefin Bescheid und würde aus ihrem Wissen Kapital schlagen, wenn man sie fallen lassen würde.

      Das durfte die Chefin nur jetzt noch nicht wissen.

      »Was soll ich tun?«

      »Merchand lässt zwei bis dreimal die Woche ein Mädchen antanzen. Ich habe Geschäftsverbindungen zu der Agentur. Du verstehst?«

      Marilyn verstand gut.

      »Diese Woche hat er erst ein Girl in Anspruch genommen. Wenn er das nächste Mal in der Agentur anruft, geht der Auftrag an mich weiter.«

      »Und ich werde dann zu ihm gehen?«

      »Du hast es erfasst, mein kluges Kind. Mach es ihm noch einmal schön, damit er keinen Verdacht schöpft.«

      Diese Vorstellung ließ Marilyn kalt. Sie hatte schon in viel unappetitlicheren Situationen die Beine breit gemacht. Und noch jedes Mal ihren Spaß dabei gehabt. Die Chefin kannte ihre Schwäche genau.

      »Und wie soll ich ihn umbringen?«

      »Umbringen wie das klingt, Kindchen. Er wird an einer akuten Krankheit sterben. Hast du etwas zu schreiben?«

      »Ja, Moment.« Marilyn verdeckte die Sprechmuschel mit der Handfläche und rief zu dem wartenden Co-Piloten: »Ich habe solchen Hunger, Darling. Würdest du mir einen Hamburger besorgen?«

      Der Pilot grinste, legte die rechte Hand an den Schirm seiner Mütze und eilte zu dem Imbissstand im Eingangsbereich.

      Als er zurückkam, hatte Marilyn alle Anweisungen und Informationen der Chefin sorgfältig notiert.

      Gewissenhaftigkeit war das oberste Gebot in ihrem Geschäft. Die Chefin ließ keine Gelegenheit aus, dies allen Mitarbeitern immer wieder einzuschärfen. Einen Fehler durfte sich niemand erlauben, der auf ihrer Gehaltsliste stand. Und jeder wusste das. Sobald sich die Polizei für jemanden interessierte, wurde er aus dem Verkehr gezogen. Und landete mit einem Gullydeckel am Hals im Hudson. Oder in einem Krematorium. Die Chefin war diesbezüglich von gnadenloser Konsequenz.

      »Ich bin soweit, Darling.« Der Mann strahlte über das ganze Gesicht und reichte ihr den Hamburger.

      »Danke.« Sie drückte ihm einen Kuss auf die Lippen. »Ich weiß auch schon, wo wir jetzt hingehen.«

      Marilyn dachte nicht daran, auf diesen Adonis zu verzichten. Sie würde ihn einfach mit ins Lexington nehmen, ihm ein Essen spendieren und ihn dann solange in ihrem Bett strapazieren, bis die Chefin anrief.

      Oder bis er nicht mehr konnte.

      Aber er sah ganz so aus, als würde es lange dauern, bis er k.o. ging.

      Marilyn konnte nicht ohne Mann sein. Jedenfalls nicht länger als zwölf Stunden.

      12

      Gleich nach dem Mittagessen trafen wir uns zur Krisenkonferenz im Büro unseres Chefs. Auf der Tagesordnung standen die Sondierung der bisherigen Ermittlungsergebnisse und die Strategie für die Lösegeldübergabe.

      Der Fernsehapparat lief, als wir eintraten. Der Chef nickte nur grüßend und wandte sich gleich wieder dem Fernseher in seinem Bücherregal zu.

      Eine der vielen Nachrichtenmagazine, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, die New Yorker den ganzen Tag über mit den Abgründen des Big Tipplee zu schockieren, flimmerte über den Bildschirm.

      »Wir flehen Sie an, geben Sie uns Theresa zurück«, jammerte eine Frau. »Sie hat nie jemandem irgendetwas Böses getan.«

      »Das Presbyterium der Kirche, in der Mrs. Vanhouven Mitglied ist«, klärte uns der Chef auf.

