4. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2018. Christoph-Maria Liegener

4. Bubenreuther Literaturwettbewerb 2018 - Christoph-Maria Liegener


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      E.M.: So ein Quatsch! Meine Produkte verhindern doch gerade, dass die Welt in den Abgrund stürzt!

      Ich: Tun sie nicht!

      E.M.: Doch!

      Ich: Nein! Sie Propagieren nichts anderes, als die Herrschaft des Menschen über die Natur. Ich halte dies für eine fürchterliche Anmaßung. Die Natur ist stärker als wir und wird uns dies auch zeigen, spätestens wenn wir den Bogen endgültig überspannen.

       Er lächelt.

      E.M.: Was für ein einfältiger und schwacher Mensch Sie doch sind! Schwächlinge wie Sie werden vergehen, ich werde bleiben! Die fünf Minuten sind um. Unser Gespräch ist beendet!

       Wie aus dem Nichts tauchen zwei breitschultrige Securities rechts und links hinter meinem Stuhl auf. Wie hat er diese alarmiert? Ich habe nicht mitbekommen, dass er irgendeine Art von Schalter betätigte.

      Ich: Sie halten sich wohl für unsterblich!

      E.M.: Ich bin es.

       Ungläubig starre ich ihn an. Ungerührt hält er meinem Blick stand. Der meint es wirklich ernst! Mit einem Kopfschütteln erhebe ich mich.

      E.M.: Natürlich nicht in dieser armseligen, auf Kohlenstoff basierenden Form, sondern auf Basis von Silicium.

      Ich: Auch in früheren Zeiten suchten die Herrschenden nach einem Weg zur Unsterblichkeit.

      E.M.: Ich und meinesgleichen werden diesen finden!

       Es ist alles gesagt. Ohne ein Wort des Abschieds zu verlieren, wendet er sich wieder dem Bildschirm zu. Synchron legen die Männer von der Security ihre Hände auf meine Schultern. Ohne Widerstand lasse ich mich von ihnen nach draußen bringen.

       Vor dem Gebäude hole ich tief Luft. Der Himmel ist strahlend blau. Vögel singen lautstark ihre Lust am Leben heraus. Ich beschließe, die Ausrichtung meines Blogs zu ändern.

       Maximilian Gstöttner

       Die Geschichte vom Jamaikanischen Kolibri

      „Der kleine, bunte Kolibri, noch unerfahren in der großen Welt, war hauptsächlich damit beschäftigt, sich am Blütennektar zu erfreuen.

      Wenn er davon genug hatte, ließ er sich vom Wind dahintreiben, träumte von den großen, weißen Wolken. Fürchtete sich vor den schwarzen Regenwolken. Gute Segeleigenschaften waren ihm genauso in die Wiege gelegt, wie das Stillhalten in der Luft mit raschen Flügelschlägen, um den köstlichen Nektar mit der langen Zunge aus den Blütenkronen zu ziehen.

      Der kleine Kolibri wusste nichts von der Existenz der Luftströmungen.

      Denn zu fliegen ist so selbstverständlich, wie das Atmen für Menschen oder das Schwimmen für die Fische. So weiß ein Fisch auch nichts von der Existenz des Wassers. Es ist einfach vorhanden. Er nimmt es nicht wahr. Der kleine Kolibri wusste nichts von der Bedeutung des Träumens.

      Dass die Abwesenheit von Träumen eine Gefahr bedeuten kann.

      Von seinen Stammesältesten wurde er auserwählt,

      in fernen Ländern neue Düfte und Geschmacksrichtungen zu erkunden, um das Überleben der Kolibri-Familie zu sichern. Falls der Blütennektar auf Jamaica einmal zu Ende ginge. Der Ältestenrat hatte manchmal Daseinsängste und blickte sorgenvoll in die Kolibri-Zukunft.

      Der kleine Kolibri trägt in seinem Federkleid die Landesfarben seiner Heimat. Schwarz, Grün und Gelb. Deshalb braucht er keinen Reisepass für fremde Länder. Mit dem Reisegepäck war es ein Problem, sodass er schließlich überhaupt keines mitnahm. Nur seinen Mut, die jugendliche Unbekümmertheit und den Sendungsauftrag der Stammesältesten.

      Dass in diesem Ältestenrat keine Kolibri-Frauen vertreten waren, fiel ihm erst auf, als er schon unterwegs war. Nach seiner Rückkehr würde er dies im Rat besprechen wollen, das nahm er sich vor.

      Rasch sollte er große Höhen erreichen, um sich mit den Luftströmen über weite Strecken treiben zu lassen. Der Rat der Weisen hatte ihm dies aufgetragen und zum Abschied seinen Segen mitgegeben:

      „Hab den Wind im Rücken und die Sonne im Gesicht. Die Stürme mögen dich nach oben tragen, auf dass du mit den Wolken tanzest!“

      Er verfiel in eine Starre, die Kolibris einnehmen, um Energie zu sparen. Im Traum begegnete er einer weisen, alten Kolibri-Fee. Sie flüsterte ihm zu:

      - Du musst nicht auf die gefährliche Reise zu fremden Ländern aufbrechen. In deiner Heimat, der mit Reggae- Klängen und Cannabis-Düften durchdrungenen Insel gibt es noch viele tausende unerforschte Blüten und Geschmacksrichtungen!-

      Nach dieser Begegnung war für ihn klar. Er kehrte um. Die alte Kolibri-Herrenrunde, obwohl weise und erfahren, hat verlernt, die Macht der Träume zu erkennen. Wohlan, kleiner Kolibri, flieg deine Träume.“

       Patrick Zimmerschied

       Kältetod

      Das Leben führt mich durch die Nacht

      an kalter Hand

      und mit Tränen im Gesicht

      blind und stumm

      folg ich seinem Weg

      weiß nicht woher

      weiß nicht wohin

      die Welt in Dunkelheit getaucht

      um mich nur sternenloses Nichts

      ich suche einen Halt

      ich suche einen Weg

      aus diesem klammen Grab

      doch da ist nur die endlose See

      und mein sinkendes Schiff.

       John Hesselaar

       Kribbeln

      Ein Kribbeln im Bauch

      lauter komische Dinger.

      Parkinson habe ich auch,

      warum sonst zittern meine Finger?

      Ein Kribbeln im Bauch,

      habe ich was falsches gegessen?

      Alzheimer habe ich auch,

      denn ich habe es vergessen.

      Ein Kribbeln im Bauch

      Was ist das für Geflimmer

      Blind werde ich also auch

      Meine Augen blinzeln immer

      Ein Kribbeln im Bauch

      Hinter meinen Rippen ein Propeller?

      Herzversagen habe ich vielleicht auch

      Denn es klopft immer schneller

      Ein Kribbeln im Bauch,

      meine Gedanken werden durchsiebt.

      Ein Loch im Kopf habe ich wohl auch

      Oder bin ich verliebt?

       Irmgard Wackerzapp

       Das Interview

      Wartend sitze ich mit schweißnassen Händen, zuckendem Augenlid und verspanntem Nacken im geräumigen Wohnzimmer eines weltberühmten Mannes und kann es immer noch nicht fassen, dass er ausgerechnet mir die Gnade zuteil werden ließ, ihn interviewen zu dürfen. Wie es mir dabei ergehen wird, wird sich noch zeigen. Dieser berühmte Mann ist dafür bekannt, dass er nur selten Interviews gewährt. Und wenn, dann nur zu seinen Bedingungen. Außerdem geht er mit Journalisten nicht gerade zimperlich um. Er behandelt sie harsch, ja mitunter herablassend. Wehe, wehe


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