      Wir verfolgten die Sendung. Das Haus der Vanhouvens wurde gezeigt ihr Mann, ihre Söhne, ihre Puppen. Danach appellierte der Reverend der Kirche an die Entführer. Er berichtete von dem sozialen Engagement der Vanhouven und zitierte ein paar Stellen aus der Bibel.

      Dann wurden Szenen aus einem Bittgottesdienst für die Entführte übertragen.

      Mr. McKee griff zur Fernbedienung und schaltete den Apparat aus. »Tja, Gentlemen...« Er seufzte tief, was eine für ihn ziemlich deutliche Gefühlsäußerung war. Der Fall schien ihm mächtig unter die Haut zu gehen, und mir ging es nicht anders. »Wir sollten alles tun, um das Leben dieser Frau zu retten.«

      Wir schwiegen. Niemand wollte so recht anfangen. Der Chef stützte seine Ellenbogen auf den Schreibtisch und legte seine Fingerspitzen zusammen. Das tat er immer, wenn er sich sammelte.

      Seine Miene nahm den gewohnten sachlichen Ausdruck an. »Ich höre.«

      Wir gaben unseren Bericht ab. Es war nicht viel, aber immerhin stand in der kommenden Nacht die Lösegeldübergabe bevor. Das schien mir unsere Chance zu sein.

      »Unsere Leute in Amsterdam kommen nicht weiter. Das Telefonat wurde wahrscheinlich von einem Auto aus geführt«, berichtete Milo. »Der einzige Hinweis, den wir haben, ist das merkwürdige Lebenszeichen - antiquarische Puppe aus Irland namens Prinzessin.«

      »Das Stichwort Irland verwirrt mich«, sagte der Chef. »Wenn sie nach Amsterdam geflogen ist, was sollte dann der irische Taxifahrer mit der Entführung zu tun haben?«

      Er wartete auf unsere Theorien. Aber keiner hatte eine. »Wenn Mrs.Vanhouven uns damit einen Hinweis geben wollte«, meldete sich Kate schließlich zu Wort, »dann kann sich das Stichwort Irland nur dann auf den Fahrer beziehen, wenn er etwas mit der Entführung zu tun hat.«

      »Sie muss den Fahrer gemeint haben«, sagte Milo. »Ein Code macht doch nur dann Sinn, wenn der Empfänger einen Schlüssel hat, um ihn zu knacken, und die Frau weiß, dass mindestens drei Personen den Iren gesehen haben.«

      »Das hieße aber, dass sie nicht in Amsterdam, sondern in der Stadt entführt wurde«, wandte Leslie ein, »und dagegen sprechen die Zeugenaussagen des Flughafenpersonals.«

      Ich war anderer Meinung. »Nicht unbedingt. Die Lösegeldübergabe soll ja auch in New York stattfinden. Also gibt es hier Leute, die mit der Entführung zu tun haben. Egal wo die Kidnapper die Frau gefangen halten.«

      »Haben Sie bei den Taxizentralen nachgefragt?«, wollte der Chef wissen.

      »Wird gerade erledigt«, sagte Jay.

      »Und die Antiquitätenläden?« Wir gingen davon aus, dass die Entführte uns mit dem Stichwort antiquarisch einen Hinweis auf ihren Aufenthaltsort geben wollte.

      »Die Kollegen in Amsterdam klappern seit heute Morgen sämtliche Geschäfte ihrer Stadt ab, die irgendwelchen alten Kram verkaufen«, berichtete Kate. »Sogar Second Hand Shops werden unter die Lupe genommen. Bis jetzt null Ergebnis.«

      »Reaktionen auf das Phantombild?«

      »Hunderte. Aber noch keine heiße Spur«, antwortete Clive.

      »Wir haben mal die Personen aufgelistet, die von Mrs. Vanhouvens Reiseplänen wussten.« Ich zog ein Papier aus meiner Mappe. »Das sind eine ganze Menge. Außer den Angehörigen zunächst mal Freunde und


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